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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Soldatin. Nur Befehle ausführen, ganz gleich, welche Befehle es sind. Aber ich nehme an, dass XenoGen Sie genau zu diesem Zweck entworfen hat.«
    Li holte zu einer Ohrfeige aus, ohne nachzudenken. Sie konnte sich gerade noch zurückhalten, und so merkte er nicht, dass er um ein Haar geschlagen worden wäre. Aber sie wusste, sie hätte ihm die Knochen gebrochen, wenn sie die Hand nicht zurückgezogen hätte.
    Sie wich zurück, erschrocken über das, was beinahe passiert wäre. »Sie rassistischer Scheißkerl«, flüsterte sie. »Sagen Sie so etwas nie wieder zu mir. Sie kennen mich nicht. Sie wissen überhaupt nichts über mich.«

     
    Einem alten, abgeschmackten Witz zufolge gab es nur drei gute Gründe, sich im Realraum zu treffen: Sex, Erpressung oder knallharte Einschüchterung.
    Li machte sich keine großen Hoffnungen, dass sie Haas einschüchtern konnte, aber wenn er vorhatte, ihre Ermittlungen zu torpedieren, sollte er ihr das gefälligst offen sagen. Und weil Dateien immer gefälscht und manipuliert werden konnten, sollte er ihr dabei von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen, damit sie die Möglichkeit hatte, eine vor Gericht verwertbare Aufzeichnung ihres Gesprächs anzulegen – eine, die in ihrem eigenen Datenarchiv verschlüsselt gespeichert war.
    Wie sich herausstellte, hätte sie sich die Mühe sparen können; zu dem Zeitpunkt, als sie in seinem Büro eintraf, war er verschwunden.
    »Wenn Sie wünschen, dass er Sie anruft …«, sagte seine Sekretärin. Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie genau wusste, warum Li hier war und dass Haas nicht zurückkehren würde, bis sie abgereist war.
    »Nicht nötig«, sagte sie. Sie war gerade auf dem Weg zur Tür, als aus dem Schatten jemand nach ihr rief.
    Bella stand in der Tür zu Haas’ Büro. Barfuss, in einem Kleid aus Zuchttankseide, das sich an die schlanken Kurven ihrer Hüfte und ihres Bauchs schmiegte. Sie trat zurück. Li folgte ihr durch eine verborgene Tür und einen schattigen Korridor in, wie es schien, Haas’ Privatunterkunft.
    Das Quartier war nach den Maßstäben der Station sehr geräumig und in demselben kostspieligen, aggressiv modernen Stil eingerichtet wie das Büro. Bella schaltete das Licht nicht ein, ließ einfach das gefilterte Licht von Compsons Planet durch die Bodenluken heraufscheinen und verwirrende, auf dem Kopf stehende Schatten werfen.

    »Wohnen Sie hier?«, fragte Li, ohne zu überlegen.
    Bella blickte zu Li auf, und ihr Gesicht war so nah, dass Li die fließenden blauen Buchstaben des MotaiSyndikat-Logos lesen konnte, das den unteren Rand der perfekt gemusterten Iriden beider Augen säumte. »Schockiert Sie das?«, fragte Bella.
    Abgesehen von D-Klasse-Soldaten und hin und wieder einem Feldoffizier war Li einem Syndikatskonstrukt noch nie so nahe gekommen. Noch nie einer Frau. Und noch niemals, kein einziges Mal einem Wesen wie Bella.
    Sie war größer, als Li sie in Erinnerung hatte, und strahlte einen wilden, scharfen Geruch aus, der Li an hochgelegene Bergwälder denken ließ. Li fragte sich flüchtig, ob es sich um ein Parfüm oder um eine teure Option handelte, die die Designer des MotaiSyndikats in ihr Genset eingefügt hatten. Sie räusperte sich. »Warum sollte es mich schockieren?«, fragte sie. »Es geht mich doch nichts an, mit wem Sie leben.«
    Bella beugte sich näher. Sternenlicht schob sich über ihr Gesicht und ließ die ebenmäßigen Züge scharf hervortreten. Li sah an einem der zarten Wangenknochen eine gerötete Schwellung, die schon etwas verblasst war. Sie legte Bella eine Hand ans Kinn und hob ihr Gesicht ins Licht. »Wer hat Ihnen das angetan?«
    Bella biss sich auf die Lippen. Es war eine unbewusste Geste, zugleich ängstlich und sinnlich, und sie weckte in Li das Bedürfnis, sie zu beschützen.
    Mehr als nur zu beschützen.
    Sie zog ihre Hand weg. »Sie könnten denjenigen anzeigen«, sagte sie, spürte aber sofort, wie vergeblich es war.
    Bella lächelte. »Sie mögen es nicht, wenn Menschen verletzt werden«, sagte sie. »Sie haben ein weiches Herz. Genau wie Hannah.«
    »Wie gut haben Sie sie gekannt?«, fragte Li.

    »Gerade gut genug, um zu wissen, dass sie ein guter Mensch war.«
    »In ihrem Terminkalender gab es einen Eintrag wenige Tage vor ihrem Tod, nur der Buchstabe B. Hatten Sie in dieser Woche eine Verabredung mit ihr? Haben Sie sich getroffen? Über etwas geredet?«
    Bella wandte sich ab, und während sie durchs Zimmer ging und das Sternenlicht auf ihrem aufgebauschten Rock

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