Liebe auf Dauer
Illusionäre hinein, aber wir fassen das ins Auge, was noch nicht ist, wohl aber werden möchte … Für die Praxis kann es hilfreich sein, wenn jeder Partner sich zunächst einzeln mit dem Entwerfen solcher Bilder bei sich selbst beschäftigt, bevor er sie dann mit dem anderen austauscht. Dabei ergeben sich Unterschiede und Gemeinsamkeiten, und so können sich dann – durchaus mit unterschiedlichen Akzenten – gemeinsame Bilder herauskristallisieren, Leit-Bilder,Real-Utopien, die uns als Paar dann Perspektiven und Zukunft eröffnen.
Welche Wirkung haben diese Zukunftsbilder? Meiner Erfahrung nach vor allem drei:
Ob sie einmal real werden oder nicht, sie lassen uns über die derzeitige Situation hinausblicken. Die Erfahrung einer solchen Perspektive ist imstande, unsere Gefühle ins Positive zu wenden . Solche Bilder sind ein Antidepressivum ersten Ranges. Sie schaffen Luft, hellen unsere Stimmung auf, und oft machen sie uns wieder zuversichtlich, wenn wir gerade daran waren, mutlos zu werden.
Die zweite Wirkung: Sie geben uns das Gefühl, nicht ausgeliefert, sondern selber die Regisseure unseres Lebens zu sein. Natürlich sind wir das nicht in einem aboluten Sinn. Vieles kann dazwischenkommen, es können Dinge passieren, die uns einen dicken Strich durch die Rechnung machen. Dennoch: Wer sich angewöhnt hat, immer wieder Zukunftsbilder zu entwerfen, aktiviert seine Kräfte, die ihm das Gefühl geben und die Erfahrung vermitteln, dass es möglich ist, zu handeln, mitzugestalten und nicht einfach ausgeliefert zu sein.
Schließlich: Wenn die Bilder, die wir entwerfen, »stimmen«, das heißt, wenn sie wirklich uns in der Tiefe entsprechen, dann entwickeln solche Bilder gleichsam »aus sich heraus« eine Tendenz zu ihrer Verwirklichung . Natürlich nicht ohne unser Zutun, aber sie ziehen unsere Aufmerksamkeit auf sich, sie schaffen Motivation zum Handeln, und sie locken aus uns die entsprechende Handlungsenergie heraus, ohne dass wir es häufig so bewusst bemerken.
Wenn wir uns als Paar an solchen Bildern erfreuen und uns für sie begeistern können, wenn wir dadurch motiviert werden zum Handeln und wenn wir das eine oder andere danntatsächlich auch verwirklichen, so schafft das wieder einen der bereits erwähnten wichtigen Impulse für die Partnerliebe: gemeinsame Erfolgserlebnisse . Gemeinsame Erfolgserlebnisse vermitteln die gemeinsame Erfahrung, miteinander etwas zustande gebracht zu haben. Das schafft Achtung voreinander, Stolz auf sich und den anderen, Dankbarkeit, vom anderen so unterstützt worden zu sein: alles Elemente, die die Liebe zueinander bereichern und stärken.
Natürlich kann viel dazwischenkommen, natürlich können wir mit unseren Visionen scheitern. Aber wenn wir uns angewöhnt haben, immer wieder solche Zukunftsperspektiven zu entwerfen, lassen wir uns durch Rückschläge weniger leicht entmutigen. Und zweitens: Die Wahrscheinlichkeit, dass es solche nicht mehr so häufig gibt und dass wir öfter zu dem kommen, was uns wirklich guttut, wird aus den erwähnten Gründen größer, wenn wir uns immer wieder möglichst konkret und anschaulich vor Augen stellen, was wir eigentlich erreichen möchten.
Junge Paare
Konkrete Zukunftsvisionen zu entwerfen scheint mir vor allem für junge Paare vor der Familienphase von großer Bedeutung zu sein. Wenn sich zwei junge Menschen zum gemeinsamen Leben zusammentun, weil sie sich lieben, sind beide meist berufstätig und wollen dies, auch wenn sie an Kinder denken, in der Regel bleiben. Durch die konkreten Umstände kann es allerdings sehr leicht geschehen, dass sie in eine Situation geraten, in der nur das eine oder das andere realisierbar wird: Sie können zwar beide berufstätig bleiben, aber auf keinen Fall ist an ein Kind zu denken – weil ihre Arbeitsplätze zu weit voneinander entfernt sind, weil an eine Stellenreduzierung nicht zu denken ist, weil der Arbeitgeber sauer wäre, wenn sie jetzt gleich schwangerwürde … Das ist aber ganz und gar nicht das, was sie »eigentlich« gewollt haben. Oder: Sie bekommen ein Kind, aber das bedeutet dann, dass sie zuhause bleiben muss – weil es keine geeignete Kinderbetreuung gibt, weil man ihren Job angeblich nicht in Teilzeit ausüben kann, weil der Mann gerade so viel arbeiten »muss«, dass an eine andere Lösung gar nicht zu denken ist … Die beiden sind in einen Sog geraten, in dem er immer mehr zum ausschließlichen »Arbeitsmann« und sie immer ausschließlicher zur »Familienfrau« wird – und
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