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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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und Will sah zwischen den Giebeln und Firsten der Dächer eine große goldene Kuppel, von deren höchstem Punkt ein goldener Pfeil nach Westen zeigte auf die blaue Horizontlinie des Meeres. Die Seiten der Kuppel glitzerten im Licht der frühen Sonne; Will wurde klar, dass sie von oben bis unten mit Kristall verziert war, nur unterbrochen von Streifen aus Gold.
    Bran schaute angestrengt hin, die hohlen Hände um die dunklen Brillengläser gelegt. »Ist es eine Kirche?«
    »Könnte sein. Sieht so ähnlich wie die Paulskathedrale aus.«
    »Oder wie eine von diesen arabischen Dingsdas ... Moscheen.«
    Sie sprachen unwillkürlich im Flüsterton. Es war alles so still. Nichts brach das Schweigen der Stadt, außer einem einzigen, wenige Sekunden dauernden, klagenden Schrei einer Möwe, irgendwo fern zwischen den Gipfeln der Bäume.
    Will sah hinunter auf seine Füße. Das Dach, auf dem sie standen, schien sie einzuschließen, das Gitter aus geschmiedetem Gold sie von allen Seiten wie ein Zaun zu umgeben. Er streckte die Hand aus. Die obere Stange ließ sich nicht bewegen. Das Gitter war etwa halb so hoch wie er selbst; er spielte mit dem Gedanken hinüberzuklettern, änderte seine Meinung aber angesichts eines Blickes nach unten, zwanzig Fuß bis zum nächsten Dach.
    Auch Bran streckte die Hand aus und umfasste das Gitter vor ihm, dann stockte ihm plötzlich der Atem. Unter seiner Berührung bewegte sich das ganze kreuz und quer laufende Gitterwerk, schwang hin und her, von einer unteren Stange gehalten, und fiel dann aus seinen Händen über die Dachkante und verlängerte sich beim Fallen wie eine zusammenklappbare Leiter.
    »Dong! ... dong! ... dong! ... dong! ...« Das metallische Geräusch dröhnte über die Dächer, zerbrach die Stille und endete mit einem widerhallenden Krachen, als der letzte Abschnitt des leiterartigen goldenen Gitterwerks auf das Dach unter ihnen aufschlug. Über die ganze stille Stadt hinweg erhoben sich Echos wie Vögel.
    Will und Bran sahen sich um, hielten Ausschau nach Bewegung, warteten auf das Erwachen von irgendjemand, irgendwo, das ein solcher Lärm sicherlich zur Folge haben musste. Aber es geschah nichts.
    »Verschlafener Ort, nicht?«, sagte Bran, und unter der vorgetäuschten Tapferkeit lag ein leises Beben in seiner Stimme. Dann schwang er sich über die Dachkante und kletterte die Leiter aus Gold hinunter, Will dicht hinter ihm.
    Sie befanden sich jetzt auf einem breiteren, niedrigeren Dach, das sich sanfter nach unten neigte und über das gebogene Streifen eines dunkleren Metalls liefen, die sie wie Stufen nach unten benutzen konnten. Am unteren Rand dieses Daches, wo sie eine senkrechte Mauer erwartet hatten, fanden sie stattdessen eine weit ausladende Treppe aus grauem Stein mit dem Glitzern von Granit, die nach unten führte, direkt von der Dachkante nach unten führte, tief hinunter in den Nebel und die Bäume.
    Zusammen liefen sie die Stufen hinunter und hielten sich dicht aneinander, und während sie liefen, löste der Nebel unter ihnen sich auf, sodass die Bäume auf einer weiten grünen Grasfläche klar zu erkennen waren. Am Fuß der steinernen Treppe sahen sie zwei Pferde warten, gesattelt und gezäumt; sie waren nicht angebunden und die Zügel lagen lose auf ihren Hälsen. Es waren schöne Tiere mit glänzendem Fell, das die Farbe von Löwen hatte, und ihre langen Mähnen und Schwänze hoben sich gelbweiß von dem goldenen Fell ab. Ihre Kandaren und ihre Steigbügel waren aus Silber, die Zügel aus roter geflochtener Seide. Will trat an das erste Pferd heran und legte ihm staunend eine Hand auf den Hals, und das Pferd schnaubte leise und senkte den Kopf, als wolle es ihn auffordern aufzusteigen.
    Bran sah die Pferde verwirrt an und fragte: »Kannst du reiten, Will?«
    »Eigentlich nicht«, sagte Will. »Aber ich glaube, das ist unwichtig.« Er trat mit einem Fuß in den Steigbügel und fand sich mühelos auf dem Rücken des Pferdes, lächelte von dort herunter und nahm die Zügel in die Hand. Das zweite Pferd kratzte mit dem Vorderhuf auf dem Boden und versetzte Bran mit der Nase einen leichten Stoß gegen die Schulter.
    »Komm, Bran«, sagte Will. »Sie haben auf uns gewartet.«
    Er saß dort, selbstsicher wie ein Jäger, eine kleine, stämmige Gestalt in blauen Jeans und Pullover, auf dem großen goldenen Pferd, und Bran schüttelte erstaunt den Kopf, griff nach dem Sattelknopf und saß auf dem Pferd, bevor er Zeit hatte, darüber nachzudenken. Das Pferd warf den Kopf

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