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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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sie sich nicht im Ring auf«, sagte McCuen und machte dabei den Eindruck, als ob er sich verzweifelt wünschte, dass es nicht so war.
    »Man kommt ohne Credits nicht aus dem Ring raus«, schnauzte Li. Dann hielt sie die Luft an, als ihr Bauchgefühl eine Verbindung herstellte, von der sie sofort wusste, dass sie zutraf – auch wenn sie keine Ahnung hatte, warum.
    »Überprüfen Sie die Frachtprotokolle«, sagte sie McCuen. »Ich will den Namen jedes Schiffs wissen, das in den letzten zwölf Stunden Freetown verlassen hat.«
    Zwei Stunden später beugte sich Li über McCuens Monitor und schaute sich verwackelte Aufnahmen von Überwachungskameras an, auf denen Passagiere über die Rampe eines Frachtschiffs strömten, das nach Freetown unterwegs war.
    »Sind Sie sicher?«, fragte McCuen, als sie das Bild anhielt und auf den Bildschirm zeigte.
    »Ganz sicher.«
    Die Seidenbluse und der teure handgefertigte Schmuck waren verschwunden. Gould trug billige Kleidung und billige Schuhe und ihr Gepäck beschränkte sich auf eine billige Umhängetasche aus Viruleder. Sie hatte sich ihr schönes Haar abschneiden lassen oder trug es unter einem Hut versteckt, was Li nicht genau erkennen konnte. Und
sie hielt den Kopf gesenkt und ging schnell, damit die Kameras sie nicht klar erfassen konnten. Aber sie war deutlich zu erkennen: die gerade, schmale Linie ihre Mundes, die arrogante Kurve ihrer Wangenknochen und Nasenlöcher, die Ausstrahlung unbeugsamer, selbstverständlicher Überlegenheit, die Li auf eine perverse Weise froh darüber machte, dass diese Frau vor ihr weglief.
    Sie schob den Gedanken weg, fühlte sich dabei ein wenig klein und sagte sich, dass sie einfach nicht aus dem Holz geschnitzt war, aus dem man Polizisten macht. »Überprüfen Sie die Relais-Zeitpläne«, sagte sie McCuen. »Vielleicht können wir das Schiff noch vor dem Sprung aufhalten. «
    Als Gould ihre Tasche die Rampe hochtrug, glitzerte etwas an ihrem Hals. Li lächelte. Gould trug ein magisches Halsband: ein im Vakuum gewonnener Splitter von minderwertigem Bose-Einstein-Kondensat, das in einem billigen, herzförmigen Medaillon aus durchsichtigem Plastex steckte. Reiner Kitsch. Die Art von Plunder, die Straßenhändler neben falschen Rolex-Uhren und Baseballmützen aus der Zone an Touristen verkauften. Etwas, das Gould im normalen Leben nie getragen hätte. Man konnte der Frau nicht nachsagen, dass sie nicht gründlich war.
    »Ich kann diese Passagiere in der Relais-Warteliste nicht finden«, sagte McCuen, der dabei etwas überfordert klang.
    Li überprüfte den Zeitplan des Frachters selbst, dann loggte sie sich in den öffentlichen Server ein, um den Flugplan abzurufen, den jeder Frachter den Relaisstationen auf seiner Route übermitteln musste. Aber es gab keinen Flugplan. Es war nichts übermittelt worden.
    Schließlich dämmerte es ihr.
    »Wir sind zu spät«, sagte sie. »Es ist kein Sprungschiff. Sie reist mit Unterlichtgeschwindigkeit nach Freetown. Und die Passagiere befinden sich bereits in der Slowtime.
Wir bekommen sie erst in die Hände, wenn sie aus der Slowtime auftauchen und in den Orbit einschwenken.«
    McCuen ließ sich schwerfällig auf einen der zerschrammten Bürostühle fallen. »Warum sollte sie das tun? Und warum Freetown?«
    »Weil Freetown es einem am einfachsten macht. Dort kann man für eine Überfahrt bar zahlen und verhindern, dass der eigene Name in den Passagierlisten auftaucht. Dort kann man Informationen zwischenspeichern, die man nicht den Datenbanken der UN anvertrauen möchte. In Freetown kann man illegale Daten vor Zugriffen schützen. Warum in Slowtime, ist mir nicht so klar. Aber sie wird dort am …« Li verglich die Umlaufbahnen von Erde und Jupiter mit der Abflugzeit der Medusa und berechnete die Annäherung an Freetowns Mondumlaufbahn. »… am 9. November, also in sechsundzwanzig Tagen eintreffen.« »Vielleicht ist sie einfach nur auf der Flucht«, sagte McCuen. »Menschen können nicht immer geradeaus denken, wenn sie Angst haben. Vielleicht ist sie in Panik geraten und hat das erstbeste Schiff genommen.«
    Li dachte an Goulds kühles, weißes Gesicht, die blassen Augen, die scharf gezogene, verachtungsvolle Falte zwischen den Augen. »Ich glaube nicht, dass Gillian Gould in ihrem Leben je in Panik geraten ist, Brian. Wenn sie sich nach Freetown absetzt, hat sie einen guten Grund dafür. Und wir haben weniger als einen Monat, um diesen Grund herauszufinden und Gegenmaßnahmen zu ergreifen.«
    McCuen barg

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