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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Schädel. Die glühenden Bitlandschaften von Cohens Netzwerken. Den Antiquitätenladen, in dem es nach Tee und Sandelholz roch. Arkadys bewusstlose Gestalt, die zwischen den schlanken Kurven der Generationenschiff-Artefakte hingestreckt lag. Und darüber, ringsum und in allem die endlose Masse und Dunkelheit, die Millionen Stimmen des Weltgeistes.
    Die Felsen sangen.
     
    Am Ende löste Cohen, oder was immer von ihm übrig war, ihre Verbindung. Sie bettelte in diesem letzten Augenblick und wusste nicht einmal genau, ob er sie hörte. Sie verfluchte ihn, verfluchte sich selbst, Korchow, Nguyen, den ganzen mörderischen Planeten.
    Dann war sie allein in der Dunkelheit, und von Cohen war nichts übrig alles ein Loch in ihr, wo er hätte sein müssen.

Anakonda-Lagerstätte: 9.11.48.
    E ine trockene Brise blies ihr übers Gesicht, wie ein Fluss in der Wüste, der sich von nirgendwo nach nirgendwo wand.
    Ihre Implantate waren ruiniert. Gespenster, Fragmente. Sie spürte die schauderhaften Strapazen, die ihr Körper in den langen Stunden in der Grube durchgemacht hatte. Doch schlimmer als die körperlichen Schmerzen war die Erinnerung daran, was Voyt mit Sharifi getan hatte, und an die wirbelnde, chaotische, lebendige Dunkelheit, in die Cohen sich gestürzt hatte, um sie zu retten.

    Bella und McCuen schauten auf sie hinunter, ihre Gesichter weiß, entsetzt und ausgezehrt.
    »Habt ihr es gesehen?«, fragte Li und setzte sich auf.
    Bella nickte. »Und Cohen?«
    Li schaute weg.
    »Es tut mir leid«, sagte Bella, und als Li ihr ins Gesicht sah, stellte sie fest, dass es ihr wirklich leidtat. »Er war … nett.«
    Statt zu antworten, warf Li einen Blick auf die Pegelanzeige ihres Beatmers. Sie überprüfte ihre Implantate, stellte zu ihrer Erleichterung fest, dass zumindest die Basisprogramme noch funktionierten, und berechnete kurz den Luftverbrauch.
    »Wir müssen raus hier«, sagte sie. »Wir haben noch achtundzwanzig Minuten, um zu Mirce und den frischen Sauerstoffflaschen zu kommen. Vielleicht weniger.«
    Sie sah zu McCuen hinüber. Sein Gesicht war erschreckend blass, aber vielleicht lag es auch nur am Lampenlicht. »Ich … habe gar nicht viel gesehen«, sagte er. »Ich bin einfach in der Nähe geblieben und habe die Einzelteile eingesammelt.«
    »Sie haben nicht viel verpasst«, sagte Li und hob ihren Beatmer hoch.
    »Catherine?«, fragte Bella. Wo hatte sie sich das angewöhnt? »Können wir es bis zu Mirce schaffen? Wie lang werden wir brauchen?«
    »Weniger als achtundzwanzig Minuten«, sagte Li. »Oder eine Ewigkeit. Gehen wir.«
    Das Bergwerk war zum Leben erwacht. Es rumpelte, tönte, sang. Die Geräusche hallten in Lis Brust wider, ließen ihre Finger zucken und ihre Zähne brummen. Und über das Intraface – ihrer Kontrolle entzogen, aber immer noch in einem obskuren Rhythmus ein- und ausgeschaltet – kam ein Rauschen und Tosen mit Hochgeschwindigkeit
übertragenen Daten, die ihre Implantate kurzschlossen und kryptische Statusmeldungen wie Leuchtgeschosse auf ihren Netzhäuten aufblitzen ließen.
    Als sie losgingen, testete sie das Intraface. Es schien unabhängig davon zu funktionieren, ob sich Cohen am anderen Ende befand. An einem Punkt gelang es ihr fast, auf den Gedächtnispalast und seine Betriebssysteme zuzugreifen. Aber das Bezugssystem wollte sich nicht entwickeln, und sie landete von allem abgeschnitten in einer Sackgasse des Ladeprogramms. Cohen selbst war eine geisterhafte Präsenz: eine Leerstelle, die Fleisch und Substanz durch die Weigerung ihres eigenen Körpers erhielt, zuzugeben dass er nicht mehr Teil von ihr war. Dieses Gefühl, dieser Eindruck, dass er zugleich da und nicht da war, erinnerte sie an Geschichten über Amputierte, die nach Jahren immer noch aufwachten und Schmerzen in den verlorenen Gliedern spürten.
    Sie erreichten den Treffpunkt in neunundzwanzig Minuten und zwanzig Sekunden. Bellas Beatmer, den sie nur sparsam eingesetzt hatte, blieben nur noch vier Minuten. Li hatte ihren Beatmer bereits an McCuen weitergereicht. Mirce war nicht am Treffpunkt, aber als sie um die Ecke kamen, sahen sie die frischen Sauerstoffflaschen in der Dunkelheit glänzen.
    »Wir haben immer noch eine zu wenig«, sagte Li, als sie die Flaschen zählte. Sie strengte ihr Ohr an, um nach Seilen und Kanistern zu lauschen, die herabgelassen wurden, hörte aber nur knirschende Isolierung und die bedrohliche Stille der verkeilten Decke.
    Sie ließ sich neben der nächsten Flasche auf den Boden fallen, fuhr

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