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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Niemandsland zwischen zwei verschanzten Armeen geworden.
    Auf der Station ging der ABG-Sicherheitsdienst keine Risiken ein. Einige Flüge nach Shantytown und in die
Kohlereviere waren abgesagt worden. Und solang die ABG ihre De-facto-Blockade nicht lockerte, war der einzige Weg, der aus Shantytown herausführte, die mörderisch gefährliche Jeepstraße über die Berge nach Helena – eine Straße, die völlig unpassierbar wurde, sobald die winterlichen Staubstürme einsetzten.
    Rechtlich gesehen durfte die ABG niemanden gegen seinen Willen auf der ABG-Station festhalten; der freie Zugang zum Planeten war ein Bürgerrecht, ein Überbleibsel aus der Migrationsära, als auf den Orbitstationen der großen Firmen Frondienste geleistet wurden. Aber ob legal oder nicht, die ABG kontrollierte die Straßen, die Luft, die Shuttles, die zwischen Orbit und Oberfläche verkehrten. Und innerhalb von fünfzehn Minuten hatte Li acht Passagiere gesehen, die nach Helena wollten und von den Wachleuten zurückgewiesen wurden.
    Sie bezweifelte, dass sich jemand in ihrem Büro beschweren würde. Und sie war sich vollkommen sicher, dass sie ihre Vorgesetzten nicht zum Einschreiten bewegen konnte, falls sich doch jemand beschwerte. Daahl hatte recht gehabt. Es war ein Krieg – ein Krieg, in dem die UN auf der Seite desjenigen stehen würde, dem es am ehesten gelang, die Bose-Einstein-Produktion wieder in Gang zu bringen. Und solang die Gewerkschaft keinen Trumpf aus dem Ärmel zog, sah die ABG wie der wahrscheinlichste Kandidat aus.
     
    Als Li schließlich zwanzig Minuten nach dem planmäßigen Abflugtermin in den Shuttle stieg, erkannte sie, dass sie zu keinem Zeitpunkt Gefahr gelaufen war, es zu verpassen. Eine Sturzflut von Passagieren überschwemmte die Gänge und die Mannschaft, überhäufte sie mit Beschwerden über doppelte Ticketverkäufe, und stopfte das Gepäck in jeden verfügbaren Winkel. Li sah nach ihrer
Sitznummer, schickte einen Dank zum Himmel, als sie die entsprechende Reihe erreichte und feststellte, dass der Platz noch unbesetzt war, und ließ sich nieder.
    »He, Chefin«, sagte eine vertraute Stimme, als sie gerade halb eingedöst war. Sie blickte auf und sah sich einem grinsenden McCuen gegenüber.
    »Was machen Sie denn hier?«, fragte sie.
    »Ich besuche Freunde in Helena. Heute ist mein freier Tag, wissen Sie nicht mehr?«
    »Oh.« Es fiel ihr wieder ein. »Ja.«
    »Und Sie?«
    »Ich bin für einen Tag unten.« Hoffte sie.
    »Haben Sie nicht Lust mitzukommen?«, fragte er und zwängte seinen schlaksigen Körper auf den Platz neben ihr. »Wir können Ihnen alles zeigen.«
    »Ich habe eine Verabredung«, sagte sie ausweichend und hoffte, dass sie McCuen loswerden konnte, bevor Korchows Mann auftauchte. Eine solche Komplikation konnte sie wirklich nicht gebrauchen.
    »Ach, übrigens«, sagte McCuen. »Ich bin endlich darauf gekommen, woher die Lagernotiz in Sharifis Tagebuch stammt.«
    In den letzten sechsunddreißig Stunden waren Sharifi und die Untersuchung in Lis Kopf so weit nach hinten gerückt, dass sie einen Moment brauchte, bis ihr einfiel, wovon er redete. »Ach?«, sagte sie. »Woher denn?«
    »Erinnern Sie sich noch, dass alle ihre Mitarbeiter zufälligerweise auf einer Erkundungsmission waren? Nun, außer einem. Er ist am Tag nach Sharifis Tod abgereist. Auf der Medusa , mit dem Ziel Freetown. Und es sieht so aus, als habe er für sie ein Päckchen durchgeschleust.«
    »Darf ich raten, wann die Medusa Freetown erreicht?«
    McCuen nickte. »In dreizehn Tagen, sechzehn Stunden und vierzehn Minuten von jetzt an. Oder, um Ihre eigentliche
Frage zu beantworten, etwa zwanzig Minuten, nachdem Goulds Schiff den Orbit erreichen wird.«
    Li runzelte die Stirn und überlegte. »Wissen Sie noch, was Sharifi auf diese Seite geschrieben hat, McCuen? Neben Goulds Adresse? Lebensversicherung. Als ich das gelesen habe, dachte ich, es müsste sich um irgendeine Vorsorgemaßnahme handeln, um ihr Leben zu schützen. Aber vielleicht haben wir das missverstanden? Vielleicht ging es wirklich um eine Lebensversicherungspolice, die nur in Kraft treten würde, wenn sie starb?«
    »Nun, dann ist sie wohl auch in Kraft getreten, nicht wahr? Ich meine, der Student ist am Tag nach Sharifis Tod abgereist. Und was immer sie auch geargwöhnt hat, Gould ist erst nach Freetown abgereist, nachdem Ihr Anruf ihr eindeutig bestätigt hatte, dass Sharifi tot ist.«
    Wenn McCuen recht hatte, blieben Nguyen dreizehn Tage, um Korchow zu fangen,

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