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Liebe 2.0

Liebe 2.0

Titel: Liebe 2.0 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mareike Giesen
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absoluter Lieblingssong. Ich würde sagen, er ist fast
schon ein Klassiker. Und Astrid scheint derselben Meinung zu sein. Zumindest
hat sie sich meine CD schon vor Wochen ausgeliehen und immer noch nicht zurückgegeben.“
    Ich stutze, was
Max jedoch nicht bemerkt. „Sie ist echt eine Chaos-Queen!“, schimpft er
stattdessen. „Dabei hätte ich es besser wissen sollen, schließlich hat Simon
mich eindringlich gewarnt.“
    „Simon?“
    „Der Typ, mit
dem sie seit einiger Zeit zusammen ist“, erklärt Max. „Weißt du das denn nicht?
Ich dachte, ihr seid so dicke?“
    „Es hat sich in
den letzten Wochen ein bisschen verdünnisiert“, murmele ich verlegen. Während
Max mich Astrid-technisch auf den neuesten Stand bringt, versuche ich krampfhaft,
das Gehörte irgendwie sinnvoll zu sortieren. 
    „Die beiden
haben sich wohl auf der After-Show-Party vom Twilight -Abend kennen
gelernt. Simon ist ein netter Kerl, soweit ich weiß. Ich hoffe nur, dass er die
Nerven hat, die es für jemanden wie Astrid braucht. Ich meine, ich habe ja
selbst durchaus ein Faible für schwere Fälle… Aber so jemand wie Astrid? - - -
Julia? Julia!“
    Benommen
schüttele ich den Kopf und fahre mir nervös durchs Haar. Hat Max etwas gesagt?
Oder gefragt? Was soll ich sagen? Muss ich antworten? Und wie? Unter größter
Anstrengung versuche ich, ein paar Laute zu formen und daraus ganze Sätze zu
konstruieren – mit mäßigem Erfolg. „Dann seid ihr also gar nicht… Dann ist die
CD also von…“
    Ich gebe es
wieder auf. Reden ist Silber – Schweigen ist Gold.
    „Was?“ Max’
Blick wird noch eine Spur aufmerksamer, als er einen weiteren Schluck aus
seinem Fahrtbier nimmt und mich dabei nicht aus den Augen lässt.
    „Ach… nichts,
nichts.“ Ich schüttele den Kopf, der vor lauter Denk-Durcheinander ganz rot
wird. Ich hasse das! Max hingegen gibt sich ganz cool und zuckt bloß mit den
Schultern.
    Eine Weile
fahren wir weiter stumm durch den Schnee, jeder in seine Gedanken vertieft. Bis
Max sich plötzlich grinsend zu mir umdreht und mit ungewohnt weicher Stimme
sagt: „Oscar Wilde hatte schon Recht: Frauen sind dazu bestimmt, dass man sie
liebt – nicht aber, dass man sie versteht.“ Dabei ruhen seine Gletscheraugen
unverwandt auf meinem immer noch heißen Gesicht und schaffen es doch nicht, es
abzukühlen. So schlagfertig ich bis eben noch war, so fällt mir jetzt nichts
ein, das ich erwidern könnte.
    Ratlos starre
ich vor mich hin, den Kopf gänzlich leer und dabei bis oben hin voll gestopft
mit Chaos. Zig Gefühle, Gedanken und Fragen kreisen umher – allen voran die eine,
warum zum Henker Astrid eine CD, die ihr nicht gehört, einfach an mich weiter
verschenkt hat. Das ist doch keine Art! Nicht einmal für die Chaos-Queen. Chaos-Queens
verschlampen Sachen, aber sie sind keine Hehler. Und gerade beim Thema
Schrottwichteln bietet es sich doch an, lieber in letzter Sekunde den Müll der
Nachbarn zu durchwühlen, als das zweitbeste Stück eines guten Freundes zu
verhökern. Wo liegt da die Notwendigkeit?
    Angestrengt versuche ich, mir die Situation auf der Weihnachtsfeier
wieder ins Gedächtnis zu rufen. Mich zu erinnern, was Astrid gesagt hat, als
sie mir Max’ CD geschenkt hat. Gib ihnen eine Chance . Die haben echt
was zu sagen. Und als Max und ich schließlich in den Berliner Hauptbahnhof
einfahren, höre ich sie wieder, diese Melodie. Klar und deutlich klimpert Max’
Song durch meine Gedanken, und dann fällt mir auch endlich der Text wieder ein.
Wie eine Traumbotschaft hat er sich durch mein Unterbewusstes nach oben
geschlichen und verdonnert das Chaos zu andächtigem Schweigen:
    “I’m not a
perfect person. There are many things I wish I didn’t do
    But I continue
learning. I never meant to do those things to you.
    And so I have
to say before I go, that I just want you to know
    I’ve found a
reason for me, to change who I used to be
    A reason to
start over new, and the reason is you.”
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

Vierundvierzig
    Ganz Berlin ist erfüllt von hektischem
Treiben. Um mich herum wuseln hunderte Menschen, und jeder Einzelne scheint
noch mal hundert Dinge vor sich her zu tragen, die er unbedingt in diesem Jahr
erledigen muss. Nur mein Taxifahrer hat die Ruhe weg. Das liegt daran, dass er
Chinese ist. Für ihn beginne das neue Jahr erst am 3. Februar, erklärt er mir,
als er mit Engelsgeduld eine Seniorengruppe bei Rot über die Fußgängerampel
wackeln lässt. Er habe also noch

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