Lichtraum: Roman (German Edition)
Nickhäute hatte – dritte Augenlider. Er hatte gehofft, seinen Widersacher zu blenden, aber auch dieser Trick war misslungen.
Er überwand den kurzen Moment der Enttäuschung, indem er sich gleich in die nächste Attacke stürzte. Jarret behauptete sich, blockierte Corsos Hieb und nutzte die Chance zu einem wuchtigen Faustschlag gegen den Hals. Corso zuckte zurück, ignorierte den Schmerz und griff seinen Rivalen erneut an.
Als sich ihm die Chance bot, packte er noch einmal Jarrets verletzte Hand und drehte sie im Gelenk so fest wie möglich um.
Vor Schmerz biss Jarret die Zähne zusammen, und dann spürte Corso, wie etwas das Fleisch über seinen Rippen durchtrennte. Er schwenkte zur Seite, wagte es jedoch nicht, nach unten zu gucken, denn jede Ablenkung hätte Jarret zum Vorteil gereicht.
Mindestens zwei Minuten waren vergangen, und der Kampf wurde immer verzweifelter. Jarret startete einen Scheinangriff, und als er nahe genug heran war, trat er mit voller Wucht zu. Geschickt wich Corso dem Tritt aus, sprang selbst nach vorn und versuchte, Jarret an der Halsader zu erwischen. Doch Jarret entzog sich erfolgreich der Attacke, stach nach Corsos Rücken und fügte ihm eine tiefe Fleischwunde zu.
Gemeinsam gingen sie zu Boden, wobei Corso oben zu liegen kam. Jarret ließ wieder sein Messer los, und es wirbelte außer Griffweite. Corso wollte mit seiner Klinge zustechen, aber Jarret leistete heftigen Widerstand. Während er einen Handballen gegen Corsos Gesicht presste, mühte er sich ab, wieder an sein Messer zu gelangen.
Ein dumpfen Brausen füllte Corsos Ohren, als ihm bewusstwurde, dass das meiste Blut, das den Boden unmittelbar um sie herum dunkel färbte, von ihm stammte. Er musste den Kampf schleunigst beenden, andernfalls würde er sterben.
Er ließ sein Messer fallen, stemmte sich mit den Füßen ab und schnellte in einem Bogen über Jarrets Kopf hinweg; als er auf den gefrorenen Boden knallte, lag er Scheitel an Scheitel mit seinem Gegner. Rasch hob er die Arme und schlang sie um Jarrets Hals, ehe dieser die Möglichkeit bekam, sich ihm zu entwinden. Mit einem Ruck setzte er sich hin, grub die Absätze seiner Stiefel in den harten Grund und zog Jarret mit sich, dessen Hals sich nach hinten durchbog.
Jarret zappelte und gab einen gurgelnden Schrei von sich; dann hörte man ein grässliches Knirschen, als sein Genick brach. Ein paar Sekunden lang zuckte er noch krampfhaft, ehe er still liegen blieb. Corso ließ ihn los, rappelte sich auf die Füße, griff nach einem der Messer und rammte es in den Boden, um das Ende des Kampfes anzuzeigen.
Kenley und ein paar von Corsos Mitarbeitern rannten herbei und stützen ihn, bevor er auf die Knie sank. Sein gesamter Körper fühlte sich an, als würde er brennen. Wie aus weiter Ferne hörte er McDade die Dauer des Zweikampfes bekanntgeben: drei Minuten und zwölf Sekunden, bis jetzt Corsos längstes Duell.
Die Luft füllte sich mit Gebrüll und Buhrufen von Jarrets aufgebrachten Anhängern; und wer auf den falschen Mann gewettet hatte, stimmte ärgerlich in das Chaos ein.
»Das war knapp«, murmelte Corso, der kaum mitbekam, wie Kenleys Gesicht dicht vor dem seinen schwebte. »Zu knapp.«
»Sie werden schon wieder. Der Arzt hält sich bereit, um Sie zusammenzuflicken.«
Als man ihn aus dem Kampfring trug, blickte er sich noch einmal um und suchte nach Dakota, aber sie war verschwunden, falls sie überhaupt je da gewesen war.
Vorsichtig hievte man Corso auf eine Trage, und er merkte, dass Breisch das eine Ende trug. Danach verfrachtete man ihn in das Heck eines Rettungshubschraubers, der normalerweise dazu diente, verwundete Soldaten vom Schlachtfeld wegzubringen.
»Jetzt absetzen. Und dann alle raus hier«, befahl Breisch. »Bis auf die Ärzte.«
Jemand stach eine Nadel in seinen Arm, und Corso spürte Pfefferminzgeschmack auf der Zunge. Zwei Gesichter schoben sich in sein Blickfeld; er sah Scheren, die sein Hemd aufschnitten und eine Wunde in seiner Seite enthüllten, die viel tiefer war, als er es sich vorgestellt hatte.
Eine Weile schien alles immer weiter von ihm wegzurücken.
»Die zweite Wunde befindet sich auf der anderen Seite«, hörte er die Stimme eines Arztes. »Wir müssen ihn umdrehen. Fertig … jetzt.«
Ihm wurde schwarz vor Augen.
Kapitel Dreizehn
Als Corso das Bewusstsein wiedererlangte, lag er im Krankenhaus in einem Privatzimmer. Die Vorhänge waren nicht zugezogen, und das einzige Licht im Raum stammte von der funkelnden Skyline
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