Lichtjagd
Gefangenenlager. Von den Zionisten geführt. Ich habe dort acht Jahre verbracht.« Yassin nagelte Arkady mit einem Blick fest, der so intensiv war, dass er sich fragte, wie Ameisen sich fühlten, wenn sie von der Pinzette eines Entomologen aufgelesen wurden. »Sie haben mich gefoltert. Können Sie sich das vorstellen?«
»Nein.«
»Natürlich können Sie das nicht. Sie sind ein kluges Volk, diese Juden. Sie wissen, wie man einem das Maximum an Informationen mit minimalem Schaden entlockt. Man sollte meinen, dass es auf einem so gewalttätigen Planeten wie diesem nicht funktionieren könnte. Man sollte meinen, dass Menschen gegen alles außer der unmittelbaren Gefahr von Tod oder Verstümmelung immun werden. Aber der Schmerz hat seine eigene Macht.«
Der größere von Yassins beiden Leibwächtern änderte seine Position, drang in Arkadys Sphäre ein und veranlasste ihn, seine Füße wegzuziehen. Er konnte den Reflex nicht unterdrücken.
»Ich versuche nichts vor Ihnen zu verbergen.« Arkady nahm seinen ganzen Mut zusammen. »Warum stellen Sie mir nicht einfach eine Frage, die ich beantworten kann, statt mich ohne Grund zu bedrohen?«
Yassin brummte etwas auf Arabisch, und einer der Leibwächter trat Arkadys Stuhl unter ihm weg, hob ihn vom Boden auf und schleuderte ihn so leichthin gegen die Wand, als ob er ein Gepäckstück handhabte.
Am anderen Ende des Raums hustete Yusuf wieder. Yassin wandte sich ihm zu und stieß einige knappe, wütende arabische Worte hervor. Der junge Mann zuckte die Achseln.
»Ich habe mich nur geräuspert«, antwortete er auf UN-Standardspanisch. »Ich wollte nichts damit andeuten.« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Es ist mir ziemlich gleichgültig, was Sie mit ihm anstellen, solang ich vor dem Stoßverkehr wieder hier raus bin.«
»Eines Tages«, sagte Yassin, »wird dich deine Frechheit so in Schwierigkeiten bringen, dass dir nicht einmal deine extravaganten Freunde helfen können.«
»Das sagen Sie mir immer wieder.«
Yassin gab ein Geräusch von sich, als wollte er ausspucken, und verließ den Raum, gefolgt von seinen beiden Leibwächtern.
Yusuf blieb zurück.
Er und Arkady starrten sich an.
Dann, als sei es das Natürlichste der Welt, kam der junge Mann näher, stellte Arkadys Stuhl auf, nahm rücklings Platz und stützte das Kinn auf die Rückenlehne. Er gönnte Arkady ein derart strahlendes, freundliches Lächeln, dass man es nicht einmal für halbwegs ehrlich halten konnte. »Alles in Ordnung?«, fragte er.
»Ich glaube schon.«
»Nur der Vollständigkeit halber: Yassin war in Princeton. Er hat noch nie eine öffentliche Toilette, geschweige denn eine Gefängniszelle von innen gesehen. Er hat Sie nur veralbert.«
»Ach.« Arkady machte verwirrt eine Pause. »Ähm … dann sollte ich Ihnen wohl danken, dass Sie es mir gesagt haben.«
»War mir ein Vergnügen, mein Lieber.«
»Und was ist mit Ihnen?«, fragte Arkady. Er machte gerade wahrscheinlich etwas unglaublich Dummes, aber schließlich wirkte der Junge ganz harmlos. »Wo sind Sie zur Schule gegangen?«
»Ich habe eine außerordentlich teure Privatschule für Jungen besucht, von der Sie bestimmt noch nie etwas gehört haben. Dann bin ich auf die London School of Economics gegangen. Und schließlich habe ich den PalSec-Schulungskurs für Offiziersanwärter absolviert.«
»Und welche Fächer haben Sie studiert?«
Yusuf lachte. »Sagen wir, ich habe einen höheren Abschluss im Ärgermachen. Ich bin ein Spion, Arkady, falls es Ihnen noch nicht aufgefallen ist. Und kein Amateur wie Yassin und seine Witzfiguren. Ich hatte einfach nur das Pech, dass ich noch zu jung war, um mich um die Drecksarbeit herumzudrücken, und für diese Kerle den Babysitter spielen muss.«
»In wessen Auftrag?«
»Oh, das wäre jetzt aber ein bisschen indiskret, oder?« Er ließ wieder sein Lass-uns-Freunde-sein-Grinsen aufblitzen. »Ich verrate Ihnen aber etwas anderes. Es könnte sein, dass ich der einzige Mensch bin, den Sie je kennenlernen werden, der bei den Syndikaten gewesen ist. Ich habe in der Knowles-Station vier Monate lang … Nun ja, ich glaube, Sie können sich inzwischen denken, was ich dort studiert habe.«
»Hat es Ihnen dort gefallen?«
»Es war schrecklich. Einfach schrecklich. Überall hübsche Mädchen und keins, das an einem charmanten kleinen Kerl wie mir interessiert war. Aber im Ernst. Abgesehen vom völligen Fehlen von Sex war es fantastisch. Ich habe einige gute Freunde gefunden. Es war
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