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Lichtjahreweit

Lichtjahreweit

Titel: Lichtjahreweit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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sich das Gelbe Zimmer und Eugen und die Krankenschwester und der regendurchweichte Rasen in Nebel auf.
    Es war wallendes Grau, das Andy jetzt umgab, schöpferisches Nichts, die große Öde. Und Andy fragte sich, ob auch Gott – falls Er existierte – dieses übermächtige Gefühl verspürt hatte, das ihn jetzt ergriff, dieses Bewußtsein, ein Universum formen zu können, und dieses Gefühl war vielleicht wie das einer Frau, die in den letzten Wehen lag und in der sich das ungeborene Kind rekelte, um hinaus in die Welt zu gleiten.
    Und schon traf er Anstalten, diesen dunklen, unterirdischen Raum zu schaffen, der nach Blut roch und wo kalter Stein unter den Füßen schabte und Feuer im Hintergrund knisterte, während die kleinen schwarzen nackten Mädchen herumirrten und Eugen der Blonde wie ein brünstiger Bulle schnaubte und das Kommende mit einem rohen gewalttätigen Männergrinsen erwartete, da … da …
    Andy zögerte und der Schatten der Folterkammer, in der sich Eugen schon fast wie Zuhause fühlte, dieser kranke Schatten verlor an Form und Festigkeit und versank wieder im Nebel von Andys supersensitivem Protouniversum. Es lag an der Müdigkeit; eine Müdigkeit, die nicht allein auf diese Minuten beschränkt war, sondern sehr viel tiefer reichte und deren Ursprung weit zurück lag. Und natürlich lag es auch am Whisky. Und an seinem unterdrückten Haß auf Eugen Friedrich Langedanz, auf diesen kranken alten Mann, der ganz und gar verdreht war, so verdreht, daß er Andy Angst einflößte. Angst vor den Dingen, die vielleicht auch in ihm schlummerten, tief unten, in den Kellergewölben seiner Gedanken.
    Und dann … Er wollte es nicht, nicht wirklich, sondern es war eine Springflut, die aus ihm hervorbrach, eine Flut von Gefühlen, die den Protonebel verdrängten und ihn in die Schwärze des Weltraums verwandelten, in das Glitzern ferner Sterne und fahler Galaxien, aber die Lichter, waren so weit entfernt, daß man nicht einmal an sie zu denken wagte. Es war die Sternenschlucht, und Eugen stürzte in sie hinein, und hinter der Sichtscheibe des Raumhelms waren Eugens Augen vor Entsetzen geweitet. Andy war der Schöpfer, und er hörte Eugen schreien, denn er befahl diesem Kosmos, daß Eugen zu schreien hatte. Er kannte Eugens Angst, denn er sorgte dafür, daß Eugen Angst hatte. Und während Eugen weiter fiel, in den Schlund der Sternenschlucht, da bildete sich aus dem dünnen Netz des interstellaren Staubes das unbeschreibliche Ding, die obszöne, gewalttätige Bestie aus Eugens verdrängten Alpträumen. Gase pfiffen aus dem lustvoll geblähten Leib und schoben das Ding immer näher an den einsam stürzenden Raumfahrer, an Eugen heran … Eugen schrie in kreatürlicher Pein, aber niemand hörte ihn. Er war allein und die nächsten Ohren waren weit entfernt, lichtjahreweit … Andy war jetzt Sensi-Schöpfer, durch und durch, in diesem Augenblick, der sich lang, lang dahinzog, bis sich die Schreie und die Angst und die Verzweiflung in den Silikonkristall eingefräst hatten …
    Er war erschöpft, als seine blind tastende Hand endlich den Schalter fand und die Welt von Lichtjahreweit zerfiel und dem Gelben Zimmer Platz machte, dem Gelben Zimmer und der Krankenschwester, die jetzt bei Eugen stand, und Eugen, der mit blau verfärbtem Gesicht und toten Augen im Sessel lag.
    »Das Herz, wissen Sie«, sagte Andy heiser. »Ich habe ihn immer gewarnt, er soll nicht live daran teilnehmen. Es ist so viel stärker als eine Konserve. Viel stärker, wissen Sie.«
    Aber die Krankenschwester beachtete ihn nicht, sondern drückte immer wieder den Rufknopf ihres Funkgerätes, und schon sah Andy Beh auch die Ärzte aus dem Pavillon stürzen, aber Andy wußte, daß sie es nicht schaffen würden. Eugen Friedrich Langedanz war tot und würde tot bleiben, für alle Zeit … Langsam erhob er sich, schob die Sensi-Glocke beiseite und ging zur Bar nebenan im Salon.
    Wahllos griff er nach einer Flasche, und seine Hände … Er starrte sie an.
    Dieses Zittern …

 
Reich sein, frei sein
     
    Gelegentlich werde ich – wie wohl jeder SF-Autor – gefragt: »Sagen Sie mal, wie kommen Sie überhaupt an Ihre verrückten Ideen?« Brian Aldiss, dem diese Frage auf dem Festival der Phantastik 1983 in Bergisch-Gladbach gestellt wurde, ist meines Wissens der einzige SF-Schreiber, der sie ehrlich beantwortete – Brian Aldiss bekommt seine Plots direkt von den Sternen geliefert; von Zeit zu Zeit landet ein kleines grünes Männchen in seinem

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