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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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realen Grünen Grenze exakt nachempfunden ist.«
    »Warum?«
    »Weil sie selbstmordgefährdet sind.« Die Maschine lächelte. »Und dabei reden wir nicht von den romantischen Selbstmorden, über die Syndikatsromanciers schreiben. Die Persönlichkeitsarchitektur einer Emergenten KI ist sehr viel zerbrechlicher als die menschliche Spielart. Und Emergente verfügen nicht wie der Mensch über einen Hypothalamus und ein limbisches System, die es ihnen in Kriegszeiten erleichtern, das Töten zu rationalisieren. Sie müssen es gewissermaßen kaltblütig ertragen. Und wie sich herausgestellt hat, sind viele von ihnen nicht dazu bereit. Deshalb erzählen wir ihnen jetzt einfach, dass sie ein Spiel im Stromraum spielen.«
    »Und die KIs glauben, dass die Palästinenser es genauso machen? Sie wissen also gar nicht, dass sie auf echte Menschen schießen?«

    »Genau.«
    »Und was passiert, wenn eine der KIs dahinterkommt?«
    »Leb wohl, kleine KI.«
    »Oh.«
    »Ganz locker. Und genau deshalb werden wir sicher und mehr oder weniger gesund über die Grüne Grenze kommen. Denn das Spiel darf natürlich nicht zu realistisch aussehen. Der Aktionsraum, in dem die Emergenten zu agieren glauben, ist nur ein vereinfachtes Modell der realen Grünen Grenze. Und du kennst doch das alte Sprichwort, dass alles schiefgeht, was schiefgehen kann. Nun, wir werden dafür sorgen, dass sich an der Schnittstelle zwischen Aktionsraum und Realraum ein paar kleine Fehler einschleichen.«
    Der Hauptmann warf Cohen von der anderen Seite des Raums einen Blick zu. »Du weißt doch wohl, wie spät es ist?«
    »Wenn das eine höfliche Ermahnung ist, dass ich mich beeilen soll, dann erlaubt mir bitte den ebenso höflichen Hinweis, dass eure Ausrüstung der letzte Mist ist.«
    »Erzähl das der Knesset.«
    »Keiner hält euch davon ab, euch mit eurem geheimen Budget etwas Besseres zu kaufen.«
    »Soll das ein Witz sein? Welcher Schwachkopf kauft denn legales Equipment mit Geld aus einem geheimen Budget? Welchen Sinn hätte ein Budget für verdeckte Operationen, wenn man es für Zeug vergeudet, das man sowieso haben darf?«
    Cohen schnaubte, hackte wieder auf die Tastatur ein und spähte in die blauen Tiefen des Monitors.
    Derweil richtete sich der Hauptmann vom Monitor auf und wandte sich den übrigen Anwesenden zu. »Alle mal herhören. Von jetzt an befinden wir uns im Dickicht der Grünen Grenze, und wir fliegen unter dem Radar, soweit es die IAS betrifft. Ihr wisst, was das bedeutet. Wir wollen heute keine netten jungen Reservisten in Leichensäcken an ihre Mütter
zurückschicken, also seid verdammt vorsichtig. Wenn ihr euch aber entscheiden müsst, wer in einen Leichensack gesteckt wird, dann solltet ihr bedenken, dass der Staat mehr in einen von euch als in eine achtzehnjährige KI-Marionette investiert hat. Also handelt entsprechend … und ihr könnt euch an meiner Schulter ausweinen, wenn wir alle wieder sicher zu Hause sind. Versprochen.«
    Die Stimmung in dem verlassenen Haus änderte sich. Um Arkady verstummten die Soldaten einer nach dem anderen. Die frenetische Kameradschaftlichkeit machte einer angespannten Erwartung Platz, die nach einer herannahenden Gefahr roch. »Was ist denn los?«, fragte er Osnat.
    »Psst! Sie kommen.«
    Arkady brauchte noch eine Minute, um zu hören, was Lis verstärkte Sinne und die IAS-Monitore den anderen bereits verraten hatten: das gedämpfte Klirren und Knistern einer voll ausgerüsteten Infanterieeinheit in Bewegung.
    Zu beiden Seiten Arkadys drückten sich die Soldaten an die Wand und hielten ihre Waffen vor der Brust. Osnat zog ihn am Ärmel an die Wand. »Platz da, Arkady. Sie müssen sich bewegen können.«
    Sie warteten. Leise schabte Stoff über Stoff. Jemand hustete. Cohen tippte sporadisch auf die altmodische Tastatur vor ihm und zog eine frustrierte Miene. Die Geräusche des sich nähernden Trupps dröhnten und hallten durch die leeren Straßen, bis Arkady das Gefühl hatte, dass er die offene Tür vor ihm längst passiert haben musste – oder dass die Zeit in einer endlos wiederholten Schleife festgefahren war, in der eine ungesehene Macht sich näherte und immer weiter näherte, doch tatsächlich nie ankam.
    »Sicherungen sind aus«, murmelte der Hauptmann. Er machte den Eindruck, als sei ihm schlecht.
    »NavMesh wird initialisiert«, meldete Cohen schließlich. »Sie gleichen die Wegpunkte der Patrouille mit der Geländedatenbank ab und aktualisieren die Blinddaten. Gut. Und
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