Liebe am Don
dicken Kopf von Balwan, dem Hund, umklammert, und schluchzte in das dicke, zottelige Fell hinein.
»Er wird der nächste sein«, flüsterte Rebikow und rang die Hände. »Warum gibt ihm keiner ein Schnäpschen? Er weint sich ja die Seele aus dem Leib.«
Aus der Tür des Hauses zog der Geruch von Weihrauch und brennenden Wachskerzen.
Ein großes Problem wurde in Kollektivarbeit im Parteihaus schnell gelöst: Wie benachrichtigt man Njuscha?
Da niemand wußte, wo sie sich befand, jedoch die meisten vermuteten, sie halte sich noch in Wolgograd versteckt, schlug Kotzobjew vor: »Wir setzen eine Anzeige in die Zeitung.«
»Und haben Rossoskij zum Begräbnis hier«, rief Rebikow.
»Das leuchtet ein«, sagte Lusdikow. »Er wird sich sagen: Wenn das Mütterchen stirbt, wird das Töchterchen kommen. Und dann gibt es hier einen Krieg, Genossen. Ich lasse Njuscha nicht verhaften.«
»Wieso sprichst du nur von dir?« brüllte Kotzobjew. »Wir alle lassen das nicht zu. Die Steppe wird brennen, sage ich! Nahe davor waren wir schon … nur der Rückzug Rossoskijs hat's verhindert.«
»Und ich!« Babukin blickte um sich. »Keiner erwähnt es! Ganz allein bin ich Rossoskij gegenübergetreten! Man sollte so etwas nicht vergessen, Genossen!«
»Was also soll werden?« Kalinew spielte mit seinem Bleistift und klopfte dann auf die Tischplatte. »Njuscha muß es doch wissen. Was bleibt uns anderes übrig als die Zeitung? Aber der Text muß unverfänglich sein, neutral, vielleicht sogar verschlüsselt.«
»Damit ihn auch Njuscha nicht versteht, was?« sagte Rebikow.
»Nicht jeder ist ein Schwachkopf und wird Magazinverwalter«, schrie Klitschuk, der Motorradfahrer. »Ich schlage vor, Genossen, wir formulieren die Anzeige so: ›Am Don haben wir einen großen toten Fisch gefunden.‹«
»Ist so etwas möglich?« Kotzobjew umklammerte mit beiden Händen seinen dicken runden Kopf. »Nicht Njuscha wird kommen, sondern der Konservator des Heimatmuseums. Nein, Freunde, wir setzen in die Zeitung: ›Es starb plötzlich unser gutes Mütterchen. Um sie trauern –‹« er blickte auf Kalinew, den neuen Dorfsowjet. »Wieviel sind wir eigentlich in Perjekopsskaja?«
»Im Dorf vierhundertsechzehn. Mit Kolchose und Sowchose dreitausendneunhundertundvier.«
»Dann schreiben wir: ›Über viertausend Menschen, die sie kannten.‹« Kotzobjew nickte, zufrieden mit sich und seiner Idee. »Das wird sie verstehen.«
»Und Rossoskij auch«, sagte Rebikow, dem die Angst vor neuen Verhören in den Mundwinkeln zitterte.
»Dieses Risiko müssen wir auf uns nehmen.« Kalinew nickte und notierte den Anzeigentext. »So schreiben wir es, Freunde. Es ist eine gute Anzeige. Anton Christoforowitsch?«
Der alte Babukin zuckte hoch. »Genosse?«
»Du fährst nach Logowskij und wartest auf der Bahnstation, ob Njuscha kommt.« Kalinew schob sinnend die Unterlippe vor. »Sie wird verkleidet kommen … möglich ist das. Wirst du sie trotzdem erkennen?«
»Was für eine dumme Frage!« Babukin war tief beleidigt. »Schon als sie ein Säugling war, habe ich ihr meinen kleinen Finger mit Honig in den Mund gesteckt. Ich werde sie erkennen, und wenn sie als Zicklein verkleidet daherhüpft.«
Dem Posthalter Bulganin war es vorbehalten, die Anzeige telegrafisch an die Zeitung nach Wolgograd zu schicken. Eine Abordnung der Partei von Perjekopsskaja erschien bei ihm im Postgebäude und überreichte ihm den Zettel mit dem Text. Bulganin las ihn gewissenhaft durch und legte ihn dann zur Seite. Mit umwölkter Miene beobachteten die Genossen diese Geste.
»So einfach ist das nicht«, sagte Bulganin. »Da entstehen einige Schwierigkeiten.«
»Diese Beamten!« donnerte Kotzobjew. »Wir füttern sie mit unserem Geld, und kommt man zu ihnen und will den kleinsten Wunsch erfüllt haben, dann heißt es gleich: Es gibt Schwierigkeiten.« Er beugte sich über den Schaltertisch und hauchte Bulganin an, als sei dieser eine vereiste Scheibe. »Wo sind sie, ha?« fragte er gefährlich leise. »Wo, Genosse Bulganin, sehen Sie hier Schwierigkeiten? Ein Telegramm ist's, mit einem vernünftigen Text, den der Dorfsowjet einstimmig gebilligt hat. Wieso fliegt das jetzt nicht wie der Wind … hui … nach Wolgograd?«
»Ihr mißversteht mich, Genossen.« Bulganin griff zum Telefon. Außer dem Parteibüro und Rebikow im Magazin verfügte er als Dritter im Dorf über ein Telefon. »Soll ein Absender genannt werden?«
»Nein!« schrie Babukin. »Sind wir Arschlöcher?«
»Dann nimmt
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