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Lichtschwester

Lichtschwester

Titel: Lichtschwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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beschnüffelte vorsichtig das Hindernis. Hmmmm, ich würde sagen, du brauchst eine Zauberin oder einen Zauberer, verkündete sie dann.
      »Zauberer?« stöhnte Eirthe und sah sich ratlos um. Vor ihr ragte der Vulkankegel auf, den sie ersteigen wollte, und der Boden, auf dem sie stand, war ein grauschwarzer erkalteter Lavastrom - wobei >erkaltet< als relativ gelten muß ... Denn noch strahlte diese Masse eine Hitze aus, die Eirthe selbst durch ihre dicken Stiefelsohlen spürte. Aber sie war nicht mehr heiß genug, um ihr den Saum des Rocks und Umhangs zu versengen. Alnath machte diese Hitze natürlich überhaupt nichts aus: Für Salamander ist sogar das Innere aktiver Vulkane ein angenehmes Milieu. Aber der ständig frierenden Eirthe konnte weder die Hitze unter ihren Füßen noch das orangefarbene Feuer, das Alnath dicht neben ihrem linken Ohr spie, ihr Kältegefühl nehmen. »Wirklich, Alnath, wo soll ich denn hier einen Zauberer oder eine Zauberin finden?« Das war selbst-verständlich nur eine rein rhetorische Frage. Aber Alnath nahm sie wörtlich und beantwortete sie denn auch: Versuch es doch mal in dem Dorf am Fuß des Vulkans, durch das wir vorhin gekommen sind.
      Eirthe seufzte, trat aber doch den Rückweg an. Sie hielt es zwar für ziemlich ausgeschlossen, daß sich in einem so kleinen Weiler ein Zauberer - ob Mann oder Frau - finden ließe, wußte jedoch aus Erfahrung, daß Alnath oft mehr wußte als sie.
      Das fand sie erneut bestätigt, als sie bald darauf - nachdem sie
Alnath, der Leute wegen, unter ihrem Umhang versteckt hatte -
die Gaststube der einzigen Schenke dieses Dörfchens betrat. Denn
dort am Kaminfeuer saß der Zauberer-Krieger Lvthande, ein guter
alter Bekannter von ihr. Er war dabei, für die versammelte Gäste-
schar - vermutlich auch für sein Abendessen - mit seiner hellen,
klaren Tenorstimme das eine oder andere Liedchen zu singen und
dazu die Laute zu schlagen.
      Eirthe war froh, daß jetzt alles nur Augen und Ohren für Lythande
hatte, setzte sich an einen Tisch in einer ruhigeren Ecke und bat
den Wirt, der ihre Bestellung aufnahm, dem Barden eine Einla-
dung zu einem Humpen Bier zu überbringen. Oh, sie wußte gut,
daß der Zauberer in der Öffentlichkeit weder speiste noch trank,
aber sie wußte auch, daß er gern und mit allen Anzeichen stillen
Genießens stundenlang vor einem vollen Becher saß.
  Und tatsächlich, Lythande nahm ihre Einladung an und kam nach
der nächsten Nummer zu ihr in ihre stille Ecke. »Ach, Eirthe«,
sagte er zur Begrüßung, so als ob sie sich tags zuvor - und nicht
fast sechs Jahre zuvor - zum letztenmal gesehen hätten. »Und
Alnath«, ergänzte er, da die Salamanderin auf die Bank sprang und
zu ihm huschte; dieser Magier war einer der wenigen Menschen,
von denen sie sich anfassen ließ. »Sei gegrüßt, Feuergeist«, sagte
er und liebkoste Alnath mit vom Lautenspiel schwieligen Fingern,
was Alnath vor lauter Behagen kobaltblaue Flammen speien ließ.
  »Und wie geht es eigentlich Cadmon?«
  »Er ist tot«, erwiderte Eirthe.
      »Oh«, sagte Lythande ruhig. »Wirklich ein sehr schlimmer Schlag
für dich.«
      Eirthe nickte und blinzelte, um nicht in Tränen auszubrechen. Es
war so eine Erleichterung für sie, mit jemandem zu reden, der ihr
Problem auf Anhieb, ohne lange, schwierige Erklärungen, ver-
stand! Erzähle den Leuten, dein Geschäftspartner sei gestorben -
und wie reagieren sie? Sie murmeln: »Oh, das tut mir leid« und
weisen dann darauf hm, daß es ja noch mehr Glasbläser auf der
Welt gebe, mit denen sich eine Kerzenmacherin zusammentun
könne, so sie das denn unbedingt wolle.
      Aber die wenigsten wußten, daß sie und Cadmon sich zusammen-
getan hatten, weil sie beide unter einem Fluch standen, genauer
gesagt: unter unterschiedlichen Flüchen, die sich gegenseitig auf-
hoben ... Cadmon blies wunderbare Glaswaren, in denen aber je-
der Gegenstand fast augenblicklich verbrannte, zu Rauch wurde.
  Und sie fertigte feinste, elegante Leuchterkerzen und auch figür-
liche Kerzen, die so lebensecht aussahen, daß sie einem fast zu
schade zum Anzünden erschienen. Aber sie war mit einem Kälte-
fluch geschlagen. Sie konnte kein Feuer mehr anzünden, und kei-
nes ihrer Lichter brannte - es sei denn, man stellte es in eins von
Cadmons Gläsern. Beides zusammen, ihre Kerzen und seine Gläser, ergab nun die allerbesten Sicherheitslampen - wenn sie umfielen, gingen sie aus. Sie hatten einander vor acht Jahren auf dem großen

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