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Liebe auf Arabisch

Liebe auf Arabisch

Titel: Liebe auf Arabisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. Leïla
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Frauen aus Casablanca ging, um tabulose, gerissene Heldinnen, die beschlossen hatten, ihre sieben Sachen zu packen, natürlich nur die modischsten, die man in der Zeitschrift
Femmes du Maroc sah. Ich ersann eine wahrhaftige Vorabendserie, in der meiner Cousine Nora die Hauptrolle spielte.
    Bei jedem Treffen erkundigten sie sich nach ihrer neuen Heldin. Ich antwortete wahrheitsgemäß:
    »Nora brauchte Geld für ihr Studium und da sie selbst keines hatte, ließ sie sich aushalten. Derzeit war ihr Mann fürs Finanzielle ein Taxifahrer. Er fuhr sie zur Uni und holte sie wieder ab. Das war das mindeste. Im Gegenzug besuchte er sie jeden Abend, erleichterte sich seines Spermas, und wenn er gute Laune hatte, gab er ihr einen Teil seiner Einnahmen. Außerdem erzählte er ihr von den Risiken seines Berufes, von Kunden, die ohne zu bezahlen wegliefen, die vorschlugen, in Naturalien zu zahlen, die ihn erpressten, indem sie drohten, ihn der Vergewaltigung zu bezichtigen und die beim Umziehen auf dem Rücksitz nichts der Fantasie überließen.«
    »So etwas spielt sich alles in einem Taxi ab?«, rief Soha verwundert.
    »Und niemand unternimmt etwas dagegen? Gibt es keine Wächter der Moral?«, rief Salma.
    Sie dankten mir jede neue Episode mit einem Ring aus Gold oder einem hübschen Tuch. Eine von ihnen ließ das Geschenk jedes Mal unauffällig in meine Handtasche gleiten. Ich bedankte mich schüchtern. Doch ich schämte mich nicht dafür. Ich zog es vor, für eine Erzählung bezahlt zu werden als fürs Beinebreitmachen.
    An einem Freitag wartete ich geduldig darauf, dass meine Freundinnen ihr Gebet beendeten und knabberte in der Zwischenzeit ein paar Kürbiskerne. Immer wieder hatten sie mich aufgefordert, mich ihnen anzuschließen, doch ich deutete an, mich noch nicht bereit für dieses Ritual zu fühlen und lehnte ab. Zwar bildet es die wichtigste
Säule des Islam, doch ich hatte zunehmend das Gefühl, dass viele Gläubige das Gebet weniger aus Überzeugung ausübten als um ihren Mitmenschen zu gefallen. Meinen Freundinnen allerdings hätte ich dies nie vorgeworfen, keine von ihnen, inklusive Joumana, hätte je ihren Glauben und die dazugehörigen Rituale infrage gestellt.
    Sobald sie ihre Gebetsteppiche eingerollt hatten, kündigte ich eine weitere Folge »Nora« an.
    »Sie hatte die Nase voll von ihrem Taxifahrer, der sich als dumm und knauserig entpuppte.«
    »Also?«
    »Also hat sie ihn sich vom Hals geschafft und ihm vorgeschlagen, mit ihrer Mitbewohnerin ins Bett zu gehen. Anfangs sträubte er sich, doch schließlich willigte er ein. Zwar tauschte er eine wohlgeformte Frau gegen eine dürre mit beinahe schwarzer Haut, doch immerhin war sie eine Abwechslung zu seiner Ehefrau, wenigsten das, denn wie heißt es so schön: Wechsle lieber ab und an das Pferd, statt dir den Arsch auf demselben Sattel plattzusitzen.« Nora nahm alle möglichen kleinen Jobs an, um ihr Studium zu finanzieren und arbeitete kurzzeitig sogar bei einer Nachbarschaftshilfe. Doch sie war nicht für die Wohltätigkeit geschaffen. Sie versuchte, unter der Hand mit Alkohol zu handeln. Aber das war gefährlich. Ihr blieb nichts anderes übrig als ein »Abonnement«.
     
    Tatsächlich war ich gerade in Casa, als Nora mir einen Besuch abstattete. Ich entfaltete ein Seidentuch und gab ihr ein kleines Fläschchen Zamzam, das geweihte Wasser, das ihre Mutter Halima so gerne mochte.
    Sie beklagte sich über ihre Situation, über ihr Studium und ihre Mutter, die sie unbedingt unter die Haube bekommen wollte. Über ihre finanzielle Situation jedoch
sagte sie nichts, woraus ich folgerte, dass sie ein Mittel zum Überleben gefunden hatte. Von diesem Mittel hörte ich an dem Tag zum ersten Mal.
    »Ich habe mir ein Abonnement geangelt.«
    »Ein Abonnement?«
    »Mit einem Franzosen.«
    »Wofür genau?«
    »Du solltest mal wieder etwas mehr Zeit in deinem eigenen Land verbringen, meine Liebe. Du weißt ja gar nicht mehr, wie hier seit neuestem der Hase läuft.«
    »Kann sein, mach’s kurz.«
    »Ich gehe vier Mal die Woche zu Alain und nach jedem Besuch klingelt die Kasse.«
    »Gehst du bei ihm putzen?«
    »Nicht doch. Ich schlafe mit ihm für 200 Euro im Monat. Das ist weniger anstrengend als den Putzlappen zu schwingen, nicht wahr?«
    Sie brach in dieses schallende Gelächter aus, das die Leute auf der Straße häufig dazu brachte, die Köpfe zu drehen. Es war ein zerstörerisches Lachen, das alles von ihr verriet. Es war nicht rein, sondern fast heiser, ruckartig,

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