Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
Vom Netzwerk:
in dieser Hinsicht etwas nachlässig zu sein, gestattete sie sich das nicht. Es war ihre einzige Eitelkeit.
    Sie warf noch einen Blick in den Spiegel. Cohen hatte recht, stellte sie kritisch fest; sie sah dünn aus. Zu viele Sprünge, zu wenig Trainingszeit. Sie sollte Sharpe Bescheid geben, ihr eine Packung Hormoninjektionen zu schicken, bevor sie es übertrieb und sich eine Verletzung einfing.

    »Sie halten wohl nichts von diesen intelligenten Tattoos, was?«, fragte McCuen und deutete auf das babyblaue UNSR-Logo auf ihrer linken Schulter.
    Sie und ihr gesamter Zug hatten sich das Logo in dieser wilden Zechwoche nach ihrem ersten Kampfeinsatz tätowieren lassen. Die Namen der übrigen Neulinge waren ihrem Wet-RAM inzwischen entfallen, aber sie erinnerte sich noch deutlich an den kalten, scharfen Stich der Nadel, hatte immer noch das konzentrierte Gesicht des Hafentätowierers bei der Arbeit vor Augen.
    »Gut, dass Sie’s nicht auf dem anderen Arm haben«, sagte McCuen. »Die Narbe hätte es direkt durchschnitten.«
    Li verdrehte den Hals, um einen Blick auf die blauen Buchstaben zu werfen, die sie, soweit sie sich erinnerte, vor zehn Jahren das erste Mal betrachtet hatte. Sie grinste, weil ihr plötzlich die lächerliche Klischeehaftigkeit dieses Tattoos bewusst wurde. »Eine schreckliche Vorstellung!«
    Sie hatte das Trainingsprogramm für das Sicherheitspersonal mehr aus Spaß denn aus einem anderen Grund zusammengestellt, und jede positive Auswirkung auf die Moral an Bord war nur ein Bonus. Der Hauptzweck der Trainingsstunden bestand darin, dass sie einen glaubhaften offiziellen Vorwand boten, um das halbe Dutzend Sicherheitskräfte an Bord zu versammeln. Sie vermied es, den Leuten irgendwelchen Quatsch darüber zu erzählen, wie sorgfältig choreografierte Bewegungen bei abgeschalteten Implantaten einem Soldaten zu glänzenden neuen Karrierechancen verhelfen konnten. Sie legte einfach einen Termin fest, erschien pünktlich und beließ es dabei. Wenn sie kommen wollten, dann gut. Wenn nicht, dann eben nicht.
    Und McCuen war gern gekommen. Es gefiel ihm so gut, dass er jeden Morgen antrat und die Bestrafungen auf sich nahm, die sie sparsam austeilte. Er stand unter Strom, ein
einziges Bündel von idealistischem Ehrgeiz. Wenn sie mit ihm arbeitete, spürte Li die alte Energie wieder, die Schärfe eines Glücksgefühls, das sie lange vor ihrem Einsatz auf Metz das letzte Mal so empfunden hatte. Wenn sie ihm eine Passage besorgen konnte, um Compsons Planet zu verlassen, schoss es ihr immer öfter durch den Kopf, wäre ihre Zeit hier vielleicht doch nicht vergeudet gewesen.
    »Waren Sie seit Ihrer Rekrutierung wirklich nie wieder hier?«, fragte er, als sie mit ihm den Bewegungsablauf für einen besonders komplizierten Wurf einübte. »Warum eigentlich nicht? Schlechte Erinnerungen?«
    Li schlurfte zum Rand der Matte, trank einen Schluck Wasser, wischte sich das Gesicht und die Hände ab. »Eigentlich nicht. Es gab einfach keinen Grund dazu.«
    »Keine Familie?«
    Sie zögerte. »Nicht dass ich wüsste.«
    Sie trainierten die Bewegungen noch ein paarmal wortlos. McCuen lernte schnell und grinste vor Freude, als Li ihm schließlich erlaubte, sie mit voller Wucht auf die Matte zu legen – ein Zugeständnis, das sie in dem Moment bereute, als sie mit der schmerzenden Schulter auf der Matte aufschlug.
    »Ohne Familie ist es wohl einfacher, nehme ich an«, fuhr er an der Stelle fort, an der sie ihr Gespräch unterbrochen hatten. »Meine Eltern halten nicht so viel von den Friedenstruppen. Sie haben etwas über Nebenwirkungen der Wetware und Gedächtnisverluste nach einem Sprung gelesen. « Er lächelte und tat die Bedenken seiner Eltern mit einem Achselzucken ab, wie etwas, worüber sich nur alte Menschen den Kopf zerbrechen konnten. Li beantwortete die unausgesprochene Frage trotzdem.
    »Wenn man mit den Psychotechnikern zusammenarbeitet und von allem sorgfältige Back-ups anlegt, kann man nicht viel vergessen. Wenn nicht … natürlich, dann kann
viel verloren gehen. Aber selbst wenn etwas schiefgeht … vor zehn Jahren war es viel schlimmer. Die Anzahl der Sprünge ist minimiert worden, es wird nicht mehr viel Personal verschoben. Nicht einmal die angeworbenen Truppen. Mein Gott, man kann sogar auf einem Planeten fest stationiert werden und macht in seiner ganzen Karriere nicht mehr als ein halbes Dutzend Sprünge. Wenn der Frieden hält.«
    »Wenn der Frieden hält. Das ist der kritische Punkt, nicht wahr?«
    »Was

Weitere Kostenlose Bücher