Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga
weiter hineindrang, als sie angenommen hatten, wenigstens konnte er die ersten paar Meter den schwachen Schimmer des schleimigen grünen Tangs wahrnehmen, der die Wände und die Decke der Höhle bedeckte. Am Boden glitzerte Wasser, das dort unbewegt eine flache Rinne bildete.
Er bewegte sich vorsichtig vorwärts, mit einer Hand berührte er dabei die Decke, mit der anderen tastete er sich an einer Seitenwand entlang. Er spürte um seinen Bauch, wie Simon hinter ihm die Schnur gleichmäßig leicht gestrafft hielt. In der eingeschlossenen Stille der Höhle waren das Platschen der Füße im Wasser und das Atmen seines Bruders ganz laut zu hören.
»Vorsichtig«, sagte Simon hinter ihm. Er sprach leise, fast flüsternd, aber der Widerhall in der Höhle verwandelte seine Stimme in ein heiseres Gemurmel, das den ganzen Raum füllte.
»Bin ich doch.«
»Du könntest dich am Kopf stoßen.«
»Du könntest dich auch stoßen. Pass jetzt auf, hier wird es niedriger. Streck deine Hand zur Decke aus, dann fühlst du es.«
»Ich fühle es«, sagte Simon mit Nachdruck. Es war sehr unbequem, den Kopf dauernd gebeugt zu halten. Da er größer war als Barney, konnte er sich nicht aufrichten, ohne sich den Kopf an der schleimigen Felsendecke zu stoßen. Von Zeit zu Zeit fiel ihm ein großer kalter Wassertropfen in den Hemdkragen.
»Ist es nicht kalt?«
»Eiskalt.« Barneys Hose klebte ihm feucht auf den Schenkeln und er spürte die kalte Luft durch sein Hemd hindurch. Es fiel ihm immer schwerer, um sich herum etwas zu erkennen, und bald blieb er beunruhigt stehen, denn er spürte die Dunkelheit wie eine Last, die auf seine Augen drückte. Seine Hand, die nach oben ausgestreckt war, konnte die Decke nicht mehr erreichen. Er griff in Luft.
»Warte einen Augenblick, Simon.« Seine Stimme wurde von allen Seiten auf ihn zurückgeworfen. Es war unheimlich. »Ich glaube, hier wird es höher. Aber ich kann überhaupt nichts sehen. Hast du die Streichhölzer?«
Simon tastete sich an der Schnur entlang zu Barney hin. Er berührte seine Schulter, und diese Berührung tröstete Barney mehr, als er sich eingestanden hätte.
»Beweg dich nicht. Ich lasse die Schnur einen Augenblick los.« Simon griff in die Tasche nach den Streichhölzern, öffnete die Schachtel und tastete dabei sorgfältig die Ränder ab, um sicher zu sein, dass er sie richtig herum hielt.
Die ersten zwei Streichhölzer kratzten widerborstig über die Reibfläche, aber nichts geschah, das dritte flammte auf, brach dann aber und verbrannte Simons Finger, sodass er es mit einem Aufschrei fallen ließ, ehe sich die Augen an das plötzliche Licht hatten gewöhnen können. Das Hölzchen fiel mit einem leisen Zischen in das Wasser, in dem sie standen.
»Mach zu!«, sagte Barney.
»Ich mach so schnell, wie ich kann ... ah, jetzt klappt's.«
Das vierte Streichholz war trocken und fing Feuer. Die kleine Flamme flackerte, Simon musste die Hand schützend davor halten. »Komisch, hier muss ein Luftzug sein. Ich kann ihn gar nicht spüren.«
»Aber das Streichholz spürt ihn. Das ist gut. Es bedeutet, dass am anderen Ende eine Öffnung sein muss. Es ist also doch die richtige Höhle.«
Simons Hand schirmte die blendende kleine Flamme ab und Barney sah sich in dem wabernden Licht hastig um. Ihre Schatten tanzten riesig und grotesk an den Wänden. Barney schaute nach oben und tat ein paar Schritte vorwärts. »Halt das Licht hoch ... he, komm her, die Decke ist hier viel höher, du kannst hier aufrecht stehen.«
Simon trat vorsichtig, über das Licht gebeugt, auf ihn zu, dann richtete er sich mit einem Seufzer der Erleichterung auf. Dann verbrannte das Streichholz ihm wieder die Finger und er ließ es fallen. Sofort hüllte die Finsternis sie ein wie eine Decke.
»Warte, ich zünde ein neues an.«
»Warte einen Moment, wir wollen sie nicht verschwenden. Als es ausging, konnte ich ein Stück nach vorn sehen, wir können so weit gehen, bevor du das nächste Hölzchen anzündest.«
Barney schloss die Augen. Obwohl es genauso dunkel war, wenn sie die Augen offen hielten, fühlte er sich doch mit geschlossenen Augen ein wenig sicherer. Indem er immer noch mit den Fingerspitzen die glitschige Wand berührte, ging er ein paar Schritte weiter. Simon folgte ihm und legte ihm dabei eine Hand auf die Schulter. Er starrte nach vorn in die Dunkelheit, sah aber so wenig, als hinge ein dichter schwarzer Vorhang vor seinem Gesicht.
So bewegten sie sich, wie ihnen schien, eine lange Zeit
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