Liebe auf Arabisch
westliche Welt das Hammam für sich entdeckt hat, sich am Ghassoul und an Arganöl erfreut. Aus diesem Grund ziehen meine arabischen Freundinnen die angeblich wissenschaftlichen Errungenschaften der Kosmetikindustrien aus Amerika und Europa vor, die obendrein auch noch den Vorteil haben, teuer und exklusiv zu sein. Statt ein Loblied aufs Henna zu singen, ist es in den Schönheitssalons von Dschidda und Riad die Mode, sich über die neuesten Antifaltencremes auf dem Laufenden zu halten, über die Grundierung, die für eine
Haut wie aus Porzellan sorgt und über den trendigsten Nagellack. Das Land, in dem ursprünglich einmal der Kajal als schönster Schmuck und das Wasser als bestes Parfum galt, hat sich verändert … Ich hätte mich wohl lächerlich gemacht, hätte ich Soha von der Mischung aus Kichererbsen und Zitronensaft, Eiweiß und Raigras erzählt, die sich meine Mutter noch immer ins Gesicht pinselte, von den Vorzügen von Senf und Moschuskraut, um unter den Armen angenehm zu riechen, und dass die Rinde des Nussbaumes angeblich für weißere Zähne sorgte. Das waren die Rezepte der armen Leute.
Dies änderte sich allerdings schlagartig, sobald es um die Intimpflege ging. Was das angeht, spitzen die saudischen Frauen bereitwillig die Ohren und konsultieren ihre Cousinen aus anderen Medinas. Plötzlich zeigten sie großes Interesse an den Rezepten, die ich ihnen aus meinem Land überliefern konnte, beispielsweise, dass ein Tropfen Rosenöl oder Tulpenparfum für eine angenehm duftende Muschi sorgten, dass man sie durch Alaun-Waschungen und Sitzbäder mit Granatapfelschalen straffen konnte oder naturbelassene Butter dabei helfen konnte, dass das Glied des Mannes so leicht hineinflutschte wie ein Brief in den Briefkasten.
Während ich erzählte und die extreme Aufmerksamkeit meiner Freundinnen registrierte, wurde mir klar, dass wir Marokkanerinnen weniger aufgrund unseres Umgangs mit Amuletten als Sahharat, als Magierinnen gelten, als durch unsere Kunst, das Schöne mit dem Genuss zu verbinden, das Gute mit dem Lustvollen, um raffiniert zu lieben. Allein das Herunterbeten der Pflanzennamen, Blumen und Herstellungsweisen, der Gedanke an die uralten Gebräuche des Zermahlens, Zerstoßens und des Abwartens, regte bereits den Appetit der Männer an.
An jenem Tag kam ich noch einmal auf das Thema Liebeserklärungen zu sprechen, indem ich einen Satz meines Kollegen Fouad wiederholte:
»Wir sind eine Kultur des Augenaufschlags, aber auch des Wortes: Wird etwas schön gesagt, manchmal in aller Kürze, dann lieben wir, genießen wir, sterben wir.«
»Sehr richtig«, jubelte Joumana. »Kennt ihr die Geschichte von dem arabischen Dichter, der seine Frau tötete, nur um eine Elegie auf sie schreiben zu können, in der er in den zärtlichsten Worten beschrieb, wie schmerzhaft ihre Trennung sei?«
Soha lachte Tränen.
»Aber wenn ich’s doch sage!«
Einmal ist keinmal, und so vergnügten wir uns an jenem Tag mit Gedichten und traditionellen Redensarten, die wir aus unserer Schulzeit kannten oder ganz einfach, weil wir arabische Frauen sind. Wie sagte einer meiner Professoren so schön: Ein Volk, das das einzigartige Wunder seiner Religion in einem einzigen Buch festgehalten hat, muss ein Volk der Dichter sein!
Meine Cousine, die Studentin: Folge 1
Um Soha zu trösten und meine Freundinnen zu unterhalten, erzählte ich Geschichten von meiner Familie, von meinen Tanten, denen größeres Glück widerfahren war als meiner Mutter und die noch in der Medina von Fès lebten; von Großmutter Hinna, die am liebsten Heiligenstätten besuchte und androhte, niemals zu sterben, und natürlich von meinen marokkanischen Nachbarinnen, diesen leibhaftigen Megären.
Sie bekamen nie genug davon und folgten mir in Gedanken an die Schauplätze, und so erzählte ich immer weiter, von den freiwilligen Helfern aus unserem Viertel, die sich der Waisenkinder annahmen, von wahrhaftigen Arbeitstieren, von Singlefrauen, die alles daransetzten, es auch zu bleiben und Ehefrauen, die ihre Männer dafür bezahlten, mit ihnen zu schlafen. Ich beschrieb fest entschlossene Frauen, die sich um jeden Preis aus ihrer miserablen Lage befreien wollten, die sich abrackerten, um gute Chefinnen, gute Mütter und wunderbare Hausfrauen zu sein, die genauso viel verdienten wie ihr Mann, aber im Bett gehorchten und auch sonst im Haushalt nichts zu sagen hatten.
Am allerliebsten hörten meine Freundinnen aus Dschidda Geschichten, in denen es um schicke
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