Liebe auf Arabisch
vergangener Zeit.
Soussou betrat das Haus somit durch den Fraueneingang und blieb stundenlang in ihrer Gesellschaft. Er hatte ägyptische Wurzeln, war ein »Sohn der Pharaonen«, wie er immer wieder unter Kaugummikauen betonte, und was das Schneiden und Pflegen von Haaren betraf, konnte es niemand mit ihm aufnehmen. Und tatsächlich jonglierte Soussou Schere, Lockenstab und Bürste mit unübertrefflicher Geschwindigkeit, so dass unsere Haarsträhnen in einer Art Ballett durch die Luft tanzten, bis sie schließlich in göttlichen Locken auf unsere Schultern fielen.
Ich leistete ihnen also bei ihrem gemeinsamen Friseurtermin Gesellschaft, wehrte mich nicht gegen Lockenwickler und Trockenhaube, während meine aufgekratzten Freundinnen ihren Haarkünstler, offenbar in gewohnter Manier, traktierten.
»Sag mal, Sou, wie machen es die Männer mit dir?«
»Genau wie mit dir, meine Liebe.«
»Lügner. Du weißt nur zu gut, dass wir etwas haben, was du nicht hast.«
»Ich habe auch ein Loch, oder?«
»Aber nicht das zweite.«
»Nun, meins ist sehr beliebt bei euren Männern«, kokettierte er.
Soussou protestierte, er könne nicht gleichzeitig arbeiten und uns über Sexualität aufklären. Die Frauen brachen in schallendes Gelächter aus und wurden sofort rückfällig.
Kam er wirklich dabei? Und wie? Fasste er sein Ding an, während ein anderer in ihm war? Und spritzte er ab?
Soussou erteilte ihnen eine Abfuhr, nannte sie verrückt und sexbesessen. Er deutete an, sich wie eine ängstliche Hindin in eine Ecke des Salons zu verziehen und fing an, seine Haare, Schultern und Oberkörper zu streicheln, als wolle er in jedem Augenblick drauflosmasturbieren.
Keine von Soussous Anwandlungen schien die Frauen zu stören, die ihn wie eine von ihnen behandelten, wenn auch selbstverständlich von niedrigerem Stand. Als jedoch die obligatorische Make-up-Session anstand, erzählte der zierliche junge Mann, während er Farahs Alabasterteint puderte, in einem Ton, aus dem beinah eine Art Eifersucht sprach:
»Schätzchen, wenn ihr wüsstet, wer alles mit mir schläft, würdet ihr augenblicklich tot umfallen.«
»Sag es uns! Bitte, Sou!«, bettelte Farah.
»Nie im Leben, willst du, dass sie mich köpfen? Es reicht, wenn sich eine von euch verplappert. (Und um sie noch mehr zu provozieren.) Und ich rede hier nicht von irgendwem. Geschäftsmänner, Minister, sogar Imams.«
»Blasphemie!«, rief Salma.
»Bei Allah! Das ist die reine Wahrheit!«
»Ich wette, dass unter deinen Kunden keiner unserer Männer ist«, sagte Farah in fragendem Ton.
»Sei dir da nicht so sicher«, sagte Soussou mit abgewandtem Blick.
Dann erhob er sich und wandte sich affektiert an die Herrin des Hauses.
»Hättest du vielleicht ein wenig Karamell für mich, mein Herz, ich will mir die Arme epilieren.«
»Das wirst du ganz bestimmt nicht hier machen!«
»Doch, doch«, jubelte Farah. »Zeig uns, wie Männer leiden können.«
Trotz der fürchterlichen Schmerzen, die er sich durch das Ausreißen der Haare mit dem karamellisierten Zucker zufügte, schien Soussou glücklich zu sein. Er tobte herum wie ein Kind und seine Augen lachten, als es in seinen Achselhöhlen anfing zu bluten.
Diese männliche Zerbrechlichkeit unter den Augen der Frauen, die die Situation beherrschten, diese deftige Sprache aus den Mündern von Ehefrauen, die rund um die Uhr würdevoll und weise sein sollten, dieses Schönheitsritual, das nur dazu diente, sie für Männer vorzubereiten, die laut Soussou angeblich schwul waren; wenn ich heute daran zurückdenke, bezweifelte ich an jenem Tag, dass Gott tatsächlich in Arabien zu Hause war.
In derselben Woche nutzte ich meinen Genesungsurlaub, um mit den Mädels in die Mall zu gehen. Bevor wir aufbrachen, halfen sie mir, das Kopftuch an der Stirn zu befestigen und die Abaja richtig herum anzuziehen, knielang, um sie nicht über den Boden zu schleifen, und wehe der, die es wagte, auch nur einen Millimeter ihrer Unterwäsche zu zeigen! Ich konnte noch nicht einmal dagegen protestieren, meine Freundinnen wussten, dass dieses Ninja-Outfit langsam, aber sicher auch in Marokko in Mode kam. Vielleicht würde mir dieser Nachhilfeunterricht eines Tages nützlich sein, wenn unsere Islamisten die Scharia einführten. Ich lernte, auf eine bestimmte
Art zu gehen, nicht zu schnell – als Frau rennt man nicht durch die Straßen – aber auch nicht zu langsam, nicht zu männlich, nicht zu aufreizend, die Kunst des Daseins, ohne da zu sein,
Weitere Kostenlose Bücher