Liebe ahoi
Cape-Cod-Sommerhauses eingerichtet: das Bett und alle übrigen Möbel waren weiß lasiert, auch Bettwäsche und Polster waren weiß. Die einzigen Farbtöne stammten von einem hellblauen Seidenteppich und riesigen Vasen mit roten Rosen auf beiden Nachttischen.
Zum zweiten Mal an diesem Abend versuchte sie, in den Schlaf zu finden. Sie seufzte tief. Ohne die Wunderkräfte von Botox hätte sich ihre Stirn längst zu einem Dauerrunzeln entschlossen.
Stunden später, als die Sonne bereits aufging, gab sie ihre Einschlafbemühungen endgültig auf. Es würde ja doch nicht klappen.
Beth räumte ihre Einkäufe sofort aus den Tüten und packte sie in den Koffer. Die Etiketten ließ sie vorsichtshalber dran, dann konnte sie alles, was sie nicht anzog, anschließend entweder zurückbringen oder Patsy schenken. Sie hoffte nur, dass ihr Koffer unterwegs nicht verloren ging, denn sie wäre nicht in der Lage, ihn anhand des Inhalts zu identifizieren.
Nachdem sie fertig war, schaute sie kurz zu Eliza ins Zimmer, um sich zu vergewissern, dass ihre Tochter ebenfalls packte. Das Erste, was sie erblickte, war ein Stapel von nicht weniger als drei Gepäckstücken, das Zweite eine Sechzehnjährige, deren Gesichtsfarbe entfernt an radioaktives Material erinnerte.
»Eliza! Was ist denn mit dir passiert?«
»Eine doppelte Sonnenbank-Session im Studio, danach eine extra dicke Lage Goldschimmer. Was sagst du? Sieht das nicht absolut krass aus?«
Beth unterdrückte einen Seufzer. Was half es, ihrer Tochter zu sagen, dass sie absolut außerirdisch aussah. Wahrscheinlich glühte sie im Dunkeln und konnte im Falle einer Schiffskatastrophe einem Rettungshubschrauber als Landehilfe dienen. Es gab im Leben Momente, in denen man seine Meinung besser nicht laut aussprach. »Ja, es ist wirklich … cool. Hast du gepackt?«
»Alles bereit, Mum. Ich habe mir das Schiff im Internet angeschaut. Es gibt allein neun Bars. Echt irre.«
»Du bis sechzehn.«
»Fast siebzehn!« Eliza verdrehte die Augen und beschäftigte sich weiter damit, das undurchdringliche Gestrüpp zu entwirren, das eigentlich ihr Haar war.
Beth beschloss, die Alkoholdiskussion David zu überlassen. Höchste Zeit, dass er mal lernte, seiner Tochter etwas zu verbieten.
Als sie wenig später wieder in ihrem Schlafzimmer war, schrieb sie eine SMS an ihren Sohn und erinnerte ihn daran, dass sie sich vorab in Barcelona treffen würden. John und seine Familie waren schon vorgeflogen, um ihre dreijährigen Zwillinge Lawrence und Lavinia an die Hitze zu gewöhnen. Sie freute sich, sie alle wiederzusehen. Seit ihre Enkel auf der Welt waren, kümmerte sie sich mehrmals pro Woche um die Kleinen, um John und seiner Frau Marcy Zeit zum Luftholen zu geben. Und sie genoss jede einzelne Sekunde.
John antwortete sofort und bestätigte die Pläne. Perfekt. Beth war froh, dass sie alle zusammen an Bord gehen würden. So fühlte sie sich irgendwie sicherer. Die Beziehung zwischen ihr und Mona hatte sich halbwegs normalisiert, und sie kamen einigermaßen gut miteinander klar. Aber das hieß noch längst nicht, dass sie große Lust auf die Begegnung mit dieser Frau hatte. Sie beide hatten absolut nichts gemeinsam, außer dass sie ein paar Jahre mit demselben Mann geschlafen hatten.
Sarah dagegen war süß. Harmlos. Beth hatte sogar manchmal den Eindruck, mütterliche Gefühle für das Mädchen zu entwickeln. Trotzdem war es ihr ein Rätsel, wie diese Polygamisten in Amerika das machten. Aber wie sagte David immer so schön? Sie waren ja alle erwachsen.
Beth trat ihre Hausschuhe aus, kletterte ins Bett und griff nach einer Zeitschrift. Normalerweise versank sie beim Lesen ganz und gar in der aufregenden Welt des Glamours und der Skandale, aber an diesem Abend ging ihr ein Gedanke nicht aus dem Kopf.
Sarah würde zusammen mit David auf das Kreuzfahrtschiff kommen.
Mona würde in Begleitung von Piers erscheinen.
Patsy hatte nun auch jemanden kennengelernt, mit dem sie die schönen Dinge des Lebens teilen konnte.
Und sie war allein.
Das war nun schon lange so, und es hatte sie nie gestört, aber aus irgendeinem Grund beschäftigte es sie plötzlich.
Vielleicht hatte Patsy ja recht. Vielleicht wurde es höchste Zeit, dass sie sich endlich mal wieder um eine neue Beziehung kümmerte.
Irgendwie war dieser Gedanke aufregend und beängstigend zugleich. Und wenn sie ganz ehrlich war, betrug das Verhältnis ungefähr achtzig zu zwanzig – zugunsten der Angst. Aber was war die Alternative? Sie konnte
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