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Lichtschwester

Lichtschwester

Titel: Lichtschwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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wünschte, ihre armen Hände hatten Augen zum Weinen.  
      Hatte sie das tun dürfen, um sich den letzten Rest ihrer ach so grandiosen Begabung zu bewahren? letzt, in der dunklen, feuchten und kalten Wildnis, erschienen ihr ihre Talente bloß als banale Gaben, die keineswegs ihre aus jugendlichem Ungestüm geborene Tat rechtfertigten.
      Sie hatte nicht nur den Lohn für sieben Dienstjahre, sondern auch ihre Zukunft als Meisterbuchmalerin vertan. Denn ihr Orden würde sie aus seiner Liste streichen, sobald er von ihrem Tun erführe.
      Coelli stöhnte laut auf, taumelte weiter durch die Dunkelheit und suchte die innere Stimme zu übertönen, die ihr einzureden suchte, sie habe recht getan, als sie den Teil des Ichs verteidigte, den keiner opfern darf. Aber irgendwann konnte sie einfach nicht mehr weiter: 
      Ihre Kehle brannte ihr wie Feuer, und ihr war eng um die Brust, ihre grauen Röcke waren ganz zerfetzt und durchnäßt, die dünnen Sohlen ihrer Stiefel durchgelaufen und durchlöchert. Nun, dachte sie, ist es Zeit nachzusehen, was meine Meisterfederbüchse an Dingen enthält, mit denen ich meine so teuer erkaufte Freiheit feiern könnte.
      Aber sie war sich kaum über diesen Schritt klar geworden, als der Boden unter ihr nachgab. Und sie fiel durch schlammiges Gesträuch und schlug endlich so hart auf, daß ihr auch ihre letzten Flausen vergingen. Sie sah nichts mehr, da es nun stockdunkel um sie war, aber ihre Nase sagte ihr, daß sie am Rand eines Sumpfes gelandet war. So lehnte sie sich an die steile Bank, die sie herabgesaust war, strich sich die Röcke glatt und wartete darauf, daß der Mond aufgehe und ihr leuchte.
      Kein Tritt ließ die noch dicke Laubschicht aus dem vorigen Herbst rascheln, und aus dem Tümpel vor ihr war nur ab und zu ein leises Plätschern zu vernehmen. Coelli wußte nicht, wie nah sie dem Sumpf war, und verspürte auch keine Lust, das herauszufinden. Sie wartete. Vielleicht sollte sie eine Buße auf sich nehmen, zur Sühne dafür, daß sie Cheyne aus Eigennutz getötet hatte! Aber sie hatte schon volle sieben Jahre gebüßt und damit im voraus für ihr Verbrechen bezahlt ... Sobald der Mond aufgegangen wäre, würde sie weiterziehen, um zu sehen, ob sie sich wirklich ein lebenswertes Leben erkauft habe.
      Würde der unsichtbare Herr von Windwalls sie so verfolgen lassen wie irgendeine entlaufene Dienstpflichtige, die zum Brandmarken und Auspeitschen zurückgeschleift wird? Aber ihre Dienstzeit war abgelaufen, mochte sie das Ende auch etwas beschleunigt haben ...  
      Nein, er wird mich nicht hetzen, sagte sie sich endlich, sondern sich über die Lohnersparnis für fast acht Arbeitsjahre die Hände reiben.
      Da hellte der Himmel sich so weit auf. daß er sichtbar wurde durch die Lücken im Blätterdach. Die nächtlichen Laute, die bald nach ihrem Sturz wieder eingesetzt hatten, verstummten erneut, so daß Coelli nur noch ihre eigenen Atemgeräusche hörte und sich fragte, worauf sie denn da eigentlich horche. Dann sah sie den Mond, der über die Bäume aufgestiegen war ... und das graubraune Biest, das über das spiegelglatte Wasser des Sumpfs auf sie zuglitt. Sein flacher, kleiner Kopf duckte sich zwischen starke Schultern, und die Krallen seiner gespreizten Pfoten hinterließen keine Spur auf dem mondlichthellen Wasserspiegel. Coelli sah genau, daß sein Nackenfell vor Erregung funkelte und seine Schnurrhaare gesträubt waren, und hörte, daß es leise ein Jagdlied summte, ein Lied von Beute und Behexung. Es war Cheyne.
      In seinen furchteinflößend gelben Augen glomm kein Erkennen auf, lag nicht einmal die schläfrige Gleichgültigkeit, mit der er sie immer betrachtet hatte ... Cheyne war durch Schwarze Magie wieder zum Leben erweckt und dabei tausendfach vergrößert worden, und in seinen irren Lichtern war kein Fünkchen von Beseeltheit.
      Seine Seele war woanders - an die ihre gekettet und vorzeitig und ohne Weihen abberufen, war sie mit ihrer geflohen ... Da fletschte Coelli, ehe sie sich's versah, ihre stumpfen, mickrigen Zähnchen und miaute dem sich anpirschenden Kater herausfordernd entgegen.
      Der erstarrte, als ob er nun lohnendere Beute entdeckt hätte, und kam dann, schneller als zuvor, geradewegs auf sie zu. Aber den Tod, welchen auch immer er mir bereiten würde, habe ich nicht verdient, dachte Coelli. Sie unterdrückte ihren seltsamen Impuls, sich zum Kampf zu stellen, und ergriff nun die Flucht ... vergeudete aber kostbare

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