Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe)
zusammenfuhr.
„Da ist noch ein Platz auf meiner Tanzkarte frei und Ihr würdet mich zum glücklichsten König dieses Reiches machen, wenn Ihr mir etwas von Eurer kostbaren Zeit schenkt.“ Es war Daman. Wer auch sonst?
Die Halbgöttin beäugte ihr Spiegelbild noch einmal, zog den Stoff über ihrem Dekolleté eine Winzigkeit auseinander, sodass er knapp über ihren Brustwarzen ruhte, und ging mit klopfendem Herzen zur Tür. Sie holte Luft, drehte den Knauf und öffnete.
Daman hatte seinen linken Arm oben an den Türrahmen gelehnt, den rechten am Rücken versteckt und das eine Bein hinters andere gestellt, versperrte mit seinem riesigen Körper den Ausgang. Die Hautfarbe des Sators hatte sich normalisiert, genauso wie seine Hörner. Im selben Moment fragte sich Jolina, ob er wohl Hilfe beim Erleichtern gehabt hatte. Oder ob seine sogenannte Dauererregung von allein abgeklungen war.
Der König hatte sich erstaunlich gut gekleidet, trug schwarze Mokassins und eine schwarze Satinhose mit roten Knopfleisten an den Außenseiten. In der Hose steckte ein schlichtes weißes Hemd – sogar geschlossen! Darüber hing eine schwarze Jacke, passend zur Hose, die vorn ebenfalls viele rote Knöpfe und Ziernähte besaß. Das schwarze Haar türmte sich zwischen den Hörnern zu einer Tolle und der Dreitagebart war leicht gestutzt worden.
Seine silberfarbenen Augen weiteten sich, glitten kurz über ihren Körper und begegneten ihrem Blick mit einem überraschten Grinsen. „Holde Maid, Ihr seid eine wahre Augenweide.“
„Das Kompliment gebe ich gern zurück.“
Er lächelte. „Und woher nur wusstet ihr, welche Farbe ich heute Abend tragen werde?“, fragte er auf übertrieben altmodische Art. „Unglaublich, dass wir passend gekleidet sind, findet Ihr nicht?“
Die Halbgöttin ließ sich drauf ein. „Aber, mein König“, begann sie mit kindlichem Tonfall, „sagtet ihr nicht, ihr wünschet keine Floskeln?“
Sein Lächeln verschwand und seine Stimme wurde ein heiseres Grollen. „Nenn mich noch einmal ‚mein König‘ und wir brauchen gar nicht mehr zu reden!“ Bei diesen Worten war er durch die Tür gekommen und schaute, nur Millimeter entfernt, mit schweren Lidern zu ihr hinab.
Jolina riss die Augen auf und schwankte rückwärts, war sich ihrer Nacktheit plötzlich sehr bewusst. Am liebsten hätte sie ihre Blöße mit den Händen bedeckt. Bekam das Gefühl, ein Blick von ihm würde genügen, damit der Stoff gänzlich den Halt verlor. Doch Daman trat zurück und gewährte ihr Luft zum Atmen. Und sie nahm sich vor, ihn niemals wieder so zu nennen.
Die Stille zwischen ihnen dehnte sich aus. Er betrachtete sie, als müsste er sich zusammenreißen, als wünschte er sich einen Baum in der Nähe. Und die Halbgöttin wusste nicht, was sie sagen sollte. Früher hätte sie ihn einfach zurechtgewiesen, dass sich sein Verhalten nicht schickte. Aber als König gründete sich seine Art und Weise, mit ihr umzugehen, womöglich nicht auf schlechte Erziehung, sondern darauf, dass er ernsthaftes Interesse an ihr hegte. Und nachdem sie ihn auch kräftemäßig nicht mehr einzuschätzen wusste, wurde Jolina unsicher, was sie genau tun sollte, um ihn respektvoll auf Abstand zu halten.
Und ob sie das überhaupt wollte.
„Komm!“, sagte er und hielt ihr seine linke Hand hin. „Lass uns gehen. Das Essen wird sonst kalt.“
Sie betrachtete die dargebotene Hand – groß, braun, kräftig – und legte ihre dankbar hinein, fühlte sich von der Wärme sogleich geborgen. Beim ersten Schritt fiel ihr auf, dass sie noch immer barfuß war. Plötzlich hielt der Sator ein Paar Mokassins hoch, hatte sie scheinbar die ganze Zeit hinter dem Rücken versteckt. Sie waren mit kleinen bunten Glasperlen besetzt und glitzerten im Schein des Kaminfeuers wie Juwelen.
„Die sind“, begann Jolina und konnte kaum den Blick davon lösen, „wunderschön.“
„Dann sind sie gerade gut genug für dich“, kokettierte er.
Die Halbgöttin unterdrückte ein Lächeln und verdrehte die Augen, diesmal so, dass er es sehen konnte. Plötzlich ging Daman vor ihr auf die Knie, nahm einen Schuh zur Hand und fragte: „Darf ich?“
„Ich kann das durchaus allein.“
„Ich weiß. Aber in meinem Hause ziehe ich allen Frauen die Schuhe an, deswegen möchte ich bei dir keine Ausnahme machen.“ Er lächelte, als würde er das ernst meinen.
Jolina gab auf, zog den Rocksaum ein Stück nach oben und hob den linken Fuß an. Seine warme Hand strich darüber hinweg und
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