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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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»Komm mit«, sagte sie, und es war kaum mehr als ein Murmeln. »Bleib ein Stück hinter mir. Wir werden beobachtet.«
    Li verfolgte sie durch die Hauptachse des Raumhafens, durch die Gepäckausgabe, vorbei an den Taxireihen draußen, in die gähnende, nach Zement riechende Dunkelheit einer Tiefgarage. Sie war wohl nicht so wachsam wie sonst, denn obwohl sie wusste, dass sie allmählich den Kontakt zum Satelliten verlor, sah sie die Falle nicht, in die sie bereits getappt war.
    »Wie geht’s?«, fragte eine Stimme hoch über ihr, im selben Moment, als sie das leise Klicken eines zurückgelegten Sicherungshebels hörte.
    Sie überquerte gerade eine Rampe ohne jede Deckung in der Nähe – und selbst wenn es eine Deckung gegeben hätte, wäre es längst zu spät gewesen, um sie auszunutzen. Sie blickte auf und sah ein Geschoss über ihr McCuens Freund Louie sitzen. Er ließ träge die Beine baumeln und schaute über den stupsnasigen Lauf einer restaurierten Sten auf sie herunter.
    »Zu schade um diese Yankees«, sagte Louie.
    »Es ist noch nicht vorbei. McCuen weiß doch, was ihr hier unten vorhabt?«
    Louie grinste. »Sagen wir mal, Brian kennt mich nicht so gut, wie er glaubt.«
    Ein Zucken seiner Augen lenkte Lis Aufmerksamkeit auf die Schatten unter der Rampe, und sie schaute unversehens
in den schwarzen Lauf eines Colt Peacemaker aus so geringer Entfernung, dass sie erkennen konnte, wie lang die Waffe nicht mehr ordentlich gereinigt worden war.
    »Nehmen Sie’s locker«, sagte Ramirez von der anderen Seite des Colts. »Sie beide.«
    Li sah zu Bella hinüber, die auf halbem Wege im Mittelgang der Garage stand, wie vom Donner gerührt.
    »Lassen Sie Bella gehen, Ramirez. Sie hat nichts damit zu tun.«
    »Tut mir leid«, sagte er. »Kommt nicht infrage.« Er winkte Bella heran. »Na los. Hier neben Li. Sofort!«
    Bella trippelte an Lis Seite und stand zitternd da, während Ramirez sie beide mit frustrierender Gründlichkeit filzte.
    »Die geben Sie mir besser sofort zurück«, sagte Li, als er ihr die Beretta abnahm, aber es war reine Aufschneiderei, und sie wussten es beide. Sie hatte unter Tage genug von Ramirez gesehen, um zu wissen, dass er nicht zögern oder die Nerven verlieren würde. Und selbst wenn, stand immer noch Louie auf der Ausfahrtsrampe und richtete die Sten auf Li und Bella.
    »Ich bringe ungern Ihre Seifenblase zum Platzen«, sagte Li zu Ramirez, »aber eine Gefängnisstrafe wegen Entführung wird keinen guten Eindruck machen, wenn Sie sich an einer Universität bewerben.«
    »Ich habe schon vor zwei Jahren meinen Abschluss gemacht«, sagte Ramirez. »Und bevor man mich ins Gefängnis stecken kann, muss man mich erst mal erwischen, nicht wahr? Umdrehen und die Hände auf den Rücken!«
    Li gehorchte. Sie hielt es für keine gute Idee, aber ihr fiel nichts Besseres ein. Ramirez zog ein Paar Virustahl-Handschellen aus seiner Tasche, schloss sie um Lis Handgelenke und fesselte ihre Arme so auf den Rücken. Als die Handschellen zuschnappten, spürte Li einen leichten Stich
im Genick und begriff, dass Ramirez ihr ein Injektionspflaster aufgedrückt hatte.
    »Tut mir leid«, hörte sie ihn durch den aufsteigenden Nebel der Betäubung, der vermutlich von einem Mittel herrührte, das man eigens entwickelt hatte, um ihre Implantate zu überlisten. »Aber besser, man geht auf Nummer sicher, als dass man hinterher etwas bereuen muss. Sehen Sie diesen Lieferwagen da drüben? Den weißen? Die Hecktür ist offen. Steigen Sie ein und ziehen Sie die Tür hinter sich zu.«
    Li ging so langsam wie möglich auf den Lieferwagen zu und suchte Blickkontakt mit Bella. Wer folgt uns?, hätte sie am liebsten gefragt. Wer sind diese Leute? Wird Hilfe kommen, wenn wir noch etwas warten?
    Aber es kam niemand. Es war nicht vorgesehen, dass jemand kam. Und als Li in den Wagen stieg und zur Garagendecke aufblickte, sah sie auch warum: der Wagen stand etwas schief auf seinem Parkplatz, und das Heck regte ein Stück in den Mittelgang, sodass die Kameras den Spinvideo-Kanälen erstklassige Aufnahmen der Entführung liefern würden.
    »Lächeln Sie für die Kameras«, sagte Louie, und das Letzte, woran sie sich erinnerte, bevor sie das Bewusstsein verlor, war sein herzhaftes irisches Lachen.
     
    In den nächsten Stunden verschwammen alle Eindrücke im Drogenrausch. Ein Sprint über eine regennasse Landeplattform, von Ramirez halb gehalten, halb gezogen. Eine kurze Kabbelei mit Louie, als sie sich kindisch sträubte, ihr

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