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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gorlowka?« Tumow zog mit einem Ruck die Decke weg. Der nackte Tote lag blutbesudelt im kalten Licht der Scheinwerfer, die der Polizeiinspektor zur Spurensuche aufgebaut hatte. Der Schädel Gorlowkas sah aus wie eine gespaltene Melone. Bodmar schaute schnell hin und wandte sich dann ab. Er hatte keinen Sinn für Leichen. Außerdem betrat in diesem Augenblick ein imposanter Mann das Zimmer. Zwei Meter lang, dürr wie eine Fahnenstange, auf dem kleinen runden Kopf einen Hut. Es war ein dunkelgrüner, durch viele Moskauer Winterstürme und Sommergluten mißhandelter Sepplhut mit einem riesigen Gamsbart. Bodmar wischte sich über die Augen, als habe er eine Halluzination.
    »Aha! Der Doktor! Jetzt werden wir gleich klarer sehen!« Tumow winkte dem dürren Riesen zu und zeigte theatralisch auf den nackten Gorlowka. »Todeszeit. Todesursache. Allgemeiner Eindruck. Sonstige Verletzungen. Alles. Der Tote ist nicht angerührt worden. Ich muß Ihnen sagen, Piotr Iwanowitsch: Hier liegt ein wichtiger Mann! Ein sehr wichtiger!«
    Dr. Lipow vom gerichtsmedizinischen Institut der Universität war nicht sonderlich beeindruckt von dem gespaltenen Gorlowka. Er schob seinen Sepplhut in den Nacken wie ein oberbayerischer Holzknecht, der das Wort Brotzeit durch den Wald röhren hört, rückte einen Scheinwerfer nahe an den Kopf des Toten und beugte sich vor.
    »Todesursache gespaltener Schädel«, sagte er. Er besaß eine tiefe, wie aus einem Keller kommende Stimme, und es war ja auch bei ihm ein weiter Weg bis zum Hals. »Der Genosse war gleich tot. Ich habe noch keinen Menschen gesehen, der solch einen Hieb überlebt hat. Mit zwei Kopfhälften hört im allgemeinen das tägliche Leben auf.«
    Bodmar sog genußvoll an seiner Zigarette. Der Mann hat Humor, dachte er. Niemand würde diese Szene glauben, wenn ich sie später schreiben würde. Sie ist so phantastisch, so sagenhaft, so … so irr, daß man den Atem anhalten sollte, um keinen Schnaufer zu verpassen.
    Dr. Lipow öffnete seinen Handkoffer, entnahm ihm eine Gummischürze und ein Paar Handschuhe, streifte sie über und ließ sich die Schürze auf dem Rücken von der Ustenjka zubinden. Tumow winkte mit beiden Händen. Das Zimmer leerte sich. Die Zimmermädchen, der Subdirektor, zwei Kellner und drei Polizisten verließen den Raum. Sie blieben nebenan im Salon. Durch die angelehnte Tür hörte man ihr halblautes Diskutieren wie einen weit entfernten Litaneigesang büßender Klosterbrüder.
    Was Dr. Lipow untersuchte, sah Bodmar nicht. Er hörte nur Instrumente klappern, zwei Polizisten wurden aufgefordert, den Toten umzudrehen, das breite Bett knarrte, als hüpfte der arme Gorlowka noch fröhlich darin herum … Geräusche, die sich mit dem Geruch geronnenen Blutes vermischten und Bodmar vor Ekel den Gaumen ätzten.
    Tumow sah interessiert zu, ein Geier, der auf sein Aas wartet.
    »Todeszeit etwa vier Uhr morgens«, sagte Dr. Lipow. Er trat in das Blickfeld Bodmars, die Handschuhe voller Blutklümpchen, auf dem winzigen Kopf in zwei Meter Höhe schief den Sepplhut. »Keine anderen Verletzungen, Genosse Major. Nur das offene Schädelchen. Auch gewehrt hat er sich nicht – er wurde im Schlaf erschlagen. Die Tatwaffe kann ein Beil sein, aber ein kleines. Das wäre im Augenblick alles.«
    »Es genügt.« Tumow wandte sich wieder an Bodmar, der sich die zweite Zigarette ansteckte, diesmal mit seinem eigenen Feuerzeug. »Sie lagen um vier Uhr im Bett, Gospodin?«
    »Ohne einen Zeugen – das stimmt.«
    »Genosse Gorlowka kam mit demselben Flugzeug wie Sie von Prag. Er führte wichtige Papiere mit sich … und diese Papiere sind aus den Koffern verschwunden.«
    »Das ist in der Tat peinlich«, sagte Bodmar. Er war jetzt auf der Hut. Die Logik Tumows steuerte auf ein ganz bestimmtes Ziel zu, und Bodmar ahnte, daß er es war.
    »Es sind Papiere, die für Westdeutschland sehr wichtig sind –«
    »Ich nehme an, auch für England, Frankreich, Amerika, Norwegen, Schweden und sogar Liechtenstein.«
    »Sie wohnen neben dem Ermordeten und haben für die fragliche Zeit kein Alibi.«
    »Das werden in diesem Hotel mindestens 600 Gäste nicht haben. Was wollen Sie überhaupt? Durchsuchen Sie doch mein Zimmer, ob Sie diese dämlichen Papiere finden.«
    »Das tun wir bereits.«
    »Ich protestiere!«
    »Wogegen? Sie haben es mir erlaubt.«
    »Aber jetzt erst. Nicht vorher!«
    »Wer wird so feine Unterschiede machen?« Tumow lächelte breit. »Auch die anderen Gäste auf diesem Flur werden verhört. Sie

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