Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
Vom Netzwerk:
er schluckte — »irgendwelche alten Bücher oder Karten oder Papiere ...«
    »Oh nein«, sagte Simon, »er kann es doch nicht gewesen sein.«
    »Aber wer immer es war«, sagte Barney mit leiser, klarer Stimme, »er hat nach dem Manuskript gesucht — so ist es doch?«
    Wie sie da so im Schweigen des
Grauen Hauses
saßen, wussten alle drei, dass dies die Wahrheit war.
    »Sie müssen es schrecklich dringend brauchen.« Simon betrachtete das Manuskript. »Es ist das Stück mit der Karte, das sie brauchen. Jemand muss irgendwie gewusst haben, dass es im Haus ist. Oh, ich wünschte, wir wüssten, was draufsteht.«
    »Hört mal«, sagte Jane entschlossen, »wir müssen Mutter und Vater davon erzählen.«
    Simon streckte das Kinn vor. »Das hätte gar keinen Zweck. Mutter würde sich zu Tode sorgen. Und seht ihr nicht ein, dass wir dann keine Möglichkeit mehr hätten, selber dahinter zu kommen, was es bedeutet? Und wenn es uns nun wirklich zu einem vergrabenen Schatz führt?«
    »Ich will diesen biestigen Schatz gar nicht finden. Wenn wir's tun, wird etwas Schreckliches geschehen.«
    Barneys Besitzerstolz war größer als seine Angst. »Wir können jetzt niemandem mehr davon erzählen. Wir haben es gefunden. Ich habe es gefunden, es ist meine Aufgabe.«
    »Du bist zu klein, um das zu verstehen«, sagte Jane überheblich, »irgendeinem müssen wir es sagen — Vater oder dem Polizisten. Seht es doch ein«, fügte sie kläglich bittend hinzu, »wir müssen etwas unternehmen, nach dem, was letzte Nacht passiert ist.«
    »Kinder!« Die Stimme der Mutter kam aus dem Treppenhaus, sie klang ganz nah. Schuldbewusst sprangen sie auf und Simon hielt das Manuskript hinter den Rücken.
    »Hallo?«
    »Oh, da seid ihr ja.« Die Mutter tauchte in der Tür auf. Sie schien über etwas nachzudenken. »Hört mal, im Haus wird es den ganzen Morgen chaotisch zugehen — hättet ihr nicht Lust, schwimmen zu gehen und etwas später zum Mittagessen zu kommen — sagen wir halb zwei? Heute Nachmittag will Großonkel Merry mit euch allen einen Ausflug machen.«
    »Prima«, sagte Simon, und die Mutter verschwand wieder.
    »Das ist es!« Barney schlug vor Aufregung und Erleichterung auf das Kissen ein. »Warum ist uns das nur nicht eher eingefallen? Wir können es jemandem sagen, ohne dass was passiert. Wir können es Großonkel Merry sagen!«

6. Kapitel
    »Was für ein herrlicher Nachmittag für eine Wanderung«, sagte Großonkel Merry, als sie den Berg hinunter auf den Hafen zugingen. »Wohin wollt ihr gehen?«
    »Irgendwohin, wo es einsam ist.«
    »Ganz, ganz weit weg von hier.«
    »Irgendwohin, wo wir reden können.«
    Großonkel Merry blickte von einem gespannten Gesicht zum andern. Seine ausdruckslose, unbewegte Miene veränderte sich nicht, er sagte einfach: »Nun gut.« Er schritt weit aus, sodass sie traben mussten, um mit ihm Schritt zu halten. Er stellte keine Fragen, sondern schritt schweigend dahin. Sie stiegen die gewundene, schmale Straße hinauf, die von der Hafenseite, die Kenmare Head und dem
Grauen Haus
gegenüberlag, bergauf führte, folgten dann dem Pfad, der oben am Kliff entlanglief, an den letzten vereinzelten Häusern des Dorfes vorbei, bis der lang gestreckte grüne und purpurne Rand der dem Haus gegenüberliegenden Landzunge sich vor ihnen erhob.
    Durch Heidekraut und Stechginster, an rauen grauen Felsbrocken vorbei, die verwittert und von gelben Flechten gesprenkelt waren, mühten sie sich die Steigung hinauf. Unten im Hafen hatte man keinen Hauch verspürt, aber hier oben pfiff ihnen der Wind um die Ohren.
    »Puh«, machte Barney, blieb stehen und warf einen Blick nach unten. »Schaut mal!«
    Sie wandten sich um und sahen tief unten den Hafen liegen und das
Graue Haus,
das an der gewundenen Straße winzig aussah. Sie waren jetzt schon höher als die höchste Stelle der Landzunge, auf der das
Graue Haus
lag, und der mit Felsbrocken übersäte Abhang stieg immer noch über ihnen auf und schien an den Himmel zu grenzen.
    Sie wandten sich wieder um und kletterten weiter, und schließlich hatten sie die Höhe der Landzunge erreicht. Sie konnten auf beiden Seiten die Linie der Brandung wie eine sich leise verschiebende Landkarte vor sich sehen und dahinter lag die große blaue Fläche des Meeres. Eine große, abschüssige Granitplatte ragte höher empor als alle anderen, an denen sie vorbeigekommen waren. Großonkel Merry setzte sich nieder und lehnte sich mit dem Rücken gegen den Stein; seine angezogenen Beine ragten spitz

Weitere Kostenlose Bücher