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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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mit Li als Köder. Und Li hatte dreizehn Tage, um diese Quittung aus dem Body-Shop von Korchow zurückzubekommen – solang er sie noch genug brauchte, um sein Versprechen einzuhalten. Denn wenn Gould und das mysteriöse Päckchen Freetown erreichten, war alles möglich.
    Sie blickte zu McCuen auf und stellte fest, dass er sie stirnrunzelnd ansah.
    »Was?«, fragte sie.
    »Die Anrufprotokolle.« Er wirkte beunruhigt und zögerte. »Sie haben mich doch gebeten, alle Anrufe nach Freetown zu überprüfen.«
    Wie hatte sie das nur vergessen können?
    »Nun, am Abend vor Sharifis Tod hat jemand eine in Freetown ansässige Scheinfirma des Konsortiums angerufen. Von Haas’ privatem Terminal aus. Mit seinem Passwort.«
    Li spürte eine kalte Faust in der Magengrube bei dem Gedanken, dass Nguyen doch recht haben könnte und dass
die EBKL und das Konsortium hinter Sharifis Verrat standen, nicht die Syndikate.
    McCuen schaute kurz in den Gang. Li folgte seinem Blick und sah einige Reihen weiter Bella stehen, die darauf wartete, dass ein Platz frei wurde. Bella schaute zu ihr herüber und sah gleich wieder weg, die Lippen zu einer blassen, zornigen Linie zusammengepresst. Sie ging an Li und McCuen vorbei, ohne etwas zu sagen, und fand vier oder fünf Reihen hinter ihnen einen Platz.
    »Na, so was«, sagte McCuen, und sein Blick war voller Fragen, die Li nicht beantworten wollte.
    Sie loggte sich in den Bordcomputer ein, und sah auf dem Rücklehnenmonitor vor ihr die unvermeidlichen Sicherheitshinweise. »Wenn Sie nicht direkt am Ausgang sitzen möchten«, sagte sie und strahlte McCuen an, »bitten Sie das Flugpersonal, Ihnen einen neuen Platz zuzuweisen. «
     
    »Ich muss mal pinkeln«, sagte Li, als sie durchs Gate traten. Nicht besonders originell, aber die Damentoilette war der einzige Ort auf dem Flughafen, der Li einfiel, wohin er ihr nicht folgen konnte.
    »Wollen Sie wirklich nicht mit uns in die Stadt?«, fragte er unschlüssig.
    »Nein. Ich muss noch ein paar Dinge überprüfen. Vielleicht noch einmal mit dieser Nonne sprechen. Gehen Sie nur.«
    Die Toilette wurde gerade geputzt, als Li eintrat, von zwei dünnen, kleinwüchsigen Mädchen, die den Boden lustlos mit derart verdreckten Lappen wischten, dass Li vermutete, es seien hier in den letzten Jahren mehr Bakterien als Desinfektionsmittel verteilt worden. Als sie den feuchten Bereich umging, fiel ihr ein funkelndes Schmuckstück ins Auge, das das ältere Mädchen trug.

    Es war eine Halskette. Ein albernes, kleines Amulett, das man überall kaufen konnte. Aber es war kein künstlicher Diamant, der am Ende der Kette funkelte. Es war ein Stück Kondensat. Und sie hatte so etwas schon einmal gesehen. Wo und wann, hätte sie vielleicht noch gewusst, wenn ihre gehackten, manipulierten und zerfallenden Erinnerungen ihr keinen Streich gespielt hätten.
    »Das ist hübsch«, sagte sie und zeigte auf das Schmuckstück. »Wo hast du das her?«
    Das Mädchen kicherte und legte verlegen eine Hand an den Hals. »Vielleicht von meinem Freund?«, sagte sie, halb als Frage, halb als Feststellung gemeint, und kicherte wieder.
    »Woraus ist es gemacht?«
    »Aus Kristall?« Wieder ein Kichern. »Vielleicht mit seinem verschränkt?«
    »Ach, ja«, sagte Li. »Es ist hübsch«, fügte sie hinzu, weil an dieser Stelle eine Bemerkung dieser Art wahrscheinlich angebracht war. Schließlich war wohl irgendjemand der Ansicht, dass diese auffälligen kleinen Dinger gut aussahen; Li hatte sie in letzter Zeit überall gesehen.
    Dann stöberte ihr Orakel doch noch die richtige Datei auf, und sie erinnerte sich, wo sie zuletzt ein solches Schmuckstück gesehen hatte.
    Bei Gillian Gould.
    Li fuhr herum und starrte den Anhänger an. Das Mädchen zuckte unter der Intensität ihres Blicks zusammen und wich zurück. »Alles in Ordnung?«, fragte sie mit erschrockenem Gesicht.
    »Ja«, sagte Li. »Klar, mir geht’s gut. Entschuldigung.«
    Sie betrat eine Kabine, hockte sich hin, um sich zu erleichtern, und versuchte nichts anzufassen, das sie nicht anfassen musste. Als sie die Tür öffnete und wieder hinaustrat, stieß sie mit Bella zusammen.

    »Meine Güte!«, keuchte sie mit pochendem Herzen. »Du hast mich erschreckt. Warum hast du nichts gesagt?«
    Bella antwortete nicht. Die Putzmädchen waren verschwunden, aber es hing immer noch der Geruch von abgestandenem Wasser in der Luft.
    »Was machst du hier, Bella?«
    Das Genkonstrukt drehte sich um, ohne auf die Frage zu reagieren, und ging zur Tür.

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