Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
Vom Netzwerk:
Nur manchmal hörte man unten im Dorf das Brummen eines Autos, das ganz leise Rauschen der See und das Knirschen der Boote, die im Hafen vertäut lagen.
    Jane ließ ihren Blick über die silbrigen Dächer schweifen und sah die schwarzen Schattenflecke, die der Mond hervorrief.
    »Ich weiß, was du gemeint hast. Man sieht von allen Dingen nur eine Seite, die andere liegt immer im Schatten. Man sieht also nicht, wo das Ding aufhört ... und die Landzunge sieht schrecklich düster aus. Ich bin froh, dass ich nicht allein bin.«
    Ein solches Bekenntnis hätte sie bei Tageslicht niemals abgelegt. Aber in der Finsternis der Nacht kam es ihr weniger beschämend vor. Simon sagte, was niemand erwartet hätte: »Mir geht es auch so.«
    Großonkel Merry sagte nichts. Er ging schweigend neben ihnen her, sehr groß, wie er war, und tief in Gedanken versunken. Sein Gesicht verlor sich im Schatten. Mit jedem langen Schritt schien er mehr mit der Nacht zu verschmelzen, als gehöre er zu dem Geheimnis, dem Schweigen und den leisen, namenlosen Geräuschen.
    Da wo die Straße eine Biegung machte und sich vom Hafen abwandte, verließen sie sie, kletterten über einen Zaun und betraten die Landzunge. Die Straße führte wieder landeinwärts und über ihnen stieg der grasbewachsene Abhang auf die stehenden Steine zu. Bald hatten sie den Fußpfad gefunden und begannen, den langen Zickzackweg zum Kamm hinaufzusteigen.
    Jane blieb plötzlich stehen. »Horcht!«, sagte sie.
    Sie blieben stehen, konnten aber nichts hören als das Seufzen der See.
    »Du bildest dir was ein«, sagte Simon nervös.
    »Nein — ich bin sicher — «
    Vom Kamm des Vorgebirges, der immer noch nicht zu sehen war, kam ein schwacher, geisterhafter Laut. »Whu — uu.«
    »Oh«, sagte Jane erleichtert. »Nur eine Eule. Schrecklich — ich hab wirklich nicht gewusst, was das sein könnte.«
    Großonkel Merry sagte immer noch nichts. Sie begannen wieder zu steigen.
    Auf einmal, wie in einem stummen Einverständnis, blieben alle wieder stehen. Es war, als hätte ein dunkler Vorhang sich um sie herum gesenkt.
    »Was ist das?«
    »Eine Wolke hat sich vor den Mond geschoben. Schaut. Es ist nur eine kleine.«
    So plötzlich, wie es gekommen war, war das Wölkchen weitergezogen, und Land und See lagen wieder im silbrigen Mondlicht. »Du hast gesagt, es würde keine Wolken geben.«
    »Nun, es sind auch nur ein paar kleine.«
    »Der Wind hat gedreht«, sagte Großonkel Merry. Nach dem langen Schweigen klang seine Stimme sehr tief. »Er kommt aus Südwesten, ein Cornwallwind. Manchmal bringt er Wolken und manchmal andere Dinge.« Er stieg weiter den Abhang hinauf, und sie wagten nicht, ihn zu fragen, was er damit meinte.
    Während sie hinter ihm herkletterten, kamen noch mehr Wolken auf. Zerfetzt und vom Mondlicht silbrig gerändert, fegten sie über den Himmel, als ob dort oben ein anderer Wind wehte, der stärker und entschiedener war als die leichte Brise, die ihnen von oben her ins Gesicht blies.
    Und dann sahen sie über dem dunklen Kamm des Vorgebirges die Umrisse der stehenden Steine emporragen. In der Dunkelheit wirkten sie noch größer. Geheimnisvoll türmten sie sich vor dem silberüberfluteten Himmel und wurden in erschreckender Weise unsichtbar, sobald eine Wolke sich vor die Mondscheibe schob. Schon im Tageslicht waren ihnen die Steine groß vorgekommen, aber jetzt waren sie ungeheuerlich, sie beherrschten die Halbinsel und auch die mondhellen Täler, die sich hinter dem schwachen Blinken der Dorflichter landeinwärts erstreckten. Jane klammerte sich an Simons Arm.
    »Ich bin sicher, dass sie uns hier nicht haben wollen«, sagte sie unglücklich.
    »Wer will uns nicht haben?«, fragte Simon. Das Bemühen, tapfer zu scheinen, machte seine Stimme lauter als beabsichtigt. »Sss — mach doch nicht solchen Krach.«
    »Oh, sei nicht kindisch«, sagte Simon grob. Auch er fühlte sich in der dunklen Leere der Nacht nicht behaglich, aber er war entschlossen, Janes Ahnungen nicht auch bei sich aufkommen zu lassen. Aber dann wurde ihm ganz kalt, denn die dunkle Stimme ihres Großonkels schien all das, was Jane fühlte, zu bestätigen.
    »Sie haben nichts gegen uns«, sagte Großonkel Merry sanft, »wenn überhaupt jemand, so sind wir hier willkommen.«
    Simon schüttelte sich ein wenig und tat, als hätte er nichts gehört. Er betrachtete die Steine, die jetzt um sie herum standen und sich hoch in den Himmel erhoben.
    »Dieser war es.« Er ging auf den Stein zu, den sie am Tag

Weitere Kostenlose Bücher