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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dürfen ihre Zimmer ebenfalls nicht verlassen. Aber Sie wohnten Gorlowka am nächsten, und deshalb sind Sie der erste. Sie haben also nichts zu sagen?«
    »Doch!« Bodmar warf seine Zigarette auf den Boden und zertrat sie. Es war ihm jetzt gleichgültig, ob das helle Parkett einen Flecken bekam. »Ich bin Journalist. Ich habe eine Reise vor, die in genau sieben Minuten beginnen soll. Ich habe von Ihrem Innenministerium große Vollmachten erhalten. Es wäre nützlich, wenn Sie das zur Kenntnis nähmen!« Er hielt Tumow das Schreiben aus dem Kreml hin, und der Major las die Bescheinigung mit einem unguten Herzklopfen.
    Boris Grigorjewitsch, das ist ein Tritt in deinen eigenen Hintern, dachte er. Und die Lage wird immer komplizierter. Es ist ganz unmöglich, bei einem solchen Mord nicht einen Verdächtigen zu präsentieren, so etwas gibt es nicht bei General Rowenkinow. Auch wenn die Verdächtigen sich später als halbe Heilige entpuppten … man mußte etwas vorführen! Die alte Weisheit der russischen Polizei galt noch immer: Erst mal verhaften, ein großes Netz über alles werfen … irgendeiner blieb schon in den Maschen hängen.
    Tumow gab das Schreiben zurück und drehte Bodmar den Rücken zu. Am Bett werkelte Dr. Lipow noch immer an der Leiche. Ein Fotograf, den der Polizeiinspektor mitgebracht hatte, fotografierte Gorlowkas Kopf. Die Stimme Lipows war das einzige, was den Raum mit Lärm füllte.
    »Den Kopf von allen Seiten«, sagte er. »Und dann hier …«
    »Das auch?« stotterte der Fotograf. Dr. Lipow hatte mit einer Pinzette das Geschlechtsteil Gorlowkas gefaßt und hielt es hoch.
    »Was stört Sie daran?« brummte Lipow.
    »Solche Fotos sind ungewöhnlich, Genosse.«
    »Aber notwendig. Russian Dementijewitsch hatte sich etwas unter die Hoden geklebt. Sehen Sie her, Genossen! Da sind noch Spuren eines Klebestreifens. Gorlowka hatte noch keine Gelegenheit, das mit Fleckenwasser abzuwaschen. Zum Teufel, so etwas muß im Bild festgehalten werden!«
    Tumow ärgerte sich. Jetzt lief der schöne Fall auseinander wie ein zu dünn gekochter Pudding. Nicht nur Papiere waren gestohlen worden, auch Mikrofilme. Er beugte sich über den Unterleib Boris Dementijewitschs, Dr. Lipow zog die Pinzette etwas höher, und Tumow nickte schwer.
    »Das ist ein böser Tag«, sagte er ahnungsvoll. »Genossen, hier wurde ein Schaden angerichtet, den wir noch gar nicht überblicken können –«
    *
    Der böse Tag des Majors Tumow nahm seinen Fortgang beim Erscheinen Jelena Antonownas. Zuerst ertönte im Salon ein lauter Wortwechsel, dann wurde die Tür zum Schlafzimmer aufgerissen, und Jelena stürzte herein.
    Dr. Lipow ließ seine Pinzette aufklappen, und Tumow riß die Tischdecke wieder über den nackten Gorlowka.
    »Sie, Jelena?« rief Tumow entsetzt. »Was machen Sie denn hier, mein Täubchen? Gehen Sie sofort hinaus … das ist kein Anblick für Ihre Augen! Hier wurde ein Mensch erschlagen –«
    »Und was macht Gospodin Bodmar in diesem Zimmer?«
    »Wir verhören ihn gerade.«
    Jelena Antonowna stampfte mit den Füßen auf, und es waren schöne Füßchen in weißen, modernen Lederschuhen mit roten Schnallen. Ein ganz entzückendes Kleidchen trug sie, kurz bis übers runde Knie, glockig und duftig wie ein Frühlingsmorgen unter Kirschblüten. Auf den Lippen leuchtete ein zartes Rot, und die Augenbrauen waren schmal und geschwungen. Dazu die brennenden Augen und das kurzgeschnittene Haar … ein herzerweiternder Anblick war sie.
    »Gehen Sie ins Nebenzimmer –« sagte sie zu Bodmar, als kommandiere sie ein ganzes Bataillon.
    »Mit Vergnügen. Wenn das KGB es erlaubt –«
    »Entfernen Sie sich!« Tumow wirkte mürrisch, wie gegen das Schienbein getreten und ohne Möglichkeit, den Tritt zurückzugeben.
    Bodmar nickte Jelena zu. Man sah ihm die Freude an, daß sie gekommen war. Gestern hatte er geglaubt, sie nie mehr zu sehen, und das war wie ein schwerer Druck auf seinem Herzen gewesen. So vieles war unausgesprochen geblieben, es gab so viele Probleme und Irrtümer, die zwischen ihnen lagen. Mit Mißverständnissen auseinanderzugehen, ist nicht gut, und so war Bodmar ein wenig traurig gewesen, als er mit dem Fahrstuhl nach oben schwebte und als letztes Bild Jelena in sich aufnahm, wie sie ihm mit geballten Fäusten nachblickte. Ein Bild der Unversöhnlichkeit.
    Und nun war sie doch wiedergekommen. Mit rotgeschminkten Lippen und gezupften Augenbrauen. Mit einem kurzen Kleidchen. Wie eine weiße Flocke im Sonnenlicht.
    »Ich danke

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