Lichtlos 3 (German Edition)
gewissen Maß doch anfällig für die unausgesprochenen Einflüsterungen des Geschöpfs.
Ich hebe die Waffe, beidhändiger Griff, unterlasse es aber, mich von der Stelle zu rühren, als mein Gegner es tut, und abrupt ragt das Geschöpf über mir auf und packt meinen Kopf mit beiden knochigen Händen, um mich stillzuhalten, damit es zustechen kann. Es stinkt nach abgebrannten Streichhölzern und faulenden Rosen. Die milchigen Augen sind zwei Kelche dampfenden Betäubungsmittels und bitteren Giftes. Ein kräftiger, gelenkiger, schuppiger Schwanz, der mir vorher nicht aufgefallen ist, legt sich um meine Beine. Die umhangartige Masse loser Haut bauscht sich und schwingt dann nach vorn, um meinen Körper einzuhüllen, als sollte ich bald Mönch eines satanischen Ordens sein, in einer Kutte mit Kapuze, und ähnlich mondblind wie mein Gegenüber.
Der erste Schuss trifft das Ungeheuer aus Kernschussweite in die Brust.
Daraufhin packt es meinen Schädel nur noch fester. Die tropfende hornähnliche Sonde dringt aus seiner Stirn hervor. Es wirft sein Gorgonenhaupt zurück, um das Horn besser durch meinen Schädel rammen zu können, damit die Verbindung von Gehirn zu Gehirn hergestellt ist.
Zwischen uns eingeklemmt und nach oben gerichtet, geht die Waffe los und meißelt ein Knötchen Fleisch und einen abgesplitterten Teil des Kieferknochens aus dem Gesicht des Unmenschen, woraufhin sein triumphierendes Grinsen sofort in sich zusammenfällt.
Das abscheuliche Cape aus Haut gleitet von mir, der um meine Beine gewundene Schwanz löst sich, eine schwielige, nasskalte Hand gleitet über mein Gesicht, aber dennoch senkt sich der Kopf des Geschöpfes mit einem Ruck, um meine Stirn zu durchbohren.
Die dritte Kugel, die ich in dieses heulende Maul mit den roten Zähnen schieße, rettet mich, indem sie das Gehirn entkernt, durch den Hinterkopf dringt und sich in die Decke gräbt. Die Beine mit den eigenartigen Gelenken klappen in die eine und die andere Richtung zusammen, die gekrümmten Hände scheinen sich an der Luft festhalten zu wollen, und die Bestie sackt zusammen, fällt nach hinten, mit dem Gesicht nach oben, kein Glanz mehr in den Augen, das Cape aus Haut wie ein Laken im Leichenschauhaus, das über die Leiche geworfen worden ist.
Das Geschöpf liegt still, bis auf den Rollkragen aus überschüssiger Haut um den Hals herum. Vielleicht ist es ein postmortaler Reflex – jedenfalls rattert dieses graue Rollo herunter, schleicht sich zwischen den Teppich und den gebrochenen Schädel, kriecht über die Schädeldecke, über die Stirn und am Gesicht herunter, woraufhin es erschauert und so leblos wird wie die Visage, die es bedeckt, als sei es dem Geschöpf unter der Bedingung bewilligt worden, auf Erden zu wandeln, dass es sowohl im Leben als auch im Tod die Schande seiner äußeren Erscheinung und seines Zwecks anerkennt.
Aus dem Keller ertönt ein unmenschlicher Schrei, der ein Ausdruck von Wut sein könnte, obwohl es für mich eher nach einer Wehklage klingt, einem Trauern, durchwirkt mit leuchtenden Fäden akuter Angst. Es ist auch ein Schrei des Wahnsinns, der melancholischen Entfremdung von allem, was Trost spenden könnte.
Ich könnte das, was dort unten in der Dunkelheit hockt und trauert, bemitleiden, wenn ich nicht damit rechnen würde, dass es noch einer wie der ist, den ich gerade getötet habe, und dass er mich, sobald er eine Chance bekommt, in ihren Bienenstock einführen wird.
Als die kläglichen Schreie abklingen, spiele ich mit dem Gedanken, mich hinzusetzen und darauf zu warten, dass Hiskott und der dritte seiner Wächter sich auf die Suche nach mir machen, statt eine weitere Durchsuchung zu riskieren, wenn hinter jeder geschlossenen Tür ein Bewusstseinsräuber und Seelensammler warten könnte. Aber die insektenverseuchten Möbelstücke sind nicht ansprechend, und die abgrundtief unzuträgliche Atmosphäre wird jeden Mut zersetzen, wenn ich zu lange verweile.
Der Gestank nach verbrannten Streichhölzern und faulenden Rosen haftet mir an, und ich fühle mich von der Berührung dieser Hände und der Umarmung dieses Capes beschmutzt. Ich täte nichts lieber, als mir die Hände und das Gesicht zu waschen, aber selbst wenn ich es wagte, die Dinge hinauszuschieben, um den Geruch von mir zu schrubben, vertraue ich nicht einmal darauf, dass an diesem Ort das Wasser ungefährlich und rein ist.
Ich gehe wieder in die Diele, bleibe stehen und lausche dem Haus. Ein Tümpel trügerischer Stille, etliche Faden tief
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