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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Stelle würde ich auf mich aufpassen. Und auf Arkady auch.«
    »Didi?«
    »Was?«
    »Sag mir, dass du nicht bereit bist, Li und Arkady zu verheizen, nur um Absalom zu fassen. Ich will nicht an noch einer solchen Operation beteiligt sein. Ich habe einfach nicht mehr die Nerven dafür.«
    »Entschuldige, Gavi. Ich habe ganz vergessen, dir einen Tee zu kochen. Ich koche dir immer einen Tee. Was bin ich doch für ein grober Klotz.«
    »Wasser genügt schon. Und du hast meine Frage nicht beantwortet. «
    »Wirklich nur Wasser? Wie wär’s, wenn ich dir eine kleine Tasse Tee mache, und dann sehen wir mal, ob du ihn magst?«
    »Didi …«
    »Jasmin und Ceylon, was ist dir lieber?«
     
    Als Didi zurückkam, brachte er nicht nur eine Teekanne sondern auch einen schmalen Aktenordner mit dem vertrauten schwarzen Streifen auf dem Deckel mit.

    Ein ungewisses, prüfendes Schweigen sickerte durch das Zimmer. Gavi setzte sich auf. Er spürte, wie die alten Reflexe zum Leben erwachten. Sein Atem verlangsamte sich. Die Zeit selbst schien abzubremsen. Seine Augen erfassten Details, die ihm im normalen Leben völlig entgangen wären. Seine Muskeln bemaßen die Ausmaße des Zimmers mit einer Präzision, die ihn ebenso erschreckte wie vor all den Jahren in Midrasch, als er diese schrecklichen Talente an sich entdeckt hatte – ausgerechnet er, der sich selbst immer als Intellektuellen betrachtet hatte, einen Idealisten, einen Pazifisten sogar.
    »Willst du mir zeigen, was da drin ist«, fragte er Didi, »oder soll ich raten?«
    Statt zu antworten, schlug Didi die Akte auf und blätterte sie durch, als wolle er sich den Inhalt vergegenwärtigen. Dann entfernte er eine Büroklammer, legte sie für spätere Wiederverwendung zur Seite und reichte Gavi das Foto, das damit befestigt gewesen war.
    Ein junger Mann, schlank und so elegant und attraktiv, dass man sich fragte, ob er nicht ein bisschen zu hübsch war. Die geschwungenen Linien seines Mundes und seines Kiefers hatten etwas an sich, das Gavi vom Blick in den Badezimmerspiegel kannte. Und dann diese lebhaft grünen Kreuzfahreraugen.
    Leilas Augen.
    »Und wer soll das sein?«, fragte er frostig.
    »Das ist unter deinem Niveau, Gavi.«
    Die beiden Männer sahen einander in die Augen. Gavis Puls pochte so laut in seinen Ohren, dass er befürchtete, Didi könne es noch am anderen Ende des Zimmers hören.
    »Yusuf Safik«, sagte Didi im dumpfen Ton eines Bürokraten, der einen Routinebericht vorlas. »Der einzige Sohn – das einzige Kind sogar – des Brigadegenerals Walid Safik. Es gibt kein offizielles Dokument der Adoption. Yusuf hat eine Privatschule in Bethlehem und dann im Saudi-Sektor im
Ring besucht. Danach – das ist interessant, Gavi, also hör zu – hatte er einen Einsatz im KnowlesSyndikat. Nach der Rückkehr nach Palästina erhielt er eine Ausbildung für den Sicherheitsdienst. Er hat als Viertbester in seiner Klasse abgeschlossen. « Didi schürzte die Lippen, wie ein Genießer, der einen guten Wein kostete. »Der Viertbeste, das gefällt mir. Das war raffiniert. Er hat deine Art von Instinkt, würde ich fast sagen.«
    »Du nimmst an, dass er absichtlich, nicht aufgrund seiner Leistung der Viertbeste war.«
    »Ich nehme gar nichts an. Einer unserer Agenten hatte eine Liebschaft mit einer von Yusufs Klassenkameradinnen, die ins palästinensische Verwaltungszentrum in der Internationalen Zone versetzt wurde. Es scheint, seine Kommilitonen waren einhellig der Meinung, dass Yusuf die Abschlussprüfung absichtlich vermasselt hat. Ich frage mich, warum er das tun sollte.«
    Gavi wurde schwindlig. Die Welt hatte sich neu geordnet, als er gerade nicht hinsah, und jetzt raste sie auf Gott weiß welches Fiasko zu, ohne dass ihm auch nur Zeit blieb, sich Klarheit zu verschaffen, wo er stand und was er deswegen unternehmen sollte.
    »Und mitten in meiner Jagd nach Absalom stolperte ich auf einmal über diesen Burschen.«
    »Zufall«, sagte Gavi. Aber inzwischen hing er nur noch an einem seidenen Faden, und sie beide wussten es.
    Er hatte sich das Foto aufs Knie gelegt, und nicht bloß, um das Zittern seiner Hände zu verbergen. Er betrachtete das Bild und fragte sich, unter welchen Umständen der Fotograf diesen ungewollten Schnappschuss aufgenommen hatte. Er berührte das vertraute Gesicht dieses Fremden, auch wenn er wusste, dass Didi ihn dabei beobachtete. Aber es war ihm egal, welchen Eindruck er machte, es tat ihm nur entsetzlich leid, als er bemerkte, dass er das Foto

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