Lichtlos 3 (German Edition)
brillante Wissenschaftler, der eine Schlüsselfigur im Projekt Polaris war. Das hier ist genetisches Chaos, vielleicht das Schlimmste von beiden Gattungen: Hiskotts gestörter Geist intakt, aber durch außerirdische Perspektiven, kalte außerirdische Gelüste und außerirdische Kräfte noch mehr verkorkst; der Körper weitgehend einer, der sich besser für einen anderen Planeten eignen würde, vielleicht deshalb so monströs umfangreich und grotesk geworden, weil die Bedürfnisse und Gelüste zweier Gattungen ihn unersättlich gemacht haben.
Das Schlafzimmer stinkt schlimmer als der Keller, in dem ich das andere Dienstboten-Ding eingesperrt habe. In den hintersten Winkeln türmen sich Knochenkaskaden von allen möglichen Tieren, und der Fußboden um das Bett herum ist mit frischem und verdorbenem Fleisch übersät, das diesen Hiskott zur Nahrungsaufnahme anscheinend sowohl in der einen als auch in der anderen Form zufriedenstellt. Das vom Schlachter zerlegte Rind-, Schweine- und Kalbfleisch, die küchenfertig vorbereiteten Hühner und die Plastikschalen mit Fischfilets sind offenbar vom Restaurant der Familie bereitgestellt worden, doch nichts scheint gekocht worden zu sein, da alles, was noch nicht verzehrt ist, roh ist.
Auf diesem widerwärtigen Büfett sind auch Tierkadaver zu finden, manche davon angenagt oder zum Teil verspeist: ein steifer, höhnisch grinsender Kojote, Kaninchen, so schlaff wie ein Haufen Lumpen, Erdhörnchen, Ratten. Vielleicht geht das Ding, das ich in der Bibliothek getötet habe, oder dieses hier oder das im Keller in der Nacht für seinen Herrn auf die Jagd, insbesondere bei abnehmendem Mond, wenn es unwahrscheinlich ist, dass jemand im fernen Motel einen Blick auf eine flinke albtraumhafte Gestalt zwischen den grasbewachsenen Hügeln erhascht. Es erstaunt mich, dass er sich nicht öfter an Menschenfleisch gelabt hat, sondern nur an dem ermordeten Jungen – aber vielleicht gab es ja noch mehr von diesen Festmahlen. Wer konnte schon wissen, welcher Landstreicher oder Küstenbummler oder welcher umherziehende Obdachlose, der die Nacht am Strand verbracht hat, überwältigt worden sein mochte, mit Gift oder durch einen Dorn ins Gehirn gelähmt und heimlich in dieses Gemach gezerrt, nicht um zu bedienen, sondern um serviert zu werden?
Als sein Blick auf mich fällt, während ich zitternd auf der Schwelle dieses Schlachthofs stehe, hebt Hiskott seinen riesigen Kopf, der mindestens dreimal so groß wie der Kopf irgendeines Menschen sein muss, und doch ist er noch als menschlicher Kopf zu erkennen. Er öffnet seinen breiten, gefräßigen Mund voller schartiger Zähne anscheinend zu einem stummen Schrei, doch stattdessen ist es ein Ruf. Der Ruf ist paranormal, ein Befehl – Nährt mich! – , und ich fühle seinen Sog wie ein Schwimmer, den eine heftige Strömung unter Wasser zieht, in die ertränkenden Tiefen.
Hiskotts Selbstvertrauen ist greifbar, die Form von Selbstsicherheit, die grausamen Mut verleiht, Arroganz, die uneingeschränkter Macht und endlosen ungestraften Misshandlungen entspringt. Ich stelle fest, dass ich mich von der Schwelle entfernt und das Zimmer betreten habe. Nach zwei oder drei Schritten bleibe ich stehen, als hinter mir ein gewaltiger Lärm entsteht und rasch anschwillt, und ich befürchte plötzlich, dass sich der Diener im Keller befreit hat und sich jetzt hinter mir erhebt, um mich in seinen Umhang zu wickeln.
26
Bevor ich über meine Schulter schauen und einen Blick auf mein Schicksal erhaschen kann, manifestiert sich der Ursprung des lauten, lärmenden Raschelns, als Hunderte von Nachtfaltern aus dem Flur ins Schlafzimmer schwärmen, an mir vorbeiwogen, auf meinen Nacken und auf mein Gesicht treffen, meine Mundwinkel und meine Nasenlöcher erkunden, meine Wimpern mit ihrer pulverigen Substanz bestäuben, sich in meinem Haar verfangen und davonflattern, ein brandender Fluss aus zarten Flügeln.
In diesem Hause bringt ein Gräuel den nächsten hervor, und der Schwarm fliegt geradewegs in Hiskotts stummen Schrei hinein und in seinen langen Schlund hinunter, so zart, dass er sie gar nicht mit seinen Zähnen zu zerfetzen braucht. Es kommen immer noch mehr, weitere Hundertscharen – das Haus ist die reinste Nachtfalterzucht, da sie dazu ermutigt werden, sich an den schimmeligen Büchern zu weiden – , und ich ziehe den Hals ein, um zu verhindern, dass sie unter meinen Kragen kriechen. Sie nähren die Bestie auf dem Bett, und obwohl ihre Anzahl groß genug
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