Lichtschwester
ihr klar. Aber sie hatte ja Kelf, der aus seiner Ferne
alles beobachten und sie leiten und ihr tätigen Beistand leisten
konnte. Worte konnte er durch die Magieschiene nicht leiten,
wohl aber ihre Hände und Füße führen.
Sie ließ seine lenkende Kraft von ihren Muskeln Besitz ergreifen
und schob ihre eigenen Wünsche und Einschätzungen beiseite.
Thros drang erneut auf sie ein. Sie wich zurück, parierte und ver-
suchte eine Riposte. Aber er schmetterte sie ab. Sie wartete darauf,
daß nun ihr Körper die Initiative übernähme und eine besondere Taktik einschlüge, aber er war nur auf Rückzug, auf Weichen aus ...
Thros drängte stürmisch nach und hieb auf sie ein. Sie tauchte weg und parierte, tänzelte aus der Gefahr, aber das war auch schon alles.
Der Nachthimmel blies ihr durchs schweißnasse Haar, und eiskalte Schauder liefen ihr den Rücken hinab.
Sie stieß mit den Fersen gegen ein Bein. Thros hob die Braue, aus
seinen dunklen Augenhöhlen leuchtete Siegesgewißheit.
Sie durfte nicht mehr weichen, denn so würde sie Kelf preisgeben.
Nein, eher würde sie sich auf der Stelle in Stücke hauen lassen!
Aber ihre Füße befahlen: Spring! Und sie nahm die Botschaft an.
Als sie nun mit einem Satz nach hinten sprang, nutzte Thros seine Chance. Er stieß sein Schwert schräg nach unten und durchbohrte den Leichnam eines Inselkriegers.
Kelf hatte Reilas Sprung leicht zur Seite abgefälscht. Weder sie noch Thros hatten im Dunkel der Nacht erkannt - daß sie um eine Leiche kämpften. Es lagen ja so viele dunkle Gestalten im Gras.
Thros zerrte an seinem Schwert, das sich in der Rüstung des Toten
verklemmt hatte. Reilas Stoß sah er kommen, er vermochte ihm aber nicht mehr auszuweichen. Mit aller Kraft stieß sie ihm die Klinge in die Kehle.
Da ließ er seine Waffe fahren, brach zusammen und fiel, kaum zwei Schritte von Kelf entfernt, mit dem Rücken ins blutige Kraut.
Und Reila sah im schwachen Licht der Sterne, das durch die leicht
aufreißenden Wolken fiel, wie sich auf dem Gesicht des besiegten
Gegners Verblüffung und fassungsloses Staunen malten.
Nun, da die Gefahr überstanden war, erlaubte sie sich Mitleid mit dem Feind. Seine zu große Siegesgewißheit war ihm zum Ver-hängnis geworden - seine Verblendung. Er hatte geglaubt, bereits all ihre Geheimnisse gelüftet zu haben.
Der Häuptling seufzte tief. Das Seufzen wurde zum Röcheln.
Dann Stille. Da wandte sich Reila von dem Toten ab und schnitt ihren Bundgefährten los.
ELISABETH WATERS
Elisabeth war bereits in einigen Bänden der Magischen Geschichten vertreten — zuletzt, glaube ich, in Band V mit der schönen Story »Im Schattenreich«. Mit dieser Geschichte nun kehrt ihre Serien-Heldin Eirthe zurück, die ihr Debüt ganz woanders hatte: in Andre Nortons Magic in Ithkar (Magie in Ithkar). Lisa ist für den Roman Changing Fate (Wechselhaftes Schicksal) mit dem begehrten Gryphon Award geehrt worden. Dieser Roman entstand aus ihrer großartigen Erzählung »A Woman's Privileges (Das Privileg einer Frau) in Band III dieser Reihe - und wird von Daiv Books verlegt. Wir freuen uns wie die Schneekönige, daß Lisa so zu einer Romanschriftstellerin avanciert.
Elisabeth Waters ist Ende Dreißig, wurde in Rhode Island geboren und hat außer einem Magistertitel des Randolph-Macon College in Ashland auch einen Magistertitel der University of New Haven — letzteren in Computerwissen-schaften. Was für mich sehr günstig ist, wenn mein PC mal wieder, und das nur zu oft aus mir völlig unerfindlichen Gründen, plötzlich streikt. Ich bezweifle jedoch, daß sich das mit Lisas Studienmotiven deckt.
Eine der größten Freuden einer Herausgeberin ist es zu sehen, daß junge Autorinnen, deren erste Geschichten sie veröffentlichte, zu bekannten, eigenständigen Schriftstellerinnen werden. Dazu fallen mir auf Anhieb zwei Beispiele ein — Diana L. Paxson und Mercedes Lackey. Schön, daß nun auch Elisabeth Waters zu dieser illustren Gemeinde gehört! — MZB
ELISABETH WATERS
Feuerkur
Eirthe verfluchte die unsichtbare Wand, gegen die sie da geprallt war. »Wie soll ich bloß die überwinden?« grollte sie und warf den langen, schwarzen Zopf, der sich bei dem jähen Halt gelöst hatte, über ihre rechte Schulter.
Die Feuersalamanderin, die auf ihrer linken Schulter saß, beugte sich weit vor und
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