Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War
dachte Dakota, er hielte etwas Lebendiges zwischen den Fingern. Etwas Schwarzes, Schimmerndes, das nass aussah und sich langsam in Milligans Händen wand. Es schien aus Segmenten zu bestehen, wie eine Raupe, und zwischen fünf und zehn Zentimeter lang zu sein.
Dakota spürte, wie ihr Mund trocken wurde. »Was ist das?«
»Das, meine Liebe, ist das Ding, das Lin und Yi geklaut haben. Eine Art künstliche Haut oder Schutzpanzer. Hübsch, nicht wahr? Und sehr, sehr exotisch.«
Vorsichtig senkte Dakota ihre Tasse, nachdem sie sie an die Lippen geführt hatte. »Vielleicht solltest du mir das lieber nicht erzählen.«
»Mag sein, aber wir leben nun mal nicht in einer vollkommenen Welt.«
Dakota wollte aufstehen, aber zwei kräftige Hände drückten sie auf die Couch zurück und hielten sie dort fest. Als sie über ihre Schulter peilte, sah sie Sebastian und einen anderen von Milligans Liebhabern hinter sich stehen. Sie versuchte, sich aus dem Griff zu befreien, doch auf einmal fühlte sie sich sehr schläfrig. Die Tasse glitt ihr aus der Hand und rollte über den Flur, wobei der Inhalt auf dem schönen Teppich Flecken hinterließ.
Während sie seitlich wegkippte, hockte Milligan plötzlich auf der Armstütze ihres Sessels, legte eine Hand auf ihren Schenkel und beugte sich über sie, bis sein Mund fast ihre Schläfe berührte. »Bitte denke immer daran, Dakota, dass dies nicht gegen dich persönlich geht. Mr. Quill sollte wirklich hochkarätigere Diebe anheuern als diese hohlköpfige Yi oder ihren einfältigen Bruder. Ich denke, er ist bald aus dem Spiel, und deshalb wird es höchste Zeit, dass wir beide uns nach einem neuen Auftraggeber umsehen.«
»Du hast mir was in den Tee getan.« Sie sackte gegen Milligans Schulter.
Er tätschelte ihren Kopf. »Ja, meine Liebe, so ist es. Wir beide sollten schleunigst von hier abhauen. Du fliegst ins Sol-System zurück, wenn es nicht anders geht, und ich lasse mich irgendwo nieder, wo man es mir nicht so schwermacht, meine Geschäfte zu betreiben.«
Der weiche, flauschige Samt von Milligans Bademantel schien zärtlich ihre Wange zu streicheln, und sie schmiegte sich dichter heran. »Ich bring dich um, du elender Wichser«, nuschelte sie, auf dem Gesicht ein angedeutetes, träges Lächeln. »Ich folge dir überallhin, und wenn ich dich zur Strecke gebracht habe, verfüttere ich deinen Pimmel an deine Lustknaben.«
»Ich habe dich sehr gern, meine Liebe, auch wenn es vielleicht nicht so aussehen mag. Trotzdem brauche ich dich, um die Aufmerksamkeit von mir abzulenken, ehe die Bandati sich dazu entschließen, auf meiner Türschwelle zu erscheinen. Und in unserem Geschäft muss Vertrauen häufig geopfert werden, um das eigene Überleben zu sichern.«
Nun strich Milligan sanft mit der Hand über Dakotas Haar, doch tief in ihrem durch Drogen eingelullten Geist erzeugten ihre Gedanken Bilder einer gnadenlosen Rache. »Weißt du was?«
»Was denn, meine Liebe?«
»Wenn du dich meinem Schiff auch nur näherst, sorge ich
dafür, dass es dich zu Tode fickt, deine Überreste kleinschnippelt und die Bröckchen dann an eines dieser Menschenfleisch-Restaurants verscherbelt, die Alexander Bourdain angeblich besitzt.«
»Ich muss schon sagen, Dakota, du bist konsequent. Aber jetzt bin ich wirklich neugierig, ob dieses Ding hält, was man sich von ihm verspricht.«
Sie hörte, wie er sich neben ihr bewegte. »Sebastian, hast du die Medbox fertig programmiert. Oh, sehr gut. Und nun hilf mir, sie hochzuheben.«
»Milligan?« Dakota merkte, wie sie gepackt und von dem Sessel gezogen wurde. »Was hast du mit mir vor?«
»Ich will mich davon überzeugen, ob dieser … Mechanismus tatsächlich so funktioniert, wie man behauptet«, erklärte er. »Und wenn es stimmt, nun, dann könnte ich mir gut vorstellen, dass du mir eines Tages noch dankbar sein wirst …«
»Und Sie sind diesem Milligan entkommen?«, fragte die Königin der Schummrigen Himmel, nachdem Dakota ihre Geschichte zu Ende erzählt hatte.
Während sie sprach, hatte sie sich langsam in eine sitzende Position aufgerichtet, ohne auch nur eine Sekunde lang zu vergessen, dass man mit Waffen auf sie zielte. »Nicht direkt. Ich wachte in einer Medbox auf, merkte, dass ich überall am Rücken Narben hatte, und meine Implantate verrieten mir, dass ungefähr vierundzwanzig Stunden vergangen waren. Von Milligan war keine Spur zu sehen, er hatte sich endgültig aus dem Orbitalhafen verdrückt. Mir war sofort klar, dass er diese
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