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Lichtlos 3 (German Edition)

Lichtlos 3 (German Edition)

Titel: Lichtlos 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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und durch keine Strömung in Bewegung versetzt, kein Kräuseln der Oberfläche.
    Als ich die Treppe hinaufsteige, klagen die Stufen leise und machen Schritt für Schritt meine Position kenntlich. Aber ein Rückzug kommt ebenso wenig infrage, wie ein Stehenbleiben infrage gekommen wäre.
    Noch vier Schuss in der Pistole. Sechs im Revolver, der äußerst unbequem in meinem Kreuz steckt; der Zylinder presst sich fest gegen meine Wirbelsäule.
    Selbst jetzt, als ich vom Erdgeschoss in den ersten Stock hinaufsteige, habe ich das Gefühl hinabzusteigen, als gäbe es in diesem Haus kein Oben, kein Vorwärts oder Zurück, kein Seitwärts. Nur ein Abwärts. Die strengen Naturgesetze sind hier nicht aufgehoben worden. Die ausgeprägte Wahrnehmung eines Abstiegs beim Aufstieg ist entweder eine Illusion, eine psychische Reaktion auf die einzigartige Bedrohung, mit der ich es zu tun habe, oder etwas Ähnliches wie dieser Zustand, der Synästhesie genannt wird, wenn ein bestimmter Klang als eine Farbe wahrgenommen wird und ein Geruch als ein Klang. Oder vielleicht hat dieses Phänomen mit Hiskott und damit zu tun, was er geworden ist, und ist eine Wirkung der Aura, die ihn umgibt. Dieses Gefühl ist so verstörend, dass ich mich mit einer Hand am Geländer festhalten muss.
    Ich erreiche den Treppenabsatz. Nichts erwartet mich auf der nächsten Treppe und, soweit ich sehen kann, auch nicht am oberen Ende.
    Während ich hinaufsteige, bin ich nicht mehr fähig, die Stufen vor mir anzusehen, denn sie scheinen tatsächlich zurück ins Erdgeschoss zu führen, obwohl die Spannung und Dehnung meiner Waden und Oberschenkel mir deutlich zeigt, dass ich die Treppe hinaufsteige.
    Als ich die Treppe hinter mir habe und durch den Flur gehe, scheint der Fußboden steil abschüssig zu sein, obwohl ich weiß, dass er es nicht ist. Die Decke scheint niedriger zu werden, die Wände neigen sich in seltsamen Winkeln, und die Architektur wird, zumindest in meiner Wahrnehmung, zu der eines Gruselkabinetts.
    Der Zweck dieser Illusion, die von meiner paranormalen Beute auf mich projiziert wird, besteht nicht nur darin, mich zu verwirren und mich angreifbarer zu machen, sondern auch darin, mich direkt zu dem Zimmer zu schleusen, in dem er wartet. Vor mir beugt sich die Decke zum Boden, um mir den Weg abzuschneiden, und die Wand zu meiner Linken rückt näher zu mir und drängt mich scharf nach rechts, zu einer Schwelle.
    Hinter einer offenen Tür liegt der Herrscher von Harmony Corner in einem Himmelbett, während ihm sein dritter Diener aufwartet.
    Das Geschöpf, das dort steht, hat große Ähnlichkeit mit dem, dem ich in der Bibliothek begegnet bin, doch die menschlichen Züge, die noch von dem ursprünglichen Motelgast geblieben sind, sind die eines Mannes. Der grau gesprenkelte Umhang aus loser Haut peitscht um ihn, als würde er von einem starken Luftzug in Bewegung versetzt, doch ich habe eher den Verdacht, in diesem Wogen drückt sich Wut und Sorge aus.
    Meine eigene Sorge ist nicht weniger akut. Mein Herz trommelt wie die Hufe eines Hengstes, und meine Brust ist mit dem Geräusch von Hufeisen auf festgestampfter Erde erfüllt. Strömender Schweiß erneuert den Gestank nach verbrannten Streichhölzern und faulenden Rosen in den fremden Ölen auf meiner Haut und in meinem Haar.
    Hiskott, Hybride aus Mensch und Monster, liegt in schimmernden, schmierigen Knoten der Selbstliebe da, hingegossen in schmuddeligen, sich langsam windenden Schlingen, die die Matratze unter sich zerdrücken, eine riesige bleiche Schlange mit den Gesichtszügen eines Mannes in einem überdimensionalen Kopf, der wie der Schädel einer Schlange in die Länge gezogen ist. Von seinen sechs Armen und sechs Händen sind vier eindeutig im Einklang mit den geschmeidigen Windungen der Lebensform aus einer anderen Welt, die er einst seziert hat und von deren Stammzellen er sich große Verbesserungen für sich selbst erhofft hat. Bei dem mittleren Paar handelt es sich um menschliche Arme, doch deren Hände packen unaufhörlich zu, wogegen sich die Hände der außerirdischen Lebensform träge bewegen und die Luft streicheln, als dirigierten sie ein unsichtbares Orchester, das ein Lied in einem langsamen Tempo spielt.
    Hier bestätigt sich die Vorstellung von Degeneration und Verkommenheit, die sich mir nach der Entdeckung der Rattenskelette in der Küche aufgedrängt hat. Dieses Ding in dem Bett ist weder ein Geschöpf, das fähig ist, von einem Stern zum anderen zu reisen, noch der

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