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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Wolgograd!«
    »Natürlich!« Der Schuster Kalinew winkte mit beiden Händen. »Ich saß draußen in der Sonne und fettete einen Schuh ein, da fuhren sie an mir vorüber. Ich rief ihnen noch zu: Gute Fahrt, Genossen!«
    »Auch Vater Ifan winkte ihnen zu«, sagte Kolzow mit belegter Stimme. »Das ist also klar.«
    »Bei mir kauften sie noch zwei Flaschen Mineralwasser für die Reise«, rief Rebikow, der Magazinverwalter, dazwischen.
    »Sehr gut. Das ist überzeugend.« Kolzow beugte sich über den Tisch. »Nun zu den Dingen selbst. Da ist die Leiche, da sind die Gepäckstücke der Toten, und da ist das Auto. Alles muß verschwinden. Spurlos, Genossen. Und damit wir alle wirklich Brüder sind, übernimmt jeder von uns einen Teil der Dinge.«
    »Du bist ein verdammter Teufel!« sagte Kotzobjew, der Fleischer. »Jetzt haben wir alle eine Schlinge um den Hals.«
    »Der Sozialismus ist die höchste Form der gemeinsamen Arbeit für die Gemeinschaft«, sagte Kolzow und erhob sich in voller Größe. Es ist schon etwas wert, bestimmte Parolen auswendig zu lernen. »Genossen, wir stehen mitten in der Prüfung unseres kollektiven Daseins. Beweisen wir jetzt, daß wir alle Freunde sind.« Und leiser, mit gesenktem Kopf, fügte er hinzu: »Es geht um unser Dorf, Brüder … Könnt ihr euch vorstellen, was aus ihm wird, wenn der Zorn Moskaus darauf fällt?«
    Die vierundzwanzig Genossen konnten sich das vorstellen. Sie sahen sich an, nickten sich zu und waren sich einig.
    Damit war beschlossen, Jelena Antonowna spurlos aus dieser Welt verschwinden zu lassen. Und mit ihr Eberhard Bodmar … er wurde zu einem Menschen, den der Wind in der Weite des russischen Landes verwehte.
    *
    Um das Auto wegzuschaffen, brauchte man den Vorarbeiter der 1. Brigade der Sowchose ›2. Februar‹, den immer freundlichen Nikolai Wassiljewitsch Sadowjew. Da er dem alten Babukin den Säbel zurückgebracht hatte, war er in alle Dinge eingeweiht. Kolzow rief ihn vom Parteihaus an und sagte ohne Einleitung: »Komm mit einem Lastwagen herüber, Brüderchen. Wir brauchen ihn.«
    Sadowjew fragte nicht lange zurück, setzte sich sofort in den größten Transporter der Sowchose und fuhr durch die Nacht nach Perjekopsskaja. Unterdessen spannte Njuscha zwei Pferde an den Leiterwagen ihres Vaters, während drei Männer vorausritten zu einem kleinen Wäldchen in der Steppe, das man ›Die Insel‹ nannte, weil es aus der Weite der Grasfläche wirklich herausragte wie eine Insel aus einem grünen, wogenden Meer.
    Am unglücklichsten war der Sargmacher Tutscharin. Statt eines Auftrages für einen schönen Sarg mit Metallgriffen erhielt er die Koffer und Kleider Jelenas mit dem Befehl, sie in seinem großen Sägespäneofen zu verbrennen.
    »Sieh zu, daß es nicht stinkt!« redete ihm Kolzow zu. »Misch Sägespäne unter die Kleider. Man braucht nicht in Kijetskaja zu riechen, daß wir Kleider verbrennen.«
    Kijetskaja war acht Werst von Perjekopsskaja entfernt, und Tutscharin zog beleidigt mit Jelenas Koffern ab.
    Njuscha kam vom Hof herein. Sie trug ihre Kosakenkleidung, das lange blonde Haar hatte sie hochgesteckt und unter einer alten Kappe verborgen. »Der Wagen ist bereit, Väterchen«, sagte sie.
    »Gut, mein Töchterchen.« Kolzow rannte hinaus vors Haus, begutachtete das Gefährt und sah, daß Njuscha die beste Decke dort ausgebreitet hatte, wo Jelena liegen sollte. Das rührte ihn, er lief ins Haus zurück und wischte sich die Tränen aus den Augen.
    Bodmar und Kalinew, der Schuster, hatten den Körper Jelenas in eine Decke gerollt. Evtimia brachte sogar ein Kissen, um es der Toten unter den Kopf zu schieben, aber Kalinew behauptete, das sei Verschwendung. Tote hätten kein Gefühl mehr für weiche Gänsedaunen. Dann trugen sie Jelena aus dem Haus, und Evtimia streute Blumen über die Tote, so wie es sich gehörte. Sie schoben den Leichnam in den Wagen, Kalinew und Bodmar setzten sich neben ihn, und Kolzow kletterte auf den Bock. Dort saß bereits Njuscha, die Zügel in den Fäusten, so starr wie eine Schönheit aus Stein.
    »Los!« sagte Kolzow mit belegter Stimme. »Beim Morgengrauen muß alles vorüber sein …«
    Es war eine lange, stumme Fahrt durch die nächtliche Steppe. Das Gras knirschte unter den Rädern, die Feldmäuse huschten vor ihnen her, und der Himmel über ihnen, dieser weite, herrliche Himmel Rußlands, war wolkenlos und überhaucht vom silbernen Schein des Mondes.
    Eine besondere Note erhielt der Leichenzug durch Väterchen Ifan. Als der

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