Liebe am Don
Kosaken aus! Ist das nicht wert, daß man sie tötet?«
»Vielleicht morgen, Anton Christoforowitsch«, sagte Kalinew und gab das Zeichen zum Abrücken. »Für heute haben wir genug getan –«
In mustergültiger Ordnung, so wie sie einst bei den Paraden ritten, zogen die Kosaken ab. Schwadron hinter Schwadron, bis auf die III. Abteilung, die absaß und ebenfalls ein Lager aufschlug. Zunächst war es nur ein Feuerchen, das man anzündete … aber im Laufe der nächsten zwei Stunden wurden Zelte und Decken aus dem Dorf gebracht, die Frauen kamen mit Leiterwagen und brachten das Essen.
Als die Abteilungen weggeritten waren, blieb nur noch der alte Babukin zurück. Einsam stand er mit seinem alten Pferd auf dem von den Hufen zerwühlten Boden, starrte in die beginnende Nacht und auf das Lager der Wolgograder Soldaten. Dann ritt auch er davon, mit gesenktem Kopf und hängenden Armen, und er brauchte sein Gäulchen nicht zu lenken, es fand den Weg zum Stall allein.
Ein Don Quichotte der Steppe, das war Anton Christoforowitsch.
In der Nacht aber flog ein heller, triumphierender Ton über Perjekopsskaja, die Steppe und den Don. Die Menschen liefen an die Fenster oder hinaus an die Flechtzäune, sogar bis zum Lager der Soldaten klang der Ton und ließ sie aufhorchen.
Am Ufer, auf der kleinen Plattform der Kolzow-Pyramide stand ein Hornist und blies das Signal zum Sammeln. Es war Luschkow, der Sattler, und er blies sich wahrhaftig die Seele aus dem Leib.
Vater Ifan Matwejewitsch stand vor seinem Kirchlein und hatte die Hände unter dem langen Bart gefaltet. Die Tränen rannen ihm durch die Runzeln in den Mund.
Es war ein Sieg, dachte er, während Luschkow so herrlich blies. Ein unblutiger Sieg für dich, Dimitri Grigorjewitsch Kolzow, mein Sohn.
Solange der Don an uns vorbeifließt, wirst du in unserer Mitte leben.
Dann ging er zu Luschkow, der von der Pyramide kletterte, und schenkte ihm ein Heiligenbildchen. Luschkow bedankte sich, betrachtete das Bild des heiligen Polykarp mit düsterer Miene und zerriß es.
Er war der gottloseste Kommunist im Dorf … aber er konnte wunderbar das Horn blasen.
D REISSIGSTES K APITEL
Auf dem Friedhof Nr. II riß die Arbeit nicht ab. Wenn auch die Ärzte immer besser wurden, die Medizin immer fortschrittlicher, die Forschung sich bemühte, Hundertjährige zu rüstigen Hengsten zu päppeln, und einmal, das ist gewiß, die Zeit kommen würde, wo der russische Mensch am längsten von allen Menschen lebt und neunzigjährige junge Väter zum Alltag gehören und Großmütterchen noch kichern wie vor achtzig Jahren … gestorben wird immer, die Krankheiten sind eben stärker und klüger, und von den Unfällen wollen wir gar nicht erst reden.
Im Augenblick war wieder so eine Sterbewelle … sie kommen, diese Todeshaufen, wie ein Schnupfen, keiner weiß das zu erklären, plötzlich haben die Ärzte alle Hände voll zu tun, die Sarggeschäfte werden belagert und die Blumenläden geplündert. Die Leichenhallen der Friedhöfe quellen über, die Totengräber fluchen … wie riesige Krähenschwärme ziehen die Hinterbliebenen über die Wege zu den Gräbern, ihr Schluchzen, Weinen und Jammern liegen wie eine Wolke über dem Friedhof.
»Das werden Tage!« klagte Borja und drehte sich eine Zigarette. Er war gerade von der Verwaltung gekommen, wohin ihn der Inspektor gerufen hatte. Bodmar stand in einem halbausgeschaufelten Grab und lockerte mit der Hacke den Boden. Sein Hemd war durchgeschwitzt, das Gesicht glänzte von Schweiß. »Nicht genug, daß sie in solchen Haufen sterben, als habe sich herumgesprochen, im Paradies sei kein Platz mehr … jetzt verunglücken sie auch noch. Sascha, wirf die Hacke weg … wir müssen an die Wolga. Dort ist vor einer halben Stunde ein Ausflugsboot umgekippt. Neunundvierzig Tote sollen es sein, sagt man. Der Inspektor rauft sich die Haare. ›Wohin mit ihnen?‹ schreit er mich an. ›Man bringt sie alle zu uns. Soll ich einen Sarg auf meinen Schreibtisch stellen?‹. ›Nein‹, sage ich, ›wir bahren sie draußen auf. Vor der Säulenhalle. Schönes Wetter haben wir ja, und wenn es wirklich regnen sollte –, sie spüren's nicht mehr und kriegen keinen Husten. Sind ja sowieso naß, die Genossen, weil sie ersoffen sind. Aber gut sieht es aus, wenn man sie an den Säulen aufbahrt … Lorbeerbäume und Palmen und die vielen Blumen, in Kübel stecken wir sie und in alte Benzintonnen, man kann sie ja mit Papier und Zweigen umwickeln, und eine Militärkapelle
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