Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
Vom Netzwerk:
erwartet hätte. Das war es, gewiss. Man versuchte auf raffinierte Weise, ihn gegen Will zu beeinflussen. Bran war sehr zufrieden mit sich, dass er es so schnell gemerkt hatte.
    »Du kannst dir deine Bemühungen sparen«, sagte er höhnisch zu dem Wachstein. »Es funktioniert nicht, verstehst du?«
    Er ging wieder zur Tür und blickte zu den Hügeln hinüber. Seine Gedanken wanderten zurück zu Cafall. Es war schwer, nicht an das letzte Bild zu denken: das schlimmste, doch kostbar, weil es das letzte war. Wieder hörte er den Schuss und wie das Echo im Hof widerhallte. Er hörte, wie sein Vater sagte, während Cafall verblutete und Caradog Prichard sein höhnischstes Gesicht zeigte:
Cafall ist auf die Schafe losgegangen, da gibt es keinen Zweifel ... Ich möchte nicht behaupten, dass ich ihn an Caradogs Stelle nicht auch erschossen hätte. So ist das Recht ...
    Das Recht, das Recht. Sein Vater war immer so sicher, was Recht und was Unrecht war. Sein Vater und alle Freunde seines Vaters in der Kirche, und am meisten von allen der Geistliche mit seinem so unfehlbar-sicheren Predigen über Gut und Böse und die richtige Art zu leben. Für Bran war es zu einem Muster der Disziplin geworden: zweimal zum Gottesdienst sonntags, zuhören und stillsitzen, ohne herumzuzappeln, und begehe nicht die Sünden, die die Bibel verbietet. Für seinen Vater war es mehr: Gebetsversammlungen, manchmal zweimal in der Woche, und stets der Zwang, sich so zu verhalten, wie die Leute es von einem Diakon erwarteten. Es war nichts einzuwenden gegen die Kirche und alles, was dazugehörte, aber Bran wusste, dass sein Vater mehr gab als irgendein anderes Gemeindemitglied, das er kannte. Es war, als treibe ihn irgendetwas, mit seinem besorgten Gesicht und den gebeugten Schultern, niedergedrückt von einem Schuldgefühl, das Bran nie hatte ergründen können. Es gab keine Unbeschwertheit in ihrem Leben — die endlose sinnlose Buße seines Vaters würde es nicht zulassen. Bran hatte nie die Erlaubnis erhalten, nach Tywyn ins Kino zu gehen, und sonntags konnte er nichts anderes tun, als den Gottesdienst zu besuchen und die Hügel zu durchstreifen. Sein Vater hatte Bedenken, ihn Konzerte oder Aufführungen in der Schule besuchen zu lassen. Sogar John Rowlands hatte lange gebraucht, seinen Vater zu überreden, Bran bei Wettbewerben im
Eisteddfod
(jährlich einmal stattfindendes Sänger- und Dichterfest in Wales) die Harfe spielen zu lassen. Es war, als halte Owen Davies sie beide, Bran und sich selbst, in einem kleinen Kasten in ihrem Tal eingeschlossen, düster und einsam, ohne Berührung mit allen hellen Seiten des Lebens, als seien sie zu einem Leben im Gefängnis verurteilt.
    Bran dachte: Es
ist nicht fair. Cafall war alles, was ich hatte, und jetzt ist auch er nicht mehr da ...
Er spürte, wie Kummer in ihm aufstieg, aber er schluckte kräftig und biss die Zähne zusammen, entschlossen, nicht zu weinen. Stattdessen wuchsen Wut und Groll in ihm. Welches Recht hatte sein Vater, alles so freudlos zu machen? Sie waren nicht anders als andere Menschen ...
    Aber das stimmt nicht, sagte eine Stimme in seinem Inneren. Du bist anders. Du bist der seltsame Typ mit dem weißen Haar und der blassen Haut, die in der Sonne nicht braun wird, und den Augen, die kein helles Licht vertragen. Weißchen nennen sie dich in der Schule, und Bleichgesicht, und ein Junge von oben aus dem Tal macht das alte Zeichen gegen den bösen Blick in deine Richtung, wenn er denkt, du schaust nicht hin. Sie mögen dich nicht. Oh, du bist schon anders. Dein Vater und dein Gesicht haben dafür gesorgt, dass du dich dein ganzes Leben anders gefühlt hast, du würdest im Inneren ein seltsamer Typ bleiben, selbst wenn du versuchtest, dein Haar zu färben oder deine Haut anzumalen.
    Bran marschierte in der Kate auf und ab, wütend und doch verwirrt. Er schlug mit der Hand gegen die Tür. Er hatte das Gefühl, sein Kopf müsse gleich platzen. Er hatte den Wachstein vergessen. Es kam ihm nicht in den Sinn, dass dieses quälende Gefühl auch durch die raffinierten Methoden der Finsternis herbeigeführt worden sein könnte. Alles schien aus der Welt verschwunden außer diesem aufgebrachten Zorn auf seinen Vater, der sein ganzes Denken überflutete.
    Und dann hörte er vor der rissigen Vordertür der Kate das Knirschen und Quietschen eines anhaltenden Autos und schaute gerade noch rechtzeitig hinaus, um zu sehen, wie sein Vater aus dem Landrover sprang und auf die Kate zuschritt.
    Bran stand

Weitere Kostenlose Bücher