Liebe auf Dauer
der Kompanie« wurde, die sich um alles kümmerte. Albin geht in sich, will einen Neuanfang machen. Kann Dorothee sich darauf einlassen? Albins guter Wille steht für sie außer Frage. Aber was macht sie mit der jahrelangen Schieflage? Er sieht diese jetzt auch. Aber reicht das für einen Neuanfang?
In solchen und ähnlichen Fällen kann man auf das zurückgreifen, was wir beim Thema Verletzungen gesagt haben: Mit Hilfe eines Ausgleichs-Rituals könnte ein Neuanfang versucht werden. Dorothee darf sagen, was sie jetzt von Albin als Ausgleich für die vergangenen Jahre von ihm braucht: Dass er etwas für sie tut, was ihr hilft zu glauben, dass er es wirklich ernst meint. Wenn Albin das aufgreift und den Wunsch erfüllt, wird er damit natürlich nicht die Vergangenheit ungeschehen machen können, aber es wird doch ein symbolischer Ausgleich dafür sein, und es wird Dorothee helfen, einen Strich darunter zu machen. Es wird für sie gleichsam das Unterpfand sein, an dem sie spürt: Ja, es gibt wirklich ei- nen Neuanfang. Natürlich wird das nur dann einer sein, wenn Albin daraufhin auch sein konkretes Alltagsverhalten wirklich ändert. Aber damit überhaupt eine Hinwendung zu einer neuen Zukunft möglich wird, kann ein solch symbolischer »Ausgleich« eine große Hilfe sein.
Für Paare, denen eine derartige jahrelange Schieflage bewusst geworden ist und die einen ähnlichen Neuanfang mit besser ausbalanciertem Gleichgewicht machen möchten, ist es freilich nicht ganz leicht, aus eigenen Kräften einen derartigen »rituellen« symbolischen Ausgleich zu schaffen. In solchen Fällen empfehle ich, eine Paarberatung aufzusuchen. Es ist nämlich sehr wichtig, dass das, was hier geschieht, für beide Partner wirklich »stimmt« und innerlich nachvollzogen werden kann. Außerdem muss ja dem Ritual vorausgehen, dass eine gemeinsame Sichtweise des Vergangenen erreicht und eine gemeinsame Perspektive für die Zukunft erarbeitet worden sind. Dies kann die Kräfte des Paares allein leicht überfordern.
8 Machen Sie Ihre Probleme zu gemeinsamen Problemen
Die Kunst, miteinander gut zu kooperieren
Ein gutes Team?
Es ist ein großer Unterschied, einander zu lieben und miteinander zu leben. Wenn wir uns ineinander verlieben, erfassen wir intuitiv Wesenszüge am anderen, die zu uns passen, und spüren vom anderen eine Resonanz auf Wesenszüge von uns, eine Resonanz, die uns tief berührt. Wenn wir uns dann entschließen, zusammenzuleben, ist das eine gute Grundlage, aber in vielen Dingen kommt es dann auf etwas anderes an: nicht auf den »Wesens-Gleichklang«, sondern auf konkrete Alltagsbewältigung . Dazu müssen wir aber kein Liebespaar sein, sondern ein gutes Team. Auch hier ist es ähnlich wie beim Thema »Ausgleich«: Zwei, die gut kooperieren, müssen noch lange keine Liebenden sein. Aber wenn zwei Liebende, die sich zum Zusammenleben entschlossen haben, kein gutes Team sind, wird ihre Liebe harten Belastungsproben ausgesetzt. An der mühseligen und immer wieder scheiternden Lebensbewältigung kann sich die tiefste Liebe im Laufe der Zeit verbrauchen.
In diesem Kapitel will ich zwar nur einen, aber wichtigen, vielleicht grundlegenden Aspekt der Frage, wie Liebende auch ein gutes Team werden können, behandeln: dadurch, dass sie die Probleme des Einzelnen zu ihren gemeinsamen Problemen machen.
»Das ist dein Problem!«
Wenn aus zweien ein Paar wird, hören sie natürlich nicht auf, zwei Individuen zu sein. Das heißt aber unter anderem, dass jeder die Verantwortung für sich und seine Angelegenheiten behält. Er kann und darf sie nicht einfach auf den anderen abschieben. Die Frau kann vom Mann nicht erwarten, dass er sich an ihrer Stelle mit ihren Eltern auseinandersetzt. Der Mann kann nicht erwarten, dass die Frau für ihn sein Alkoholproblem löst. Auch wenn einer von beiden immer schon sexuelle Probleme hatte, kann er nicht davon ausgehen, dass sie der andere einfach zum Verschwinden bringen wird. Jeder ist für sein Problem in diesem Sinn selber verantwortlich.
Dennoch halte ich den häufig zu hörenden Ausspruch »Das ist dein Problem!« für einen der destruktivsten in einer Paarbeziehung. Wenn er sagt: »Das mit deinen Eltern ist wirklich dein Problem. Du bist einfach zu wenig tolerant!« – was geschieht dann? Es ist zwar richtig, dass sie sich um das Problem mit ihren Eltern selber kümmern muss. Der Satz enthält aber noch mindestens zwei andere Botschaften: Erstens wertet er sie ab, weil er das Defizit allein auf
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