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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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gleich, welchen Verrat sie begangen hatte.
    Bisher hatte sie immer recht gehabt. Ihr Glück, so wie auch Lis Glück, hatte sie nie im Stich gelassen. Sie hatte ein Leben lang recht behalten, wenn sie ihren Glauben auf ihre Spielerinstinkte stützte. Diese Tortur aber wäre zu viel für sie gewesen, wenn es Bella nicht gegeben hätte.
     
    Als das Geschoss einschlug, dachte Li zuerst, es sei wieder die Viper.
    Dann war sie fort aus der Kristalldruse, versuchte sich zurechtzufinden, sich neu zu orientieren, ausgerechnet hier, im schattigen Durcheinander von Korchows Antiquitätenladen.
    Korchow saß an seinem Schreibtisch, den Kopf gesenkt, das Gesicht im Schatten, und an seinen Schläfen pulsierten die orangefarbenen Kreise von Hautkontakten. Draußen
huschten verstohlen schmale Schatten am Schaufenster vorbei. Aus dem Hinterzimmer hörte Li das gedämpfte Klimpern einer Metallschnalle, die gegen einen Gewehrschaft aus Verbundkohlenstoff stieß.
    Einen halben Herzschlag später brach in dem Laden die Hölle los. Zwischen dem schwarzen Vorhang zum Hinterzimmer und Korchow zuckte der Entladungsbogen eines Impulsgewehrs. Durch die Eingangstür platzten vermummte Gestalten herein – maskierte paramilitärische Kräfte, die Waffen aus UN-Beständen benutzten und schwarzes Klebeband über die Insignien ihrer Einheit geklebt hatten.
    Sie verlor das Bild. Sie wählte verzweifelt eine Nummer nach der anderen, versuchte zu erfahren, was los war, wer Korchows Netzwerk sabotiert hatte. Sie fand einen Kanal, über den einer der Eindringlinge kommunizierte, einen Schmalband-UNSR-Kanal, und loggte sich im selben Moment ein, als er einen gestiefelten Fuß ausstreckte und Korchows Leiche umdrehte.
    Aber das Gesicht, auf das das Licht fiel, war nicht Korchows Gesicht.
    Es war Arkady.
    Sie wollte Cohen fragen, ob er es gesehen hatte, ob er wusste, wer die Eindringlinge geschickt hatte, aber bevor sie den Gedanken übermittelt hatte, waren sie wirklich in Schwierigkeiten.
    Korchows Laden war verschwunden. Cohen war verschwunden. Sie war allein, wirklich allein, zum ersten Mal seit Tagen. Und sie war lebendig in irgendeiner Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft der Kristalldruse begraben, die in keinem Zusammenhang mit dem stand, was der Weltgeist ihr sonst gezeigt hatte.
    Sie trat vor und hielt inne, weil sie den Boden vor ihren Füßen nicht erkennen konnte.

    »Vorsicht.«
    Hyacinthe stand hinter ihr. Er sah müde und ausgezehrt aus. Sein Gesicht war mit Kohlenstaub verschmiert, und die Schnürriemen, die ihm über der Schulter hingen, waren ausgefranst und zusammengeknotet.
    Li sah ihn genauso an, wie sie einen Tiger angesehen hätte.
    »Bist du in Ordnung?«, fragte er.
    Sie trat vor und sah ihm tief in die Augen.
    Also doch Cohen. Daran hatte sie keinen Zweifel. »Und du?«, fragte sie.
    »Im Moment, ja.«
    »Was soll das bedeuten?«
    »Der Weltgeist läuft auf meinem Netzwerk. Er benutzt mich, so wie er seit dem ersten Feuer die Feld-KI benutzt hat. Ich glaube, er hat keine andere Möglichkeit, seine Gedanken zu organisieren … zumindest nicht so, dass wir sie verstehen könnten.«
    »Aber du musst nicht lang durchhalten«, sagte Li. »Nguyen …«
    »Nguyen hat nicht einmal versucht, das Geschoss abzufangen, das die Feld-KI zerstört hat«, sagte Cohen. »Sie hatte offenbar mehr Interesse daran, Korchow zu erwischen. «
    Er hielt den Atem an und fuhr zusammen. Hyacinthes Bild flackerte verdächtig.
    »Stimmt etwas nicht?«, fragte Li.
    »Nein«, sagte er rasch. Aber es war ein vielsagendes Zögern in seiner Stimme. »Ich fürchte«, sagte er schließlich, »dass ich ihn aufrechterhalten soll. Zusammenhalten. Und … ich kann es nicht.«
    »Cohen …«
    »Er nimmt mich auseinander, um sich selbst zusammenzufügen. Er macht mit mir, was er mit Sharifi, mit deinem
Vater, mit all den Menschen gemacht hat, die da unten gestorben sind. Nur dass er mithilfe der Feld-KI herausgefunden hat, dass eine echte KI für seine Zwecke sehr viel nützlicher ist. Denn durch eine KI hat er Zugriff auf den Stromraum, kann ihn verstehen, benutzen.« Er redete jetzt sehr schnell, sprach überstürzt und hastig. »Du musst dich an die EBKL wenden, Catherine. Man wird sich um dich kümmern, dafür habe ich gesorgt. Es gehört alles dir. Alles. Du wirst ein paar Netzwerke verlieren. Einige werden dich nicht akzeptieren, werden keinen Menschen akzeptieren. Mach dir keine Sorgen deswegen. Dir wird genug zur Verfügung stehen, um es zu schaffen. Der

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