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Lichtjahreweit

Lichtjahreweit

Titel: Lichtjahreweit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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Vorgarten und schiebt einen Zettel durch die Klappe in der Tür, durch die auch die Katze ein und aus geht. Ich will damit nicht sagen, daß wir alle, die wir von (und mit) der Science Fiction leben, auf derart kosmische Weise inspiriert werden. Dann und wann bleibt unser grüner Freund aus – möglicherweise, weil ihm die Honorare zu mickrig sind, die er uns mit entsichertem Blaster abpreßt – und wir müssen uns mit dem begnügen, was uns die irdische Umgebung frei Haus liefert. Um derartige Engpässe zu überbrücken, gibt es eine Reihe Möglichkeiten: Mein Roman »Alles ist gut« entstand in groben Umrissen, als ich vor Jahren eine LP der NDW-Gruppe Deutsch-Amerikanische Freundschaft hörte – eines der Stücke hatte den gleichen Titel, und er hat mich so fasziniert, daß ich nicht eher Ruhe gab, bis ich ihn auf den Umfang eines Buches ausgedehnt hatte. Meine Kurzgeschichte »See You Later, Alligator« wurde auf ähnliche Weise inspiriert – von dem gleichnamigen Rock’n’Roll-Stück. Eine andere Erzählung, »Marathon«, ist im Kern die SF-Umsetzung eines Traums, in dem ich stundenlang mit Schallgeschwindigkeit durch die nächtlichen Straßen einer Stadt rennen mußte; deprimierenderweise, ohne von der Stelle zu kommen … Andere Geschichten wurden von Zeitungsartikeln, Gesprächen, Fernsehsendungen oder einer guten Dosis Kölsch inspiriert, oft auch von allem zusammen, und bei einigen bin ich mir selbst nicht darüber im klaren, woher ich – zum Teufel – diese verrückte Idee hatte. Die vorliegende Geschichte bereitet mir kein Kopfzerbrechen: Vielleicht haben einige von Ihnen live und in Farbe jene vergnügliche Zeit miterlebt, als es hieß, man solle keinem über Dreißig trauen. Vielleicht haben einige von Ihnen bei den poppigen »Ho-Ho-Ho Tschi Minh« Rufen mitskandiert und die braven Bürger verschreckt, und vielleicht ging einigen auch jener Spruch glatt von den Lippen, der dieser Geschichte – in abgewandelter Form – den Titel verliehen hat: »High sein, frei sein, ein bißchen Terror muß dabei sein«. Und da die Geschichte Ende der siebziger Jahre entstand – in einer Zeit, wo viele Revolutionäre, Flower-Power-Freaks und Anarcho-Studiosi der APO-Generation vom Marsch durch die Institutionen geläutert worden waren – hielt ich es für besser, auch jene verspielte Losung den veränderten Umständen anzupassen. Deshalb: »Reich sein, frei sein« statt »High sein …«, und die Sache mit dem Terror ist ohnehin eine reine Machtfrage …
     
    »Ich weiß nicht, warum ich mich jemals dagegen gewehrt habe«, sagte Gersson, während er mit der Lasersäge Schicht um Schicht des seltsam pockennarbigen Gesteins abtrug und immer wieder einen raschen, prüfenden Blick auf den Detektor warf. »Ich weiß nicht, warum ich zunächst das Angebot nicht annehmen wollte! Ich weiß es wirklich nicht! Ein Rätsel! Ein Geheimnis!« Im Hintergrund rekelte sich der bis zum fernen Horizont reichende Staubsee unter einem schwachen tektonischen Seufzer, spuckte träge Fontänen rußiger Partikel in den Himmel; Myriaden zittriger, dürrer Arme, die händelos nach den Sternen zu greifen schienen.
    »Und vor allem«, fuhr Gersson fort, schaltete die Lasersäge aus, fuchtelte mit den Armen, »meine Erinnerungen sind verblaßt wie ein schlechtes Foto, das von der Zeit angegilbt wird. Warum hatte ich Zweifel, Bedenken, als wir mit den Anwerbern sprachen? Eine Arbeit als freier Prospektor auf Belsazar mit der Garantie, daß uns die Gesellschaft Höchstpreise zahlt für jedes Gramm Soltonium – und ich war unschlüssig!«
    Rolff legte einen Felsbrocken zur Seite, ein wenig enttäuscht, aber nicht sehr überrascht, und griff nach dem nächsten, dessen Oberfläche mit einem Muster haarfeiner kristallener Äderchen tätowiert war. Während er vorsichtig mit dem Vibrohammer einige Stücke abschlug und die Probe in die schüsselähnliche Vertiefung des Analysators warf, murmelte er: »Du warst eben ein Idiot, Gersson, tatsächlich, ein verdammter Idiot. Und wenn ich dir damals nicht einen kräftigen Tritt verpaßt hätte, der dich bis hier nach Belsazar beförderte, dann säßest du wahrscheinlich jetzt noch in deinem Kellerloch und würdest deine Zuteilungskarten zählen!«
    Er schüttelte sich, lachte, hantierte an den Kontrollen des Analysator. »Erinnerst du dich, Gersson? Erinnerst du dich noch, wie es war?
    Es war schmutzig und laut und eng und verstänkert, und vor allem, Gersson, vor allem war es öde. Von der Wiege

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