Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga
und knochig in den flatternden braunen Cordhosenbeinen vor ihm auf. Die Kinder standen beieinander und blickten nach unten. Das Land, das vor ihnen lag, war für sie unbekannt, eine schweigende, geheimnisvolle Welt abgerundeter Höhen und unsichtbarer Täler, deren Farben im Glast der Sommerhitze ineinander flossen.
»Hic incipit regnum Logri...«,
sagte Großonkel Merry, indem er mit ihnen über all das hinschaute, als läse er es von einer Inschrift ab.
»Was bedeutet das?«
»Hier beginnt das Königreich von Logres ... Kommt jetzt, ihr drei, und setzt euch hin.«
Sie hockten sich neben ihn in einem Halbkreis vor den großen Felsen. Großonkel Merry schaute auf sie herab, als säße er auf einem Thron. »Nun«, sagte er freundlich, »wer erzählt mir, was los ist?« Nur das Säuseln des Windes störte die Stille. Jane und Barney sahen Simon an. »Nun, es war der Einbruch«, begann er stockend. »Wir haben uns Sorgen gemacht ...« Und dann sprudelte es gleichzeitig aus allen dreien heraus.
»Als Miss Withers neulich abends da war, hat sie Fragen über das
Graue Haus
gestellt und ob wir irgendetwas gefunden hätten.«
»Und auch Mr Withers auf der Yacht, er hat mich nach alten Büchern gefragt.«
»Und die Leute, die gestern Nacht da waren, die haben nur die Bücher angefasst und all die alten Landkarten ...«
»... sie haben danach gesucht, ganz bestimmt ...«
»... nur wussten sie nicht, wo sie suchen mussten, und sie wussten nicht, dass wir es schon hatten.«
»Wenn sie nun wissen, dass wir es haben, könnten sie hinter uns her sein ...«
Großonkel Merry hob die Hand, rührte sich aber nicht. Er hatte das Kinn erhoben. Es sah aus, als wartete er auf etwas.
»Langsam jetzt«, sagte er. »Wenn ihr im
Grauen Haus
etwas gefunden habt, was war es?«
Simon griff in den Rucksack. Er reichte Großonkel Merry die Pergamentrolle. »Das haben wir gefunden.«
Großonkel Merry nahm das Pergament und entrollte es vorsichtig auf seinen Knien. Lange betrachtete er es schweigend, und sie konnten sehen, wie sein Blick über die Worte glitt.
Der Wind strich mit leisem Wimmern über die Landzunge, und obwohl der Ausdruck in Großonkel Merrys Gesicht sich nicht veränderte, wussten sie plötzlich, dass eine ungeheure Erregung ihn überflutete. Es knisterte wie eine elektrische Strömung in der Luft, aufregend und beängstigend zugleich, wenn sie auch nicht verstehen konnten, was es war. Schließlich hob er den Kopf und schaute über die Hügel von Cornwall, die sich weit in die Ferne erstreckten. Ein tiefer Seufzer der Erleichterung hob seine Brust, es war, als sei er von der Last der Sorgen der ganzen Welt befreit worden.
»Wo habt ihr es gefunden?«, fragte er, und die drei Kinder fuhren bei dem ruhigen, gewohnten Ton der Stimme zusammen, als wären sie aus einer Verzauberung geweckt worden.
»Auf dem Dachboden.«
»Das Haus hat einen großen Dachboden, der ganz verstaubt und voller Gerümpel ist. Wir haben hinter unserem Kleiderschrank eine Tür gefunden und eine Treppe, die nach oben führt.«
»Ich habe es gefunden«, sagte Barney. »Ich habe einen Apfelrest weggeworfen und wollte ihn dann wegen der Ratten zurückholen, und ich fand das Manuskript zufällig in einer Ecke unter dem Fußboden.«
»Was ist es, Gummery?«
»Was steht drauf?«
»Es ist schrecklich alt, nicht wahr? Ist es wichtig? Geht es um einen vergrabenen Schatz?«
»Das könnte man sagen«, sagte Großonkel Merry. Seine Augen schienen verschleiert, unfähig, sich scharf auf etwas zu richten, aber um seine Mundwinkel zuckte es. Ohne dass er gelächelt hätte, sah er glücklicher aus, als sie ihn je zuvor gesehen hatten. Jane, die ihn betrachtete, dachte: Gewöhnlich ist es ein trauriges Gesicht und darum kommt es einem jetzt so ganz anders vor.
Er legte das Manuskript auf seinen Schoß, blickte von Jane zu Simon, dann zu Barney und wieder zurück. Es war, als suchte er nach Worten.
»Ihr habt etwas gefunden, was vielleicht wichtiger ist, als ihr es euch vorstellen könnt«, sagte er schließlich.
Sie starrten ihn an. Er wandte den Blick von ihnen ab und ließ ihn wieder über die Höhen schweifen.
»Ihr erinnert euch an die Märchen, die man euch erzählt hat, als ihr noch ganz klein wart — es war einmal ... Warum, glaubt ihr, fangen die immer so an?«
»Weil sie nicht wahr sind«, sagte Simon sofort.
Jane, verzaubert von der Unwirklichkeit dieses hohen, abgeschiedenen Ortes, sagte: »Vielleicht sind sie einmal wahr gewesen, aber
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