Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
Vom Netzwerk:
eilig die Onboard-Computer hoch und schloss die Zufuhrleitungen an.
    Sie konnte tun, was sie wollte, aber der Druckmesser des Tanks regte sich nicht. Und sie hatte keine Zeit, um
lang herumzuprobieren. Sie hielt sich die Maske vors Gesicht und saugte versuchsweise daran. Nichts. Es lag nicht am Druckmesser. Der Tank gab nichts her.
    »Was ist los?«, fragte McCuen. Seine Stimme hatte einen nervösen Unterton, den sie noch nicht gehabt hatte, auch nicht, als seine letzte Flasche zu Ende gegangen war, bevor sie den Einstiegspunkt erreichten.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Li.
    Schließlich rührte sich der Druckmesser doch. Der Pfeil fiel in den roten Bereich, zitterte und blieb dort. Sie fasste ans Zufuhrventil, und als sie es berührte, rotierte es widerstandslos. Kein Druck.
    Und plötzlich wusste sie, was hier nicht stimmte. Jemand hatte das Ventil geöffnet und die Tanks geleert. Alle Tanks.
    Sie hatten keine Luft.
    »Mirce!«, schrie sie und lief bereits den gewundenen Stollen entlang.
     
    Li fand sie zwölf Meter hinter der nächsten Biegung, ihre Hand noch am Seil, der letzte Kanister mit komprimierter Luft auf dem Boden neben ihr. Li sah in ihre immer noch klaren, immer noch blauen Augen, betrachtete den etwas zur Seite gedrehten Kopf, die starke, klare Linie ihres Kiefers unter der gespannten Haut. Sie dachte, ohne dass sie einen besonderen Grund dafür nennen konnte, an die Flügel von Elstern.
    Der Schnitt führte diagonal über Mirces Kehle, vom Kragen ihres Overalls bis zur weichen Haut unter dem Ohr. Sie war schnell verblutet. Wahrscheinlich in Sekunden. Keine Spuren eines Kampfes; die Lache, die sich um sie ausbreitete, hätte auch Wasser oder Regenerationsflüssigkeit sein können, nur der starke Geruch nach Kupfer und Rost sprach dagegen.
    »Warum?«, flüsterte Bella. »Warum?«

    »Um uns aufzuhalten«, sagte Li und fragte sich, wie sie mit einer solch ruhigen Stimme trotz des Wirbelsturms in ihrem Innern sprechen konnte.
    »Was sollen wir jetzt machen?«, fragte McCuen.
    »Wir finden die Typen, die sie umgebracht haben, und nehmen ihre Luft.«
     
    Als es schließlich geschah, war sie so bereit dafür, dass sie wusste, etwas tief in ihr musste dies erwartet haben. Wenn sie die Hinweise Revue passieren ließ, jeder für sich unbedeutend, gab es für sie keinen Zweifel mehr, dass sie verfolgt wurden. Die ganze Zeit lauschte sie nach einem Echo, das kein Echo war. Nach dem gedämpften Schritt hinter ihr.
    Worauf sie nicht vorbereitet war – was sie nicht für möglich gehalten hatte –, war das schnell unterdrückte Wiedererkennen, das in McCuens Augen aufblitzte.
    Sie hatte einen ganz dummen Fehler gemacht, sagte sie sich, als ihr ein heißer Schuss Adrenalin durch die Adern fuhr. McCuen hatte sie verraten. Irgendwie, durch ein Lockmittel, von dem sie wahrscheinlich nie erfahren würde, hatte Haas ihn auf seine Seite gezogen. Sie hatte den Beweis direkt vor Augen, hier in diesen weit aufgerissenen blauen Augen, die wie die Augen eines kleinen Jungen wirkten.
    Sie riet zu einer Pause, lehnte sich an ein Stück Fels, das aus der Tunnelwand ragte, streckte sich und setzte sich ein paar Meter von McCuen entfernt mit dem Rücken zur festen, sicheren Gesteinswand.
    »Woher haben Sie gewusst, wo sie sich aufhielt?«, fragte McCuen. Er redete schnell, sprach das Erstbeste aus, was ihm in den Sinn kam, und tat so, als habe er die Schritte nicht auch gehört. »Ich meine, bis dahin lief doch alles gut. Sie erscheint am Treffpunkt, und wir kommen alle raus.«
    »Außer Cohen.«
    Sie sah in McCuens Gesicht, dass er immer noch nicht wusste, von wem sie sprach. Er hatte Cohen nie kennengelernt, wurde ihr klar, hatte ihn wahrscheinlich nie als etwas anderes als einen Ausrüstungsgegenstand betrachtet. »Nun ja«, sagte McCuen. »Aber … Sie wissen, was ich meine.«
    »Klar«, sagte sie. »Ich weiß.«
    Sie strengte ihre Ohren an, lauschte in die Dunkelheit hinter dem Lampenlicht. Jeder hat eine Schwäche, sagte sie sich. Und die Schwäche ihrer Gegner konnte nur ihre Verbindung sein.
    Vor ihren Augen flackerten abwechselnd zwei Bilder, als sie Stromraum und Realraum in ihrem Geist simultan zu verarbeiten versuchten. Es drehte ihr den Magen um, aber sie konnte es nicht riskieren, sich ganz aus der Realzeit zurückzuziehen. Nicht wenn McCuen einen Meter hinter ihr war und ein unbekannter Verfolger am Rande des Lampenlichts lauerte.
    Sie betrat den Gedächtnispalast.
    Die Tür war aufgebrochen. Der Brunnen war

Weitere Kostenlose Bücher