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Lichtspruch nach Tau

Lichtspruch nach Tau

Titel: Lichtspruch nach Tau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: diverse Autoren
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Und obwohl ich mir lächerlich vorkam, war ich erleichtert, daß die Sache eine so einfache Erklärung gefunden hatte. »Schon ziemlich spät«, sagte ich. »Gehen wir schlafen, meine Schöne.«
»Ich komme nach. Muß noch Blutanalysen machen.«
»Laborarbeit zu Hause? Das gab es ja noch nie.«
»Wir stehen vor einer entscheidenden Mutationsphase. Es ist sehr wichtig, Liebster.«
Wenn sie Liebster sagte, war das ein Zeichen, daß sie ihren Kopf durchsetzen wollte. Außerdem, ganz unrecht war es mir nicht, ich fühlte mich miserabel. Der Rotwein war offenbar zu schwer gewesen. Ich küßte sie und ging zu Bett.
Musik riß mich aus einem verrückten Traum. Fröhliche Musik für einen beschwingten Tagesanfang. Widerwärtig.
    In Schweiß gebadet, richtete ich mich auf, fühlte mich müde und zerschlagen. Eben noch war ich nach einer Bruchlandung mit hundertfünfzig Leuten durch einen Urwald fleischfressender Orchideen gestolpert. Die Orchideen hatten meine Passagiere mit erotischer Lyrik angelockt und ihren Opfern die Ohren abgebissen.
    Der Bildschirm über dem Bett erwachte zum Leben. Die Hostess vom Dienst strahlte in Hellblau und Blond. »Guten Morgen, mein Herr!« jubilierte sie. »Es ist vier Uhr fünfzehn. Sie wollten geweckt werden.«
Ich schaltete den Schirm aus und das Licht an.
    Das Bett neben mir war leer. Ich wühlte mich aus den Dekken und tapste ins Wohnzimmer hinüber.
Bella schlief auf der Couch, bis über die Nase in eine Wolldecke gehüllt. Sie atmete unregelmäßig und schwer. Die Klimaanlage blies einen kalten Luftstrom durchs Zimmer.
Ich stellte den Regler auf »Normal« und schloß die Tür zur Terrasse.
Nach dem Duschen fühlte ich mich wohler. Nach drei Tassen Kaffee, Eiern mit Schinken und Kräuterquark war ich wieder ein lebenstüchtiger Mensch.
Es wurde Zeit, zum Flughafen zu fahren. Bella ließ sich nicht sehen. Ich war es gewohnt, mit einem Abschiedskuß zur Arbeit zu gehen. Ich schaute ins Zimmer.
Bella wandte mir den Rücken zu, das Gesicht in die Kissen gepreßt. Der Schreibtisch war überhäuft mit Hollerithkassetten, Hämoglobinpräparaten und Knäueln von Papierstreifen aus dem Rechner. Sie hatte offenbar lange gearbeitet, ich würde sie nicht wecken.
Leise trat ich an die Couch und strich ihr über das Haar. Es fühlte sich hart und spröde an.
Der Geruch von »Belladonna di Napoli« lag in der Luft. Er gefiel mir nicht. Viel zu intensiv. Sobald ich zurück war, würde ich dafür sorgen, daß sie ein neues Parfüm bekam.
    Drei Tage ohne Bella. Ich hatte es eilig, nach Hause zu kommen. Auf der grün leuchtenden Fahrbahn erschienen die gelben Warnstreifen. Ich mußte das Tempo drosseln, andernfalls würde innerhalb einer Minute ein Polizei-Hubschrauber dasein und meinen Motor mit einem Lasersignal stillegen. Jeder, der schon mal zu schnell gefahren ist, kann sich die Prozedur ausmalen, die dann folgen würde.
    Zähneknirschen. Wie eine Schnecke dahinkriechen und mit den Fingern auf das Lenkrad trommeln. Endlich hob sich unsere hell erleuchtete Wohnpyramide aus dem Nachthimmel. Vom Grün der Autobahn wechselte ich auf den blauen Belag der Nebenstraße, kurvte in die Einfahrt zur Tiefgarage und stellte den Wagen in die Box. Ich ergriff den Koffer und die Tüte mit den kleinen Aufmerksamkeiten und eilte zum Aufzug.
    In der Kosmetischen Etage stöckelte Frau Burk in die Kabine. Sie war meine Nachbarin, ich grüßte sie höflich. Ihre Antwort war ein knappes Nicken. Ihre Falkenaugen musterten mich, als wäre ich ein unappetitliches Kriechtier, und ihre lange, spitze Nase schien mich durchbohren zu wollen.
    Als wir ausstiegen, trat sie mir in den Weg. »Hören Sie mal!« Ihre Zungenspitze fuhr heraus und befeuchtete die blutroten Lippen. »Es ist wirklich ein Skandal. Einer muß schließlich mit Ihnen darüber reden.«
    Ich setzte meinen Koffer ab.
»Dies ist ein kultiviertes Haus«, fuhr sie fort, »und so sollte es bleiben, zumal wenn man die Mieten bedenkt. Leider greift auch hier die allgemeine Verwilderung um sich. Wollen Sie etwa widersprechen?«
»Durchaus nicht«, sagte ich. »Aber…«
»Früher haben Sie nur sogenannte Damen mitgebracht. Ich sage ›nur‹, denn was Sie sich jetzt leisten, übertrifft wohl alles Dagewesene.«
»Wieso…«
»Glauben Sie nicht, daß Sie damit durchkommen. Ich und mein Gatte, wir werden keinesfalls dulden, daß Sie unser aller Heim in einen Zirkus verwandeln.«
»Würden Sie mir verraten, Frau Burk, worauf Sie anspielen?«
»Stellen Sie sich nicht

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