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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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werden. «
    »Es wäre nicht so. In deinem Fall nicht.«
    »Erzähl mir keine Gutenachtgeschichten«, sagte sie und starrte ihn an, bis er endlich den Blick von ihr abwandte.
    »Hast du über Metz nachgedacht?«, fragte er. »Du hast es doch selbst gesagt. Wer immer Sharifi mit diesen Implantaten ausgestattet hat, muss das Jahre im Voraus geplant, sich die Gensets besorgt, sie gespleißt, in Tanks repliziert haben. Wie wahrscheinlich ist es, dass Sharifi und die Offizierin, die ihren Tod untersucht, im selben Labor gezeugt wurden, aus demselben Genset? Wie stehen die Chancen, dass die Sache so ausgeht: Du spielst Sharifis Rolle, und ich trete in die Fußstapfen der Feld-KI?«
    »Nein«, flüsterte Li.
    »Warum nicht? Wenn Korchow dein Geheimnis entdeckt hat, warum sollte Nguyen es nicht auch entdecken?«
    »Sie weiß es nicht. Niemand weiß es.«
    »Wie kannst du dir so sicher sein?«
    »Ich würde mein Leben darauf setzen.«
    »Du bist im Begriff, genau das zu tun, nicht?«
    Der Mond war aufgegangen, während sie sich unterhielten, und es blies ein kühler Wind. Li blickte in die dunklen Schatten unter den Bäumen und fröstelte.
    »Lass mich dir helfen«, bettelte Cohen.
    »Nein.«
    »Das ist alles. Einfach nein?«
    »Einfach nein.«
    Cohen trat vor sie und sah ihr ins Gesicht. Selbst in diesem schwachen Licht wirkte er verbraucht und besiegt, ein
Spieler, der das Einzige, das er nicht aufs Spiel setzen durfte, auf den Tisch gelegt hatte und zusehen musste, wie die Bank alles einstrich. »Wenn es um Geld geht …«
    »Nein, es geht nicht um Geld. Es geht um mein Leben. Es geht darum, was ich verdient habe. Und was man mir wegnehmen will. Für nichts. Nur weil auf irgendeinem Stück Papier etwas über mich steht.«
    »Und dafür würdest du dein Leben wegwerfen?«
    Li sah die Spur eines Zitterns um seinen Mund, als er sprach, und einen verdächtigen Schimmer in den haselnussbraunen Augen. Nein, sagte sie sich und unterdrückte ihre reflexartige Reaktion. Chiaras Mund. Chiaras Augen. Was immer sie in diesen Augen zu sehen glaubte, war nur ein physiologischer Taschenspielertrick. Ein billiger Trick, der von einer codegetriebenen Superstruktur erzeugt und durch ein Biointerface auf dem neusten Stand der Technik vermittelt wurde. Es bedeutete nichts. Man konnte genauso gut fragen, was der Regen bedeutete.
    Sie trat ins helle Lampenlicht zurück und zog sich ihren Mantel an. »Was du mir anbietest … Ich weiß es zu schätzen. Aber ich will es nicht. Gib mir einfach Bescheid, ob du den Job übernehmen willst, einverstanden?«
    Sie hatte ihre Hand schon an der Tür, als er antwortete.
    »Du weißt doch, dass ich den Job erledige.« Er stand noch im Garten, wo sie ihn zurückgelassen hatte, und alles, was sie sah, als sie zurückblickte, war die weiche Rundung einer Mädchenhüfte im gebrochenen Mondlicht. »Du wusstest es schon, bevor du mich auch nur gefragt hast.«
    Li verharrte unschlüssig auf der Schwelle. Du könntest in dieses Zimmer zurückgehen, dachte sie, und ihr Herz flatterte in ihrer Brust wie ein Vogel, der genau in dem Moment aus einem Gebüsch hochschreckt, als sich das Zielfernrohr auf ihn richtet. Ein Wort. Eine Berührung. Du kannst alles ändern.

    Und was dann?
    Bevor sie entscheiden konnte, ob sie gehen oder bleiben sollte, sagte Cohen noch etwas. Die Stimme aus dem Schatten klang ruhig, gesetzt, unpersönlich: eine Siliziumstimme für eine elektronische Geliebte.
    »Mach bitte hinter dir die Tür zu«, sagte er.
    Sie wollte etwas erwidern, aber in ihrer Kehle stieg ein kalter, harter Knoten auf und sie schluckte herunter, was ihr auf der Zunge lag. Sie trat auf den Flur hinaus und zog die Tür hinter sich zu.

Shuttle Anakonda-Helena: 26.10.48.
    L i erschien eine Stunde vor Abflug am Shuttle-Gate, aber zehn Minuten vor dem Start wartete sie immer noch darauf, dass der Sicherheitsdienst der Station den Pulk von Passagieren vor ihr durchsucht hatte.
    Das Chaos am Gate entsprach dem Chaos auf der Planetenoberfläche. Die Gewerkschaft hatte überstürzt reagiert und das Bergwerk geschlossen, noch bevor alle Retter wieder über Tage waren. Innerhalb eines Tages hatten die Streikenden eine bewaffnete Absperrung errichtet, und die ersten Milizeinheiten waren eingetroffen, um den Antistreik-Kader der ABG zu verstärken. Auf den Satellitenaufnahmen, die die lokalen Spinvideo-Nachrichten dominierten, war die gesamte von Abraum übersäte Ebene der ABG-Kohlereviere inzwischen zu einem militärischen

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