Lichtjagd

sagte.«
    Arkady hatte keine Ahnung, was sie meinte, aber alle anderen schienen es irrsinnig komisch zu finden.
    Ein Unteroffizier drängte sich mit einer, wie es schien, fliederfarbenen Rolle Klebeband durch den überfüllten Raum. »In einer Reihe aufstellen, meine Damen. Die Farbe des Tages.«
    »Meine Güte! Schon wieder lila? Wer sucht solche Farben aus, ein rachsüchtiger Homosexueller, der beim Feldtraining durchgefallen ist?«
    »He, das ist immer noch besser als Schweinchenrosa. Erinnert ihr euch an das Schweinchenrosa? Ich habe einen Monat gebraucht, um das Zeug abzupulen.«
    »He, Jungs«, sagte der Nächste in der Reihe gedehnt, »haben eure Mütter euch nicht beigebracht, dass man einem geschenkten Mat’Kal nicht ins Maul schauen soll?«
    »Und das wirklich Tragische daran ist, dass er das lustig findet!«
    Arkady sah zu, wie sie Streifen des strahlend bunten Klebebands abrissen und um die Griffe ihrer Sturmgewehre wickelten oder auf ihre Westen und Helme klebten.
    »Wozu dient das Klebeband?«, fragte er Osnat, die in voller Kampfmontur wieder neben ihm aufgetaucht war.
    »Als Idiotensicherung.« Sie riss selbst ein Stück von der Rolle ab, als diese weitergereicht wurde, und klebte es auf ihre Waffe und ihre Weste. Einen Moment lang musterte sie ihn, dann klebte sie ihm ein Stück auf den Brustpanzer und drückte ihn fest. »Die taktischen KIss sind darauf programmiert, auf niemanden zu feuern, der mit dem richtigen Farbband markiert ist.«
    »Aber könnte es nicht einfach jemand nachmachen? Oder stehlen?«
    »Das ist nicht so einfach. Es ist interaktiv und kommuniziert mit den Sensoren der KIs, und sie wechseln die Farbe
alle paar Patrouillen, wechseln sie zwischen den Zonen und so weiter, um möglichen Eindringlingen immer einen Schritt voraus zu sein. Allerdings ist es auch keine hundertprozentige Lebensversicherung. Es kickt die KI einfach in einen anderen Entscheidungsbaum oder so. Wenn sie will, kann sie einen trotzdem umlegen. Das solltest du nie vergessen.« Sie sah ihn scharf an. »Denn wenn du dich da draußen erschießen lässt, trete ich dir persönlich in den Arsch!«
     
    »Gut, ich bin drin«, sagte Cohen, der aus den halluzinatorischen Visionen des Stromraums auftauchte wie ein Bote aus dem Jenseits.
    »Was meint er?«, flüsterte Arkady. Er lehnte sich gegen Osnat und sprach ihr ins Ohr.
    Sie befanden sich immer noch in dem verlassenen Haus. Durch die zersplitterten Fensterrahmen konnte Arkady die eingesackte Terrasse des Hauses sehen, die üppig grünen Hänge des Berges Herzl, die geometrisch präzisen Linien der Gräber auf dem Soldatenfriedhof, die hohen Bäume an der Allee der Gerechten unter den Völkern auf dem Yad-Vashem-Gelände. Der Berg Herzl war das Herz der Grünen Grenze, der dichteste Teil des Dickichts.
    Arkady sah über das staubige Buschland hinweg, das sie vom Berg trennte, und dachte an die tödliche Flut aus KIGESTEUERTEN Waffen und menschlichen Muskelpaketen, die auf seinen Pfaden, in den Flussbetten und zerbröckelnden Straßen patroullierten. Er erinnerte sich, wie viele Tonnen Landminen jährlich an der Grünen Grenze vergraben wurden, und schauderte. Es war die Hölle. Eine Hölle, die sich als Paradies auf Erden ausgab. Welche Art von Lebewesen konnte den Patrouillen und Stolperdrähten lang genug entgehen, um dort draußen zu leben?
    Unten auf der Talsohle marschierte eine – israelische?, palästinensische? – Patrouille in Schlangenlinien durch das Flussbett, graugrüne Gespenster in einer graugrünen Landschaft.
Der Wind drehte, und von der Talsohle stieg der schwere, kalte Geruch von Waffenöl herauf.
    Die Soldaten verstummten und beobachteten die Patrouille, die sich durch die Talsohle schlängelte und verschwand. Ein paar Minuten vergingen. Jemand stieß einen Seufzer aus. Die Leute um Arkady fingen wieder an zu reden, dann standen sie auf, gingen umher und machten sich wieder an die Arbeit, mit der sie vor dem Erscheinen der Patrouille beschäftigt gewesen waren.
    Cohen stand auf, streckte die steifen Muskeln, kam herüber und sah auf Arkady hinunter, der immer noch auf dem Boden kauerte, wo Osnat ihn zurückgelassen hatte.
    »Wieso können sie uns nicht sehen?«, fragte Arkady.
    »Weil sie nicht wirklich hier sind«, erklärte die Maschine. »Sie befinden sich im vollen Immersions-Overlay-Modus, genau wie meine körperlichen Träger. Jeder einzelne wird von einer Emergenten KI gesteuert, die in einem dreidimensionalen Aktionsraum agiert, der der