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Liebe 2000 - erotic science fiction

Liebe 2000 - erotic science fiction

Titel: Liebe 2000 - erotic science fiction Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Landfinder
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ziemlich pikiert, daß ihre Nachbarin auf der anderen Talseite entsetzlich herablassend tue, weil sie ebenfalls ein verständigungsfähiges bewegliches Wesen gefangen habe.
    Die gesellschaftliche Ordnung der Mütter war ebenso streng hierarchisch geregelt wie das Tischordnungsprotokoll in Washington oder die Hackordnung auf einem Hühnerhof. Nur das Prestige zählte, und das Prestige wurde von der Sendekapazität, der Höhe der Erhebung, auf der die das umgebende Territorium beherrschende Mutter saß, und von der Vielfalt, Neuheit und Schlagfertigkeit ihrer Plaudereien bestimmt. Die Mutter, die Eddie gefangenhielt, war eine Königin. Sie hatte den Vorrang vor über dreißig anderen Müttern, die alle schweigen mußten, sobald sie senden wollte. Und keine von ihnen durfte zu senden beginnen, bevor die Königin aufgehört hatte. Dann war die nächste in der Rangordnung an der Reihe, und so ging es weiter, die ganze Stufenleiter hinab. Die Königin konnte sie alle jederzeit unterbrechen. Nur falls eine aus den unteren Kadern etwas Interessantes zu übermitteln hatte, konnte sie die eben Sprechende unterbrechen und die Königin um Erlaubnis bitten, ihre Geschichte vorzutragen.
    Eddie war über dies alles informiert, hatte aber keine Möglichkeit, den Hügelkuppenklatsch direkt mit anzuhören. Daran hinderte ihn der dicke pseudo-granitene Panzer, so daß er sich ganz auf die von der Innenantenne weitergereichten Informationen verlassen mußte.
    Dann und wann öffnete die Mutter ihre Pforte und ließ ihre Jungen ins Freie kriechen, damit sie draußen das Senden von Nachrichten an die Sluggos der Mutter auf der anderen Talseite übten. Gelegentlich ließ sich sogar die andere Mutter persönlich herbei, den Jungen etwas herüberzufunken, und Eddies Betreuerin erwiderte die Gefälligkeit und funkte für die fremden Sprößlinge.
    Als die Kinder zum erstenmal durch die Ausgangs-Iris krochen, hatte Eddie, wie Odysseus, versucht, sich als eines von ihnen auszugeben und sich inmitten der Herde hinauszuschieben. Die Mutter jedoch, augenlos, aber keineswegs ein Polyphem, hatte ihn mit ihren Tentakeln herausgefischt und zurückgeholt. Aufgrund dieses Zwischenfalls hatte er sie Polyphem getauft.
    Er wußte, daß ihr zuvor schon beträchtliches Prestige durch den Besitz eines sendefähigen Beweglichen ungeheuer gestiegen, ja sogar so sehr gewachsen war, daß die Mütter an der Peripherie ihres Territoriums diese erstaunliche Neuigkeit an die anderen Sektionen weitergaben. Bevor Eddie ihre Sprache lernte, hatte der gesamte Kontinent schon miteinander in Funkverbindung gestanden. Polyphema war zu einer echten Klatsch-Kolumnistin geworden; Zehntausende von Hügelbewohnerinnen hatten begierig auf die Berichte über ihre Erlebnisse mit diesem wandelnden Paradoxon, dem semantischen Männchen, gelauscht.
    Das war ein wunderbares Gefühl gewesen. Doch dann hatte die Mutter auf der anderen Talseite vor kurzem ein ähnliches Wesen gefangen. Sie war mit einem Schlag zur Nummer zwei des Territoriums aufgestiegen und würde der armen Polyphema beim kleinsten Anzeichen von Schwäche ihre Spitzenposition entreißen.
    Bei dieser Nachricht geriet Eddie in beträchtliche Erregung. Er hatte oft an seine Mutter gedacht und sich gefragt, was sie wohl machte. Seltsamerweise hatten diese Tagträume meistens damit geendet, daß er ihr, fast hörbar vor sich hin murmelnd, vorwarf, ihn im Stich gelassen und keinen Versuch zu seiner Befreiung unternommen zu haben. Als er sich jedoch der Unlogik dieser Gedanken bewußt wurde, schämte er sich. Trotzdem war und blieb seine Denkweise von einem Gefühl des Verlassenseins überschattet.
    Nun, da er wußte, daß sie noch lebte und in Gefangenschaft geraten war – vermutlich bei dem Versuch, ihn zu befreien –, schüttelte er die Lethargie ab, die ihn seit kurzem dazu verführt hatte, ununterbrochen vor sich hin zu dämmern. Er bat Polyphema, ihm ihre Pfor te zu öffnen, damit er sich direkt mit dem anderen Gefangenen unterhalten könne. Sie war einverstanden; da sie darauf brannte, ein Gespräch zweier Beweglicher mi tanzuhören, zeigte sie sich überaus zuvorkommend. Es würde eine Menge über das Gehörte zu plaudern geben. Das einzige, was ihre Freude ein wenig beeinträchtigte, war der Gedanke, daß die andere Mutter ebenfalls zuhören konnte. Dann aber fiel ihr ein, daß sie ja Königin war und deswegen sämtliche Einzelheiten zuerst senden konnte, und sie begann vor Stolz und Begeisterung so sehr zu zittern,

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