Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War
höchstwahrscheinlich von Yi. Er nickte in die leere Luft und stand abrupt auf.
Dakota sah zu ihm hoch. »Lin, ich habe keine Ahnung, was für ein Spiel Sie treiben, aber ich will ehrlich zu Ihnen sein. Seit ich von Bord ging, hat jemand versucht, an meinem Schiff herumzupfuschen, und wir wissen beide, welche Konsequenzen das für uns haben kann. Je schneller ich von hier verschwinde, desto besser, deshalb möchte ich meine Zeit wirklich nicht mit irgendwelchem Blödsinn vertrödeln …«
»Okay«, setzte er unvermittelt an, als hätte er nichts von dem, was sie gerade gesagt hatte, gehört. »Hinten gibt es einen Raum, in dem wir ungestört reden können. Kommen Sie mit.«
Ich will nicht – wollte Dakota widersprechen, aber Lin pflügte sich bereits durch die Gästeschar und steuerte den rückwärtigen Teil der Bar an.
Sie stand auf und ging ihm nach, obwohl sich in ihrer Magengrube ein ungutes Gefühl breitmachte, und sie musste sich beeilen, um mit ihm Schritt zu halten. Lin joggte durch eine Küche, in der eine hektische Betriebsamkeit herrschte, dann stieß
er eine Tür auf, die in einen Kühlraum führte. Dakota folgte ihm hinein und stellte fest, dass ein großes, zerfetztes Stück Teppich an einem Schott befestigt war, das die hintere Wand des Raums bildete. Lin schlug den Teppich zur Seite, und Dakota sah, dass man in das Schott eine behelfsmäßige Tür eingebrannt hatte, deren Ränder unsauber und halb geschmolzen wirkten.
Sie stieg Lin durch dieses Schlupfloch hinterher und fand sich an einem engen Gelass wieder, das mit Schilfmatten, niedrigen Tischen und großen, bestickten Kissen in satten Gold- und Rottönen eingerichtet war. Aus reich verzierten Räuchervasen kräuselten Weihrauchdämpfe hoch und verursachten ein Kitzeln in ihrer Nase.
Mehrere Wandbehänge mit chinesischen Schriftzeichen verdeckten die kahlen Metallwände ringsum, und trotzdem ließ sich nicht vertuschen, dass dieser Bereich ursprünglich nicht zum Wohnen gedacht war, denn ein wuchtiger, unverkleideter Tragbalken verlief quer über die niedrige Decke, und an einer Wand zogen sich eine Reihe von Druckröhren in die Höhe, die hin und wieder gurgelnde Geräusche von sich gaben.
Yi rekelte sich auf einem der Kissen und beobachtete sie mit einer grüblerischen, unsteten Miene, als sie eintraten. Lin war hochaufgeschossen, gertenschlank und hatte ein schmales Gesicht, und Yi – seine Schwester – stellte das genaue Gegenteil dar. Sie war wesentlich kleiner, von kompaktem Körperbau, und verströmte die kraftvolle Anmut und Geschmeidigkeit einer Tänzerin; tatsächlich hatte sie bis zu dem jüngsten Ausbruch von Feindseligkeiten zwischen den zwei Planeten als berufsmäßige Tänzerin gearbeitet. Danach erwarb sie sich einen Ruf als gnadenlose Kriegerin mit einem ausgeprägten Hang zum Nationalismus, die nachweislich eine Menge Menschen getötet hatte. Ihr Aufstieg innerhalb der kriminellen Szene auf Fullstop, der nach einem wackeligen Frieden erfolgte, war sogar noch spektakulärer gewesen.
Dakota hielt sie und ihren Bruder für die unsympathischsten Leute, die ihr jemals begegnet waren.
Nun tigerte Lin in der Nähe seiner Schwester unruhig durch den Raum. »Wir möchten Ihnen einen Vorschlag machen«, verlautbarte er, Dakota ansehend.
»Es handelt sich um eine Vereinbarung«, ergänzte Yi. Sie warf ihrem Bruder einen scharfen Blick zu, ehe sie ihre nussbraunen Augen, die so hübsch waren, dass sie gar nicht zu der gewissenlosen Yi zu passen schienen, auf Dakota richtete. »Eine Vereinbarung bezüglich der Fracht, die Sie hier abholen sollen.«
Dakota dachte kurz über ihre Optionen nach. Am liebsten hätte sie auf dem Absatz kehrtgemacht und wäre auf geradem Weg zurückgegangen; doch dann wäre sie mit leeren Händen bei Quill aufgetaucht, und das konnte sie sich nicht leisten.
»Yi, von mir aus können Sie nach Herzenslust die ›Drachenlady der Raumfahrergemeinde‹ spielen, aber ich bin geschäftlich hier. Für uneingeplante ›Abmachungen‹ habe ich nichts übrig. Sie löschen meine Fracht und ersetzen sie mit der vereinbarten Menge an Traumwindsporen. Währenddessen halte ich mich im Hintergrund, und was alles andere betrifft, so wickele ich hier vollkommen legale Geschäfte ab. Sowie Sie mit Ihrer Arbeit fertig sind, düse ich wieder los. Ich habe nie etwas von Ihnen gehört, und Sie kennen mich überhaupt nicht. Und trotzdem«, sie sah sich demonstrativ in dem Raum um, »muss ich mir all diese dämliche
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