Liebe auf den ersten Klick
aber jetzt muss ich erst mal Feuerwehr spielen und sie da rausboxen. Aber wie soll ich das anstellen, ohne sie vollends zu blamieren? Unter dem Tisch kralle ich mir die Nägel in die Handflächen.
»›Ich finde es furchtbar. Was für eine Farbe soll das bitte schön sein?‹«, flötet Christie weiter.
Schnuti bohrt ihren perfekt manikürten Finger in die Wange, ehe sie ihn wie einen Pistolenlauf auf Christie richtet. »Schluss jetzt. Wieso haben Sie die Kundenmeinungen eigentlich nicht gleich in der Planungsphase abgefragt, bevor wir fünftausend dieser Sets produziert haben? Das ist ja nicht zu fassen!« Sie pflückt eine der Duschhauben mit spitzen Fingern vom Tisch, als wäre es eine schmutzige Unterhose, und wirft sie in Christies Richtung.
»Verraten Sie mir eins, Christine. Würden Sie so was kaufen?«
Christie lacht. »In tausend Jahren nicht.«
»Wessen Idee war das dann, verdammt noch mal, und wer hat sie abgesegnet?«, blafft Schnuti.
Einen Moment lang herrscht Schweigen im Raum – so wie in der magischen Sekunde, bevor eine sündteure schwankende Kristallvase vollends kippt und auf dem Boden zerschellt. Christie sieht zu mir herüber. In ihren großen Augen glitzern Tränen.
Ich stehe auf und werfe mich in den Ring. »Darf ich vielleicht kurz die Strategie dahinter erklären? Das Duschhauben-Massagehandschuh-Set war Teil unse rer Produktpalette ›Badende Venus‹, die wir im Design der großen Hollywood-Leinwandgöttinnen der Fünfzigerjahre angeboten haben. Die drei anderen Produkte, das Pediküreset, der Badeschaum und die Bodylotion, Handseife und Handcreme liefen ausgesprochen gut. Die Kundenmeinungen während der Planungsphase waren insgesamt sehr positiv, aber ein Handtuchturban und ein Badeschwamm in einer frischen Farbe wären möglicherweise besser gewesen. Die Idee stammt von mir, und … na ja, Sie haben sie abgesegnet.«
Das Meeting zieht sich bis zur Mittagspause hin. Ich gebe mir alle Mühe, mich vor Christie zu stellen, aber offen gestanden wäre jeder Müllkutscher überzeugender gewesen. Am Ende haben wir folgende Lektionen gelernt:
1. Gewährleisten, dass sämtliche Produkte einer Palette gleichermaßen erfolgreich sind.
2. Der Kunde muss das Gefühl haben, ein qualitativ hochwertiges Produkt zu kaufen.
3. Christie kann ihren Job vergessen.
Schweigend sammeln wir unsere Ladenhüter ein. Ich rieche Christies Unbehagen förmlich. Ich nicke Oberschnute ein letztes Mal zu, dann machen wir uns auf den Weg zur Tür.
»Könnte ich Sie kurz sprechen, Vivienne?«
»Natürlich.« Christie bleibt in der Tür stehen.
»Raus mit Ihnen, Christine.« Schnuti hebt ihren mit Accessoires behängten Arm und scheucht sie mit einer unwilligen Geste hinaus. Die Tür fällt hinter ihr ins Schloss, während wir uns wieder setzen.
»Ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden, Vivienne. Ich wurde angewiesen, Einsparungen vorzunehmen. Das bedeutet, dass wir auf einige Kollegen in der Abteilung verzichten müssen. Natürlich sehe ich mir jeden Einzelnen im Team genau an …« Sie starrt mich an. »… aber offen gestanden halte ich Ihre Christine für unfähig.«
»Christie.«
»Wie?«
»Ihr Name … Sie heißt Christie, nicht Christine.«
»Von mir aus. Trotzdem werden wir uns von ihr trennen.«
»Aha. Aber können Sie das denn? Einfach so, meine ich?«
»Ja, das kann ich.« Ein trauriges Lächeln trübt ihre Züge, als beschere ihr die Last dieser Verantwortung Höllenqualen, dann sammelt sie ihre Unterlagen ein und erhebt sich in einer Parfumwolke, die mir den Atem raubt.
»Und wenn ich sie intensiver schule? Wahrscheinlich fehlt ihr einfach nur die Erfahrung. Womöglich habe ich ihr nicht genug Verantwortung übertragen.«
»Es ist wirklich süß von Ihnen, wie Sie versuchen, sie zu verteidigen, Vivienne, aber ganz ehrlich: Wenn Sie den Sprung ins gehobene Management schaffen wollen, müssen Sie sich an solche Dinge gewöhnen.«
»Sie haben recht. Aber ich fühle mich verantwortlich. Das war ihr erste Präsentation. Und wäre es nicht günstiger, Christie zu behalten, als jemand Neues einzustellen, der erst wieder eingearbeitet werden muss?«
Sie lacht auf. »Christies Stelle wird nicht neu besetzt.«
»Oh … aber … ich finde das nicht fair.« Hektisch knete ich meine Hände und spüre, wie meine Ohren zu glühen beginnen.
»Okay, dann geben Sie Ihre eine mündliche Abmahnung. Sie kriegt noch eine Chance, an sich zu arbeiten. Mehr nicht. Noch so eine Nummer, und sie
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