Liebe ahoi
eigentlich dabeihaben wollte.
*
Sarah lag mit offenen Augen im Bett. Draußen war es stockfinster, eine salzige Brise wehte ins Zimmer. David war nach dem Essen noch mal ins Fitnessstudio gegangen. Und sie versuchte, nichts dabei zu finden, dass sie den ersten Abend auf See allein in ihrer Kabine verbrachte.
Sie versuchte sich einzureden, dass es nach dem Drama am Morgen und dem etwas mühsamen Dinner mit allen anderen eigentlich ganz schön war, ein wenig Ruhe und Entspannung zu haben. Das Gespräch war ziemlich anstrengend, aber zum Glück war wenigstens Piers so gesellig und unterhaltsam wie immer gewesen. Die beiden Flaschen Champagner, die er bestellt hatte, hatten dabei geholfen. Auch sein Sohn Max hatte sich als nette Gesellschaft entpuppt. Er machte beruflich irgendwas mit Computern und hatte ein paar witzige Geschichten aus seinem Büroalltag erzählt. Und für ihren Job hatte er sich ebenfalls interessiert, allerdings hatte sie den Teil mit dem Kollegen, der beschlossen hatte, ihre Ehe zu sprengen, wohlweislich ausgelassen.
Mona hatte wie üblich geglänzt. Sie sah toll aus mit ihrem hellblauen figurbetonten Kleid, den silbernen Sandaletten und der eleganten Aufsteckfrisur. Dagegen waren Beth in ihrem schlichten schwarzen Kleid und sie selbst mit schwarzer Hose und Vintage-Top eher underdressed gewesen.
Sarah angelte nach ihrer Handtasche und zog sie zu sich aufs Bett. Dabei überfiel sie plötzlich eine leise Sehnsucht – nicht nach ihrem und Davids Zuhause, sondern nach ihren Eltern. Evelyn hatte nachts immer die Handtasche neben dem Bett stehen, eine Angewohnheit, die Sarah übernommen hatte, seit sie ihren ersten Take-That-Rucksack geschenkt bekommen hatte.
Sie tastete nach dem Reißverschlussfach, öffnete es, nahm Callums Brief heraus und las ihn. Mindestens zwanzig Mal. Mit jedem Lesen hämmerte ihr Herz stärker. Sarah schwankte zwischen Traurigkeit, Einsamkeit, Verletzung, Zuneigung und Sehnsucht danach, ihn durch die Tür kommen zu sehen, damit sie mit ihm reden, mit ihm lachen, alles als Scherz abtun und wieder beste platonische Freundin für ihn sein konnte.
Aufs Stichwort flog die Tür auf. David kam herein, in schwarzem Shirt und Shorts. Er hatte ein Handtuch um den Hals geschlungen und leicht feuchte Haut.
»Hallo, Süße, bist du noch wach?«
Callums Brief verschwand hastig unter der Bettdecke, und sie hatte gar keine Zeit, darüber nachzudenken, ob Davids Stimme enttäuscht geklungen hatte. Natürlich nicht, warum auch? Dieser blöde Callum machte sie noch völlig verrückt.
»Ich geh kurz unter die Dusche.«
»Klar, Schatz«, antwortete sie betont locker.
Sobald sie das Wasser plätschern hörte, stopfte sie den Brief zurück in ihre Handtasche und schlüpfte wieder unter die Bettdecke. Sie würde sich am nächsten Morgen weiter Gedanken machen. Oder auch nicht. Eigentlich war es lächerlich, dass sie sich die Ferien versaute, nur weil Callum gerade in irgendeine obskure Midlife-Crisis geraten war. Höchste Zeit, einen Strich unter die Sache zu machen.
Nach diesem Entschluss stellte Sarah den iPod auf ihrem Nachttisch an. Als Adeles Stimme durch den Raum drang, kuschelte sie sich noch tiefer unter die Bettdecke. Sie liebte dieses Album, Adeles wunderbare Stimme versetzte sie immer in so herrlich gelassene Stimmung. Zum ersten Mal seit Tagen war sie richtig entspannt.
David kam ins Bett, und die Hitze seines Körpers wärmte sie. Er stützte sich auf den Ellbogen und strich ihr zärtlich über das Gesicht.
»Kann es sein, dass es eine Ewigkeit her ist, seit wir das letzte Mal ins Bett gegangen sind, ohne dass einer von uns frühmorgens rausmusste?«
»Ist es«, bestätigte Sarah. »Sag mal, David, findest du, dass zwischen uns noch alles okay ist?«
»Wie meinst du das?« Er sah sie völlig überrascht an. Das war ein gutes Zeichen.
»Na ja, es ist so, dass …« Sie suchte nach den passenden Worten. »Na ja, irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir kaum noch Zeit füreinander haben.« So. Ruhig und sachlich. Ohne Vorwurf. Und trotzdem klar und deutlich.
Er dachte einen Moment nach, dann nickte er. »Du hast recht. Es tut mir leid, mein Schatz, aber ich musste in letzter Zeit wirklich viel arbeiten. Und manchmal weiß ich einfach nicht, wann es genug ist und ich Feierabend machen muss. Und da du so unabhängig bist und ein eigenes Leben führst …«
»Trotzdem würde ich dieses Leben manchmal gern mit meinem Ehemann verbringen.«
Gott, das klang ja schrecklich. Jetzt
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