Liebe ahoi
beruhigen, während sich Terroristen dem Gebäude näherten, in dem sie sich versteckt hielten.
Das junge Mädchen mit den verfilzten Haaren und dem Nasenpiercing an der Kasse von River Island beäugte sie misstrauisch. Die beiden konnten keine Ladendiebe sein – dazu benahmen sie sich viel zu auffällig. Aber sie sahen ziemlich merkwürdig aus. Die Größere trug eine Art Filzhut, unter dem eine pinkfarbene Haarsträhne hervorlugte, dazu ein weiß-pink gefärbtes Batikkleid. Die andere hatte einen Jeansrock an und einen Fleecepulli. Sie waren beide so … uncool. Dazu kam noch, dass sie steinalt waren. Mindestens fünfundvierzig, wenn nicht noch älter.
»Ich kann nicht fassen, dass ich wirklich in diesem Laden sein muss.« Beth stöhnte. »So stelle ich mir die Hölle vor.«
Patsy hatte kein Mitleid. »Ich kann nicht fassen, dass du dir erst heute Klamotten für deine Reise kaufst. Sei einfach nur froh, dass Eliza nicht dabei ist. Ich hab ihr extra einen Zwanziger gegeben, damit sie nicht mitkommt. Also, lass uns keine Zeit verlieren. Ich hab eine Liste gemacht.«
Mit offenem Mund sah Beth zu, wie Patsy ein Stück Papier aus ihrer Tasche zog und vorlas, was sie daraufgeschrieben hatte.
»Zehn Slips, vier davon sexy und mit passendem BH.«
Beth’ Gesicht nahm den Farbton von Patsys Haaren an, außerdem war sie vorübergehend sprachlos.
»Vier Badeanzüge mit passenden Pareos.« Patsy schaute auf. »Nimm’s mir nicht übel, aber dein Bauch hat seit … na ja eigentlich noch nie ein Fitnessstudio gesehen. Und das sage ich, weil ich es gut mit dir meine.«
Lieber Himmel, das war ja wie ein Shoppingtrip mit Gok Wans böser, zweieiger Hippiezwillingsschwester.
»Zehn lässige Tagesoutfits, mitsamt Accessoires. Zehn Cocktailkleider für abends, in verschiedenen Styles. Drei Nachthemden, eins supersexy, für den Fall, dass du einen Treffer landest.«
Wo war der Feuerarlarm?
»Ein Abendjäckchen – am besten aus Chenille. Ich habe gehört, das ist im Moment trendy. Einen Cardigan, falls es mal kühl wird. Eine Jeans …«, sie musterte Beth kritisch, ehe sie fortfuhr, »… und zwar eine, die nach 1984 produziert worden ist. Ach ja, und Schuhe natürlich. Zwei Paar Flip-Flops, zwei Paar Pumps, eins für tagsüber, eins für abends, ein Paar sportliche Sneakers, drei Paar sensationelle Super-Killer-High-Heels.«
Beth stöhnte verzweifelt auf, was Patsy mit hochgezogenen Augenbrauen quittierte. »Hallo? Du kannst dich glücklich schätzen. Ich hatte eigentlich noch ein Paar Leo Mules aufgeschrieben, aber die habe ich zusammen mit dem Negligé wieder gestrichen. Wir wollen ja nicht, dass es peinlich wird, wenn du am Zoll den Koffer auspacken musst.«
Beth seufzte erneut. »Ich bin dir zu äußerstem Dank verpflichtet.«
Patsy warf ihr einen vernichtenden Blick zu. »Dazu hast du auch allen Grund. Also, bringen wir die Sache hinter uns.«
In weniger als fünfzehn Minuten hatte Patsy einen Arm voller Klamotten zusammen und schob Beth in Richtung Umkleidekabinen.
MAXIMAL 6 TEILE empfing sie ein aufmunterndes Schild am Eingang.
Patsy zählte kurz nach.
»Perfekt. Ich habe zwölf, das macht genau sechs für jeden.«
Sie suchten sich die größte Kabine aus, Beth zog sich bis auf die Unterwäsche aus, und Patsy hielt ihr das erste Outfit hin.
»Gut, dass als Nächstes die Unterwäscheabteilung bei Marks and Spencers auf dem Programm steht. Dieser Slip sieht ja aus wie ein Fischernetz.«
Beth blickte auf besagtes Höschen hinab. Groß, weiß und … okay, es hatte echt schon bessere Zeiten erlebt. Und natürlich passte es kein bisschen zu ihrem hautfarbenen verwaschenen, ausgeleierten BH. Sie hatte es heute Morgen eilig gehabt, aber da seit zehn Jahren kein lebender Mensch ihre Unterwäsche zu sehen bekommen hatte, schenkte sie ihr sowieso keine besondere Beachtung.
»Ich denke, du bist meine beste Freundin.«
»Genau. So, zieh das an und bedeck dich, bevor ich die Sitte rufe.«
Jetzt war alles zu spät. Sie fingen beide an zu kichern und konnten nicht mehr damit aufhören, bis ihnen die Tränen über die Wangen liefen. Zwei fast fünfzigjährige Frauen in einer Umkleidekabine, eine von ihnen praktisch nackt, und beide hielten sich vor Lachen die Bäuche. Beth wollte sich nicht ausmalen, was die Leute in den Nachbarkabinen denken mochten. Schlimmer noch: Es war ihr vollkommen egal.
»O Patsy, ich komme mir vor wie damals mit sechzehn, als du mich wegen eines Kleids für den Schulball zu C&A geschleppt
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