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Liebe auf Dauer

Titel: Liebe auf Dauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jellouschek
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brauchst du keinen Babysitter bestellen. Ich bin dann verlässlich um 18.00 zuhause und übernehme die Kinder!« Oder: »Ich muss geschäftlich nach XY. Ich lade dich ein mitzukommen. Wir hängen noch zwei Tage an und machen uns da eine schöne Zeit!« Solche kleinen Aufmerksamkeiten stellen häufig, wenn auch keinen»quantitativen«, so doch einen psychologischen Ausgleich her, weil sie zeigen, dass der Partner die Situation wahrnimmt, für den anderen Einfühlung hat und in den Grenzen seiner Möglichkeiten auch etwas Konkretes in Richtung Ausgleich tut. Meine Erfahrung ist, dass zwar die strukturellen Gegebenheiten unserer Gesellschaft Ungerechtigkeiten im Geschlechterverhältnis immer wieder Vorschub leisten, dass aber die Berufung auf solche »Zwänge« oder auf die Unangemessenheit von Ausgleichsforderungen in Liebesdingen meist eine Ausrede ist: In der konkreten Situation lässt sich immer noch mehr für einen gerechten Ausgleich tun, als vorgegeben wird, und das braucht eine Liebe auch, um nicht überfordert zu werden.

    Dem Ausbalancieren der dargelegten Polaritäten stehen häufig die traditionellen Rollenbilder und die gesellschaftlichen Erwartungen entgegen. Es trotzdem schaffen zu wollen scheint nur mit großen Anstrengungen möglich zu sein. Wo bleiben da noch Freude und Genuss in der Beziehung? Gerät uns jetzt auch noch die Liebesbeziehung zu harter Arbeit?
    In diesem Einwand werden wieder einmal Liebe und Verliebtheit verwechselt. Verliebtheit überfällt uns, und in diesem Zustand fällt vieles leicht und geht selbstverständlich. Da sind wir plötzlich mutig, konsequent, grenzen uns ab, setzen uns für den anderen ein, schaffen Zeit für das Zusammensein – und erleben es gar nicht als »harte Arbeit«. Es geht wie von selber. Diese Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit fällt in einer Dauerbeziehung allmählich weg. Es geht aber immer noch um dasselbe: Dass wir der Liebesbeziehung eine ähnlich hohe Priorität einräumen. Nur kostet das jetzt Aufmerksamkeit und auch Anstrengung. Ohne das geht es nicht, weil eben – wie gesagt – Kräfte in uns und um uns dagegenstehen. Beziehungen müssen gestaltet werden, damit die Liebe lebendig bleibt, und Gestaltung istnicht ohne Einsatz möglich. Zu meinen, das müsste alles von selber gehen, ist unrealistisch – und bürdet dem anderen Partner die ganze Last auf.
    Außerdem: Das Problem der Imbalance äußert sich konkret meist nicht so umfassend, wie es die vorausgehende Darstellung vielleicht nahelegt. Meist ist die störende Unausgewogenheit lediglich innerhalb einer Polarität zu finden, und auch hier sind es ganz bestimmte Verhaltensweisen oder Unterlassungen, an denen sie greifbar werden und einen der Partner stören. Darauf gilt es dann, die Aufmerksamkeit zu richten und mit Veränderungen anzusetzen.
Hinweise
Zu empfehlen ist, dass Paare von Zeit zu Zeit eine »Fairness-Bilanz« miteinander machen, vielleicht mit Hilfe der oben besprochenen drei Polaritäten, indem sie sie miteinander durchgehen: Wie steht es hier mit unserer Balance? Kommt einer von uns beiden schlechter weg, und worin kommt er schlechter weg? Haben sich Schieflagen eingeschlichen, so wie bei einer Wippe, die nicht mehr auf und ab wippt, sondern in Schräglage zum Stillstand gekommen ist? Was wäre zu tun, um die Wippe wieder in Bewegung zu bekommen und Ausgleich zu erreichen? Welche Zeitperspektiven gibt es, wann ist der andere wieder »dran«, seine Bedürfnisse erfüllt zu bekommen? Welche Kompensationsmöglichkeiten könnten gegeben werden, wenn Einseitigkeiten im Moment unvermeidlich sind? – Solche Bilanzgespräche könnten verhindern, dass die Beziehung unbemerkt so aus der Balance gerät, dass sie in Gefahr kommt. Auf der bewussten Ebene »merken« das unter Umständen beide nicht. Aber im Untergrund breitet sich bei einem von beiden eine immer umfassendere Unzufriedenheit aus, die eines Tages abrupt und zerstörerisch ins Bewusstsein dringt. (Sehrnützliche konkrete Fragen zu solchen Bilanzgesprächen für das Paar, für Frau und Mann, finden sich bei Welter- Enderlein 1996, S. 133 f.)
Manchmal wird zwischen den Partnern eine eklatante Schieflage erst zum Thema, wenn schon Jahre des Zusammenlebens vergangen sind – und zwar durch eine akute Krise. Dorothee hat sich heftig in einen anderen Mann verliebt. Albin bringt das völlig durcheinander. In der Paartherapie wird deutlich, dass er in der Beziehung immer der flotte Junge war, während sie immer mehr zur »Mutter

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